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Schwarz, Wolfgang
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Band 29): Siedlung, Grab und Heiligtum von Wiesens, Stadt Aurich: ein prähistorischer Lebensraum vom mittleren Neolithikum bis zum Ende der frühen Eisenzeit — Rahden/​Westf.: Verlag Marie Leidorf, 2002

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.68702#0165
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Seite. Daraus wurde ein Hammer gefertigt (1397.31),
dessen Schlagnarbenfeld sich hauptsächlich an
einem Ende befindet.
Schaberartige Trümmer
Manche Trümmer weisen konvexe, selten gerade
Schaberkanten auf, die teils gut retuschiert, teils
schartig und ausgesplittert sind: 329.05, 486.02,
1037.05, 1041.11, 1044.07, 1341.12, 1397.35.1,
1397.35.2. Zumeist ist eine Verwendung als Scha-
ber möglich.
Meißelartige Trümmer
Trümmer mit transversalen, ausgesplitterten Kan-
ten scheinen ebenfalls als Einsätze für meißel-
oder beitelartige Geräte benutzt worden zu sein:
1397.34.1, 1397.34.2, 1398.09. Sie unterscheiden
sich von den meißelartigen Kernen und Abschlä-
gen nur dadurch, dass sie aus einer anderen
Grundform bzw. Artefaktart hergestellt wurden.
6.2.3 Artefakte aus Felsgestein
Neben einem unbestimmten Stein (782.01) und
einem verschollenen (225.02), der vermutlich als
natürliche Bildung verworfen wurde, fanden sich
hauptsächlich granitartige Felsgesteine und quar-
zitische Sandsteine bzw. Quarzite. Eine genauere
Ansprache erfolgte nicht. Ebenfalls unbestimmt
blieben zwei Reibsteine (1211.09,1262.42), die aus
einem porösen Gestein bestehen, aber als Streu-
funde geborgen wurden. Auch die beiden Bruch-
stücke von Basaltlava (344.09, 1398.19) kamen
ohne Befund zu Tage, sodass sie der mittelalter-
lichen und neuzeitlichen Feldbewirtschaftung zu-
geschrieben werden müssen.
Die quarzit- und granitartigen Felsgesteine kom-
men bruchstückhaft in großer Zahl sowohl in
gebranntem wie ungebranntem Zustand vor, wie
es der Katalog ausweist. Daraus darf geschlossen
werden, dass es sich bei diesen Gesteinen um einen
bedeutenden, einheimischen Rohstoff handelte,
der gesucht war und vielseitige Verwendung fand.
Hauptsächlich wurden daraus Reib- und Hammer-
steine hergestellt, wie Schliffflächen und Schlag-
narbenfelder zeigen. Nur eine einzige Reibplatte
(1492.01), vermutlich der Läufer einer Reibmüh-
le, ist als Streufund erhalten geblieben. Der Rand
des Läufers zeigt teils, wie auf der gewölbten Ober-
seite, die natürliche, verwitterte Außenhaut des
Gerölls und teils die Zurichtung durch Behauung.
Die stark zerkleinerten Reste der Reib- und Ham-
mersteine lassen keine Bevorzugung von Gesteins-
arten für eine spezifische Funktion erkennen. Zu

den Resten von Reib- oder Mahlplatten gehören
322.142, 482.05, 483.03 (alle ohne Abb.) sowie zu
ehemaligen Hammersteinen aus quarzitischem
Sandstein 322.93, 340.01 (ohne Abb.), 322.11,
322.31, 1112.01, 1392.01 und aus Granit 429.21,
1038.10 (beide ohne Abb.). Diese Geräte wurden
wahrscheinlich an Ort und Stelle aus beschafftem
Rohmaterial gefertigt, wobei die Abschläge zei-
gen, dass Quarzit auch für Werkzeuge zugerichtet
und behauen wurde. Granit trat zumeist in einem
durch Hitze zermürbtem Zustand auf, sodass die-
ses Gestein wahrscheinlich in Faust große Stücke
gehauen als Kochstein diente.
In der Grabgrube der Einzelgrabkultur fand sich
eine Hammeraxt aus grünlichem, granitartigem
Gestein 1011.71. Sie entspricht dem Typ C4 der
Jütischen Streitäxte (Struve 1955, 16), wobei der
Axtkörper sich in der Seitenansicht nach beiden
Seiten hin etwas verjüngt. Der Nacken ist wie ein
Kegelstumpf, die Oberseite des Schneidenteils ist
konvex mit schmaler Schlifffacette und die Unter-
seite schwach konkav mit angedeuteter Schlifffa-
cette geformt. An der Schneide befinden sich
wenige nachträgliche Absplitterungen, eine ande-
re entstand vor dem Schliff beim Schaftloch auf
der Unterseite. Am oberen und unteren Schaft-
lochrand befinden sich abgestoßene Stellen sowie
am Nacken Schlagnarben und eine Absplitterung
zur Oberseite hin, die erst nach dem Schliff ent-
stand. Eigentümlich sind die kreisförmigen Wan-
gen auf den Seitenbahnen zur Schaftlochverstär-
kung. Dieses Zierelement erinnert an ähnliche
Ornamente der Trichterbecherkultur auf Knauf-
hammeräxten und insbesondere auf einem unty-
pischen Exemplar aus Grab a, Ekelberg, gern.
Zuidwolde (Bakker 1979,99, Fig. B16). Auch den
viel jüngeren nackengebogenen Äxten ist dieses
Ornament keineswegs fremd und zeigt sich auf
den Varianten 1 und 4 sowie auf den Rhombischen
Äxten (Tackenberg 1974, Taf. 5, 9 und 11).
6.2.4 Datierung der Steingeräte
Da die Ausgrabung in Wiesens keine geschichte-
te Ablagerung und kaum Überschneidungen von
Gruben aufweist, kann eine relative Datierung der
Artefakte nicht aus einer Stratigraphie geschöpft
werden. Zudem fehlen gut datierte Formtypen,
deren Datierung sich auf die Begleitfunde übertra-
gen ließe. Daher wird der Weg beschritten, die
Steinartefakte relativen Zeithorizonten zuzuord-
nen, indem Fundgemeinschaften definiert wer-
den. Dabei wird unterstellt, dass verfüllte Gruben
ein Fundensemble beinhalten, das zu einem be-

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