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Lungershausen, Axel
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Band 34): Buntmetallfunde und Handwerksrelikte des Mittelalters und der frühen Neuzeit aus archäologischen Untersuchungen in Braunschweig — Rahden/​Westf.: Verlag Marie Leidorf, 2004

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.68707#0080
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te bei verringerter Schmelztemperatur aus, wie es
der komplizierte Guß erforderte.
Weitere Analysen von norddeutschen Grapen des
12.-16. Jhs. bestätigen die typische Herstellung aus
einer Bronze, der auch immer Blei zulegiert wurde.
Die größte Materialübereinstimmung wird zu Gra-
pen des 12. bis zur 1. Hälfte des 14. Jhs. erzielt 361.
Weitere Quellen für die Legierungszusammenset-
zungen des Grapenguts bilden städtische Gewer-
berordnungen des späten Mittelalters und der
Neuzeit, die zeitlich und örtlich variieren können
und gegen die natürlich auch verstoßen werden
konnte 362 Gemeinsam ist ihnen der Versuch, den
Bleizusatz wegen seiner gesundheitsschädlichen
Wirkungen zu limitieren. So gestattet Hildesheim
1460/80 seinen Gießern bei einem Sn-Gehalt von
8,6 % eine Pb-Zugabe von ca. 14,5 %. In Duder-
stadt (ohne Jahresangabe) ist für Grapen, ohne
Verwendung von Altmetall, maximal eine 10 %ige
Pb-Beimengung erlaubt 363.
Ausweislich testamentarischer Überlieferungen
läßt sich belegen, daß Metallgrapen regelrechte
Vermögensobjekte darstellten, die je nach Größe
und Gewicht eine erhebliche Bedeutung besaßen.
Laut einer Schadensmeldung des Klosters Dobe-
ran von 1312 kostete ein kleiner 2-3 kg wiegender
Grapen 2 Mark, was dem Wert eines Schafes ent-
sprach, mittlere Grapen hatten in etwa den Preis
eines Schweines und für einen großen Grapen,
wie er sicherlich nur in großen Klosterküchen und
nicht in Privathaushalten vorstellbar ist, werden
24 Marl< verlangt, was hochgerechnet einem
Gewicht von rund 30 kg und einem Materialwert
von drei bis vier Pferden oder sechs bis acht Kühen
gleichkam 364. So gesehen sind die wenigen Frag-
mentfunde von Grapen aus Braunschweig nicht
verwunderlich. Sie wurden äußerst achtsam be-
handelt, vererbt und wieder eingeschmolzen,
wenn sie irreparabele Schäden aufwiesen, wobei
aber ihr Materialwert im wesentlichen bestehen

blieb. Die Grapenbruchstücke aus fünf Jahrhun-
derten 365 besitzen daher, ohne die als in ihrer
Ansprache fraglich zu bezeichnende Pfanne, ein
Gesamtgewicht von lediglich rund 700 g. Im kras-
sen Gegensatz dazu steht beispielsweise der für
Lübeck anhand archivalischer Überlieferungen
errechnete Metallbesitz einzelner Haushalte. Die
Nennung mehrerer, in einem Falle bis zu 18 Gra-
pen zuzüglich verschiedener Pfannen, Kessel oder
Becken sind keine Seltenheit in Testamenten.
Hochrechnungen ergaben in Privathaushalten ein
Metallinventar für das dritte Viertel des 14. Jhs. -
ohne Berücksichtigung des Eisengeräts - von 20-
100 kg und teilweise darüber 366.
5.3. Grapenpfanne (Taf. 12)
Die Rand- und Wandungsfragmente von Fund 265
sind deformiert, dennoch kann man mit einiger
Sicherheit auf ein flaches Gefäß mit steiler Wan-
dung schließen. Die Materialstärke, die bei dem
unrestaurierten Fund allerdings nicht exakt
ermittelt werden kann, scheint einerseits zu mas-
siv für eine Schüssel oder Schale, während ande-
rerseits die geringe Größe einer Funktion als Feu-
erschapen entgegenspricht, so daß bei der Fundi-
dentifikation auch eine Grapenpfanne in Betracht
gezogen werden muß. Vergleichsfunde aus Nord-
deutschland datieren vom 14. Jh. bis in die Neu-
zeit 367, wobei die Nachweishäufigkeit im 16. und
17. Jh. am größten ist 368.
5.4. Tafelgeschirr (Taf. 12)
Nicht unerwähnt bleiben sollen zum Schluß zwei
nur fragmentarisch erhaltene Kleinfunde. Die lei-
der nicht datierbare Henkelöse 39 besitzt an bei-
den Enden Reste einer Lötmasse und war mögli-
cherweise an einer Gefäßwandung, vielleicht
eines neuzeitlichen Milchkännchens, angebracht.
Mit Fund 196 liegt der Deckel eines Streugefäßes
für Salz, Gewürze oder Zucker vor. Das frühneu-

361 Drescher 1982, 158-160 mit Analysen zu den Grapen Wolterdingen, Pattensen und Brackel: Cu-Gehalt 74,7-79,4 %, Sn-
Gehalt 13,01-19,98 %, Pb-Gehalt 4,15-8,18 %.

362 Felgenhauer-Schmiedt 1993, 88.

363 Fuhse 1935,6f. Zu den Bleibeschränkungen, die für Braunschweiger Kannengießer auf Zinnlegierungen lagen vgl. Spiess
1966, 325f.

364 Drescher 1982, 160, Hasse 1979, 36.

365 Unberücksichtigt blieben aus technischen Gründen die Grapenbeine 292, 294, 296.

366 Hasse 1979, 37-39.

367 Drescher 1985, 162, Abb. 3.3, 4.11.

368 Dexel, T. 1981, 39f.

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