ten vermutlich spätestens 1278 in den Boden. Wei-
teres Sachgut spricht für eine wirtschaftlich expo-
nierte Stellung der Besitzer.
Vergleichbare Gießgefäße treten im 12. und 13.Jh.
durch besonders qualitätvolle Exemplare im west-
und mitteleuropäischen Raum in Erscheinung 386.
Obwohl die Proportionen des Braunschweiger
Stückes nicht als naturalistische Wiedergabe eines
Hinterlaufs verstanden werden können, sind ihm
durchaus zoomorphe Züge zu eigen, die in der
Andeutung der Gelenke und des Hufes zum Aus-
druck kommen. Sollte die leicht gestreckt rekon-
struierte Beinstellung zutreffen, handelt es sich
um ein Pferd oder einen Kentauren in gespannter
Körperhaltung 387.
Die Produktion tier- oder menschenförmiger Gieß-
gefäße begann in der Zeit um 1100 388 und währ-
te über 500 Jahre bis in die frühe Neuzeit, wie sich
auch an einem Löwenaquamanilie der Braun-
schweiger Schmiedegilde aus dem Jahr 1568 sehr
schön zeigen läßt 389. Eine Lokalisierung der Her-
stellerzentren durch stilgeschichtliche Analysen
deutet auf das Maasland, Niedersachsen, Lübeck,
Magdeburg und Nürnberg als mögliche Produk-
tionsorte, die aber damit noch nicht vollständig
erfaßt sein dürften 390.
Die Herstellung erfolgte im Hohlgußverfahren, ähn-
lich wie oben für den Grapenguß beschrieben 391.
Wie weit sich daraus allerdings eine Herstellung
durch Grapengießer ableiten läßt 392, bleibt fraglich,
da verschiedene andere Handwerker, wie z.B. Rot-
gießer, die gleichen Produkte verfertigen konn-
ten 393. Zudem wurde das Braunschweiger Stück aus
einer Mischbronze gegossen, die von den Analyseer-
gebnissen mittelalterlicher Grapen aus Norddeutsch-
land erheblich abweicht 394. Reste einer Pb-/Sn-
Masse befinden sich an der Innenseite des Beinan-
satzes und deuten auf die Reparatur des abgebroche-
nen Beines durch Anlöten an den Gefäßkörper hin.
Das bereits erwähnte, als Teller oder Schale anzu-
sprechende Gegenstück 274 diente zur Aufnahme
des Brauchwassers. Im Gegensatz zu dem gegos-
senen Aquamanilie wurde die unverzierte Schale
getrieben, weist aber sowohl bei der Zusammen-
setzung der Leit- als auch der Spurenelemente
sehr starke Gemeinsamkeiten zu dem Gießgefäß
auf, das lediglich einen signifikant höheren Blei-
gehalt hat und damit speziell für den Guß kom-
plizierter Hohlformen geeignet war (Abb. 30) 395.
Offensichtlich sind beide Artefakte aus Rohmetal-
len derselben Herkunft legiert und vermutlich,
vielleicht als Auftragsarbeit, in derselben Werk-
statt als Gieß- und als Treibarbeit entstanden.
Das Fragment 21 verkörpert den Gefäßtypus gra-
vierter, getriebener Schalen (Taf. 13, 52) 396. Rund
220 Exemplare oder Bruchstücke der meist innen-
verzierten und mitunter vergoldeten Schalen aus
Kupfer, Messing oder Bronze sind mittlerweile
bekannt 397. Der überwiegende Teil, der nach
ihrem Fundort zu lokalisierenden Objekte stammt
mit knapp 80% aus Städten, Flüssen und Bur-
gen 398. Es zeichnet sich eine Verbreitung ab, die
weit über den Hauptwirkungskreis der Hanse im
nördlichen Mitteleuropa hinausreicht und durch
Funde aus Großbritannien, Skandinavien und
Osteuropa sowie insbesonders in jüngerer Zeit aus
dem südlichen Mitteleuropa ergänzt wurde.
386 Falke, Meyer 1935, Abb. 253-281; ein einzelnes Bein des 13. Jhs. in Kyburg 1981, 158, 176; daß Pferde dabei nicht immer
Ritter getragen haben müssen, belegen z.B. ein musizierender Jüngling und eine Dame im Sattel, Meckseper 1985, Bd. 2,
Kat.-Nr. 753.
387 Vgl. Beinstellung und Körperhaltung der Aquamanilien bei Falke, Meyer 1935, Abb. 263-268.
388 Eckerle 1986,211, Hütt 1993, 11.
389 Meckseper 1985, Bd. 2, Kat.-Nr. 652.
390 Hütt 1993, 12f.
391 Nachweis für die Verwendung von Kernstützen bei einem Magdeburger Löwenaquamanilie in Matthies 1991, 69.
392 Hütt 1993, 12f.
393 Reith 1991, 98.
394 Vgl. Drescher 1985, 158f., s.o. Probe 11700 zu Grapenbein 187 und Kap. D 2.1., Werner, O. 1981, Tab. II, 1. 3. 4. 5. 7. 8
mit Analysen von Aquamanilien des 12.-16. Jhs. aus Messing, Zinnbronze und Bleibronze.
395 Probe 11686 und 11687 in Kap. D 2.1.
396 Die forschungsgeschichtliche ältere Bezeichnung "Hanseschale" beruht auf der mittlerweile nicht mehr haltbaren Annah-
me, daß die Schalen zeitlich und räumlich mit dem Wirkungsbereich der Hansekaufleute übereinstimmten, Stoll 1996,
511.
397 Scholkmann 1984, 30, Gross 1990, 181, Analysen bei Oddy et al. 1986, 14 und Drescher 1975, 61-63.
398 Nach Scholkmann 1984,30-33 ca. 33 % aus Städten, ca. 26 % aus Flüssen und ca. 17 % von Burgen, dort auch zur Inter-
pretation der Fundumstände.
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teres Sachgut spricht für eine wirtschaftlich expo-
nierte Stellung der Besitzer.
Vergleichbare Gießgefäße treten im 12. und 13.Jh.
durch besonders qualitätvolle Exemplare im west-
und mitteleuropäischen Raum in Erscheinung 386.
Obwohl die Proportionen des Braunschweiger
Stückes nicht als naturalistische Wiedergabe eines
Hinterlaufs verstanden werden können, sind ihm
durchaus zoomorphe Züge zu eigen, die in der
Andeutung der Gelenke und des Hufes zum Aus-
druck kommen. Sollte die leicht gestreckt rekon-
struierte Beinstellung zutreffen, handelt es sich
um ein Pferd oder einen Kentauren in gespannter
Körperhaltung 387.
Die Produktion tier- oder menschenförmiger Gieß-
gefäße begann in der Zeit um 1100 388 und währ-
te über 500 Jahre bis in die frühe Neuzeit, wie sich
auch an einem Löwenaquamanilie der Braun-
schweiger Schmiedegilde aus dem Jahr 1568 sehr
schön zeigen läßt 389. Eine Lokalisierung der Her-
stellerzentren durch stilgeschichtliche Analysen
deutet auf das Maasland, Niedersachsen, Lübeck,
Magdeburg und Nürnberg als mögliche Produk-
tionsorte, die aber damit noch nicht vollständig
erfaßt sein dürften 390.
Die Herstellung erfolgte im Hohlgußverfahren, ähn-
lich wie oben für den Grapenguß beschrieben 391.
Wie weit sich daraus allerdings eine Herstellung
durch Grapengießer ableiten läßt 392, bleibt fraglich,
da verschiedene andere Handwerker, wie z.B. Rot-
gießer, die gleichen Produkte verfertigen konn-
ten 393. Zudem wurde das Braunschweiger Stück aus
einer Mischbronze gegossen, die von den Analyseer-
gebnissen mittelalterlicher Grapen aus Norddeutsch-
land erheblich abweicht 394. Reste einer Pb-/Sn-
Masse befinden sich an der Innenseite des Beinan-
satzes und deuten auf die Reparatur des abgebroche-
nen Beines durch Anlöten an den Gefäßkörper hin.
Das bereits erwähnte, als Teller oder Schale anzu-
sprechende Gegenstück 274 diente zur Aufnahme
des Brauchwassers. Im Gegensatz zu dem gegos-
senen Aquamanilie wurde die unverzierte Schale
getrieben, weist aber sowohl bei der Zusammen-
setzung der Leit- als auch der Spurenelemente
sehr starke Gemeinsamkeiten zu dem Gießgefäß
auf, das lediglich einen signifikant höheren Blei-
gehalt hat und damit speziell für den Guß kom-
plizierter Hohlformen geeignet war (Abb. 30) 395.
Offensichtlich sind beide Artefakte aus Rohmetal-
len derselben Herkunft legiert und vermutlich,
vielleicht als Auftragsarbeit, in derselben Werk-
statt als Gieß- und als Treibarbeit entstanden.
Das Fragment 21 verkörpert den Gefäßtypus gra-
vierter, getriebener Schalen (Taf. 13, 52) 396. Rund
220 Exemplare oder Bruchstücke der meist innen-
verzierten und mitunter vergoldeten Schalen aus
Kupfer, Messing oder Bronze sind mittlerweile
bekannt 397. Der überwiegende Teil, der nach
ihrem Fundort zu lokalisierenden Objekte stammt
mit knapp 80% aus Städten, Flüssen und Bur-
gen 398. Es zeichnet sich eine Verbreitung ab, die
weit über den Hauptwirkungskreis der Hanse im
nördlichen Mitteleuropa hinausreicht und durch
Funde aus Großbritannien, Skandinavien und
Osteuropa sowie insbesonders in jüngerer Zeit aus
dem südlichen Mitteleuropa ergänzt wurde.
386 Falke, Meyer 1935, Abb. 253-281; ein einzelnes Bein des 13. Jhs. in Kyburg 1981, 158, 176; daß Pferde dabei nicht immer
Ritter getragen haben müssen, belegen z.B. ein musizierender Jüngling und eine Dame im Sattel, Meckseper 1985, Bd. 2,
Kat.-Nr. 753.
387 Vgl. Beinstellung und Körperhaltung der Aquamanilien bei Falke, Meyer 1935, Abb. 263-268.
388 Eckerle 1986,211, Hütt 1993, 11.
389 Meckseper 1985, Bd. 2, Kat.-Nr. 652.
390 Hütt 1993, 12f.
391 Nachweis für die Verwendung von Kernstützen bei einem Magdeburger Löwenaquamanilie in Matthies 1991, 69.
392 Hütt 1993, 12f.
393 Reith 1991, 98.
394 Vgl. Drescher 1985, 158f., s.o. Probe 11700 zu Grapenbein 187 und Kap. D 2.1., Werner, O. 1981, Tab. II, 1. 3. 4. 5. 7. 8
mit Analysen von Aquamanilien des 12.-16. Jhs. aus Messing, Zinnbronze und Bleibronze.
395 Probe 11686 und 11687 in Kap. D 2.1.
396 Die forschungsgeschichtliche ältere Bezeichnung "Hanseschale" beruht auf der mittlerweile nicht mehr haltbaren Annah-
me, daß die Schalen zeitlich und räumlich mit dem Wirkungsbereich der Hansekaufleute übereinstimmten, Stoll 1996,
511.
397 Scholkmann 1984, 30, Gross 1990, 181, Analysen bei Oddy et al. 1986, 14 und Drescher 1975, 61-63.
398 Nach Scholkmann 1984,30-33 ca. 33 % aus Städten, ca. 26 % aus Flüssen und ca. 17 % von Burgen, dort auch zur Inter-
pretation der Fundumstände.
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