Einem indirekten Nachweis für die Verbreitung
von Hangschlössern mit Rahmenbildung in
Steckverbindung bilden zwei in Art von Pilger-
zeichen gegossene und zu tragende Schloßdar-
stellungen aus Blei-Zinnlegierungen mit Ausma-
ßen von 16 x 16 mm und 22 x 26 mm. Die verzier-
ten Funde aus Nieuwlande(f) und Kampen,
Niederlande, datieren beide in die Zeit von 1375-
1425, lassen aber aufgrund fehlender Detailge-
nauigkeit keine Unterscheidung zwischen Schlös-
sern mit aufgeschobenem Bügel oder mit aufge-
schobener Öse zu 434.
Der Schloßtyp mit aufgeschobener Öse aus Bunt-
metall bildet eine zahlenmäßig sehr kleine Grup-
pe, für die sich, unter Berücksichtigung ihrer
eisernen Pendants 435 dennoch, wie für die übri-
gen mittelalterlichen Schloßtypen auch, eine weit-
räumige Verbreitung im europäischen Raum ab-
zeichnet. Er bildet sich um 1200 heraus, und bleibt
trotz Ausläufern bis ins 15. Jh. im wesentlichen
auf das 13. und beginnende 14. Jh. beschränkt.
Das als Halbfabrikat veröffentlichte Stück aus
einer buntmetallverarbeitenden Werkstatt eines
„Nadlers" der 1. Hälfte des 13. Jhs. in Alborg gibt
zudem einen Hinweis auf eine potentielle Produk-
tionsstätte solcher Buntmetallschlösser, obgleich
die Begründung für eine solche Schloßansprache
als „unfertig" in der Publikation von P. Riismoller
aussteht 436.
Die technisch äußerst anspruchsvolle Herstellung
dieser „Präzisionsarbeiten" setzte sicherlich gro-
ßes handwerkliches Wissen und Geschick voraus,
so daß nur spezialisierte Werkstätten diese Schlös-
ser herzustellen vermochten, die in einem Zei-
traum von über drei Jahrhunderten auch außer-
halb der mutmaßlichen Erzeugerstätte in Däne-
mark auf kontinentaleuropäischem Boden und in
Großbritannien zu suchen sind 437.
6.3. Kerzenhalter (Taf. 13, 18, 50)
Zwei Fragmente sollen als Bestandteile metalle-
ner Kerzenleuchter angesprochen werden.
Der Fund 91 besitzt Bruchstellen am Beinansatz
lediglich vorn und hinten, so daß er, wie oben bereits
ausgeführt, nicht als Gefäßbestandteil etwa eines
Grapen oder Aquamanilies gewertet werden kann
(Taf. 13). Die geringe Höhe, die Beinstellung und
die leider stark verschliffene Profilierung deuten
eher auf eine Zugehörigkeit zu einem Kreuzfuß,
einem Tragaltar, einem Reliquienkästchen oder
einem Leuchterfuß. Der fehlende sakrale Befund-
bezug macht die drei erstgenannten Verwendungs-
möglichkeiten unwahrscheinlich zugunsten eines
metallenen Leuchterfragments. Derartige Kerzenst-
änder wurden in städtischen Haushalten im ver-
stärkten Maße seit dem 15.Jh. zur Beleuchtung ein-
gesetzt, lassen sich allerdings formal und nicht zu-
letzt durch die unvollkommene Erhaltung nur
schwerlich von solchen absetzen, die im kultischen
Gebrauch standen. Das vorliegende gegossene
Stück des 15.-16./17.Jhs. läßt sich vermutlich einem
dreibeinigen Standleuchter zuordnen, der ein-,
möglicherweise auch mehrarmig auslief und in ent-
sprechender Zahl mit Tropfschalen besetzt war 438.
Becherartige Kerzenhalter lassen sich mit einiger
Sicherheit als Bestandteile von Hausleuchtern
werten (236, Taf. 18, 50) 439. Im Gegensatz zu
einem dornbewehrten Leuchter wurde hier die
Kerze eingeführt. Durch die durchbrochene Wan-
dung konnten mittels eines Stäbchens Wachsreste
abgebrannter Kerzen entfernt werden. Der Hal-
testutzen unterhalb des Ringes diente zum Einste-
cken in einen Leuchterarm, wie es für verschiede-
ne Leuchtertypen belegt ist. Neben becherartigen
Kerzenhaltern, die mit dem Schaft eine feste Ver-
bindung eingehen 440, finden sich größere Über-
434 Benningen, Koldeweij 1993,317, Abb. 999, 1000.
435 Eiserne Hangschlösser mit aufgeschobener Öse z.B. aus Winchester (Biddle 1990b, 1010, fig. 313, Kat.-Nr. 3667), Arhus
(Andersen et al. 1971, 192), Lund (Müller, U. 1996, 110) und Warschau (Ka?mierczyk 1970, 107).
436 Weiterhin fanden sich in dem Fundkomplex des 13. und 14. Jhs. u.a. ein Feuerbecken, ein Hammer, ein (Münz-?)stem-
pel, einige Eisenpfrieme sowie an Buntmetallgegenständen Riemenbeschläge, Pinzetten, Schnallen, eine geflochtene
Drahtkette, bleierne Spinnwirtel, zahlreiche Krampen, Nägel und nicht zuletzt große Mengen Draht, Schnittbleche und
Nadeln, die sich namengebend auf den Werkstattbetreiber als „Nadler" auswirkten, Riismoller 1960, 117-131.
437 Die von U. Müller auf schmalerer Materialbasis postulierte Vermutung, alle Buntmetallschlösser dieses Typs vom euro-
päischen Festland der Älborger Werkstatt respektive dem dortigen Handwerker zuzuweisen, ist aufgrund der großen räum-
lichen und zeitlichen Streuung abzulehnen (Müller, U. 1996, 111).
438 Dexel, T. 1981, 113-121.
439 Dexel, T. 1990, 18.
440 Spätmittelalterliche Beispiele in Steuer 1982b, 14f., Abb. 23, Ward-Perkins 1954, 177-182, fig. 55.1-4; neuzeitliche in
Dexel, T. 1981, Kat.-Nr. 672, 675 und Dexel, T. 1990, Abb. 14 mit einem Leuchter des 16. Jhs. aus der Formsammlung
des Städtischen Museums Braunschweig.
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von Hangschlössern mit Rahmenbildung in
Steckverbindung bilden zwei in Art von Pilger-
zeichen gegossene und zu tragende Schloßdar-
stellungen aus Blei-Zinnlegierungen mit Ausma-
ßen von 16 x 16 mm und 22 x 26 mm. Die verzier-
ten Funde aus Nieuwlande(f) und Kampen,
Niederlande, datieren beide in die Zeit von 1375-
1425, lassen aber aufgrund fehlender Detailge-
nauigkeit keine Unterscheidung zwischen Schlös-
sern mit aufgeschobenem Bügel oder mit aufge-
schobener Öse zu 434.
Der Schloßtyp mit aufgeschobener Öse aus Bunt-
metall bildet eine zahlenmäßig sehr kleine Grup-
pe, für die sich, unter Berücksichtigung ihrer
eisernen Pendants 435 dennoch, wie für die übri-
gen mittelalterlichen Schloßtypen auch, eine weit-
räumige Verbreitung im europäischen Raum ab-
zeichnet. Er bildet sich um 1200 heraus, und bleibt
trotz Ausläufern bis ins 15. Jh. im wesentlichen
auf das 13. und beginnende 14. Jh. beschränkt.
Das als Halbfabrikat veröffentlichte Stück aus
einer buntmetallverarbeitenden Werkstatt eines
„Nadlers" der 1. Hälfte des 13. Jhs. in Alborg gibt
zudem einen Hinweis auf eine potentielle Produk-
tionsstätte solcher Buntmetallschlösser, obgleich
die Begründung für eine solche Schloßansprache
als „unfertig" in der Publikation von P. Riismoller
aussteht 436.
Die technisch äußerst anspruchsvolle Herstellung
dieser „Präzisionsarbeiten" setzte sicherlich gro-
ßes handwerkliches Wissen und Geschick voraus,
so daß nur spezialisierte Werkstätten diese Schlös-
ser herzustellen vermochten, die in einem Zei-
traum von über drei Jahrhunderten auch außer-
halb der mutmaßlichen Erzeugerstätte in Däne-
mark auf kontinentaleuropäischem Boden und in
Großbritannien zu suchen sind 437.
6.3. Kerzenhalter (Taf. 13, 18, 50)
Zwei Fragmente sollen als Bestandteile metalle-
ner Kerzenleuchter angesprochen werden.
Der Fund 91 besitzt Bruchstellen am Beinansatz
lediglich vorn und hinten, so daß er, wie oben bereits
ausgeführt, nicht als Gefäßbestandteil etwa eines
Grapen oder Aquamanilies gewertet werden kann
(Taf. 13). Die geringe Höhe, die Beinstellung und
die leider stark verschliffene Profilierung deuten
eher auf eine Zugehörigkeit zu einem Kreuzfuß,
einem Tragaltar, einem Reliquienkästchen oder
einem Leuchterfuß. Der fehlende sakrale Befund-
bezug macht die drei erstgenannten Verwendungs-
möglichkeiten unwahrscheinlich zugunsten eines
metallenen Leuchterfragments. Derartige Kerzenst-
änder wurden in städtischen Haushalten im ver-
stärkten Maße seit dem 15.Jh. zur Beleuchtung ein-
gesetzt, lassen sich allerdings formal und nicht zu-
letzt durch die unvollkommene Erhaltung nur
schwerlich von solchen absetzen, die im kultischen
Gebrauch standen. Das vorliegende gegossene
Stück des 15.-16./17.Jhs. läßt sich vermutlich einem
dreibeinigen Standleuchter zuordnen, der ein-,
möglicherweise auch mehrarmig auslief und in ent-
sprechender Zahl mit Tropfschalen besetzt war 438.
Becherartige Kerzenhalter lassen sich mit einiger
Sicherheit als Bestandteile von Hausleuchtern
werten (236, Taf. 18, 50) 439. Im Gegensatz zu
einem dornbewehrten Leuchter wurde hier die
Kerze eingeführt. Durch die durchbrochene Wan-
dung konnten mittels eines Stäbchens Wachsreste
abgebrannter Kerzen entfernt werden. Der Hal-
testutzen unterhalb des Ringes diente zum Einste-
cken in einen Leuchterarm, wie es für verschiede-
ne Leuchtertypen belegt ist. Neben becherartigen
Kerzenhaltern, die mit dem Schaft eine feste Ver-
bindung eingehen 440, finden sich größere Über-
434 Benningen, Koldeweij 1993,317, Abb. 999, 1000.
435 Eiserne Hangschlösser mit aufgeschobener Öse z.B. aus Winchester (Biddle 1990b, 1010, fig. 313, Kat.-Nr. 3667), Arhus
(Andersen et al. 1971, 192), Lund (Müller, U. 1996, 110) und Warschau (Ka?mierczyk 1970, 107).
436 Weiterhin fanden sich in dem Fundkomplex des 13. und 14. Jhs. u.a. ein Feuerbecken, ein Hammer, ein (Münz-?)stem-
pel, einige Eisenpfrieme sowie an Buntmetallgegenständen Riemenbeschläge, Pinzetten, Schnallen, eine geflochtene
Drahtkette, bleierne Spinnwirtel, zahlreiche Krampen, Nägel und nicht zuletzt große Mengen Draht, Schnittbleche und
Nadeln, die sich namengebend auf den Werkstattbetreiber als „Nadler" auswirkten, Riismoller 1960, 117-131.
437 Die von U. Müller auf schmalerer Materialbasis postulierte Vermutung, alle Buntmetallschlösser dieses Typs vom euro-
päischen Festland der Älborger Werkstatt respektive dem dortigen Handwerker zuzuweisen, ist aufgrund der großen räum-
lichen und zeitlichen Streuung abzulehnen (Müller, U. 1996, 111).
438 Dexel, T. 1981, 113-121.
439 Dexel, T. 1990, 18.
440 Spätmittelalterliche Beispiele in Steuer 1982b, 14f., Abb. 23, Ward-Perkins 1954, 177-182, fig. 55.1-4; neuzeitliche in
Dexel, T. 1981, Kat.-Nr. 672, 675 und Dexel, T. 1990, Abb. 14 mit einem Leuchter des 16. Jhs. aus der Formsammlung
des Städtischen Museums Braunschweig.
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