-O- 11686
C1 11687
Abb. 30 Fingerprintdiagramm des Aquamanilies 280 (P 11686) und der Schale 274 (P 11687)
Die Produktion setzte im 11. Jh. ein. Die Nach-
weishäufigkeit für Belege aus dem 12.-13. Jh. liegt
erheblich höher, wobei die Qualität der Gravuren
jüngerer Schalen des 12./13. Jhs. gegenüber den
älteren des 11./12. Jhs. allerdings oftmals ab-
fällt 3". Als frühe Herstellungszentren gelten
neben den Städten Aachen, Köln, Verdun, Dinant,
Namur, Huy und Lüttich im Rhein-Maasgebiet
möglicherweise auch Goslar und Braunschweig,
in der das Beckenwerkerhandwerk vermutlich im
letzten Drittel des 12. Jahrhunderts Eingang
gefunden hatte 400.
Ab dem 13. Jh. versiegte die Produktion der „Han-
seschalen", die im 14. Jh. zugunsten von steilwan-
digen, unverzierten Becken vollständig zum Erlie-
gen kam 401. Allerdings konnten die Schalen sehr
viel länger in Gebrauch gewesen seien 402.
Die verzierten Schalen tragen vielfach gelehrte
Bildprogramme mit Schwerpunkten in der antiken
Mythologie, christlichen Darstellungen oder Per-
sonifikationen, unter denen wiederum die Tugend-
und Laster-Schalen überwiegen. Für eine zweifels-
freie Zuordnung der Braunschweiger Schale ist der
gravierte Ausschnitt nicht ausreichend. Die größ-
te Nähe scheint aber zu der letztgenannten Grup-
pe der Tugend- und Laster-Schalen zu bestehen 403.
Im profanen Bereich ist die Verwendung dieser
Schalen daher nicht ausschließlich auf den Be-
reich Eßkultur, also zur Handwaschung etwa in
Kombination mit einem Aquamanilie oder zur
Darreichung von Speisen zu reduzieren. Sie nah-
men auch eine Funktion als Dekorations- und
Repräsentationsobjekte ein, wobei die Bilddar-
stellungen durchaus auf eine belehrende oder
moralisierende Wirkung abzielten.
Beschädigte Stücke mußten nicht zwangsläufig wie-
der eingeschmolzen werden. Sie konnten zunächst
mit Hilfe von Flickblechen repariert 404 oder als
Altmetall sekundär weiterverarbeitet werden. Eine
Umarbeitung zu Messergriffplättchen und zu ver-
399 Drescher 1975,58f.
400 Ebd., 59., siehe hier Kap. D 1.
401 Waterstradt, Tegethoff 1987, 133.
402 Drescher 1975, 67 nimmt für manche Schalen eine Nutzungsdauer von 100-250 Jahren an. Aus Kirchenschätzen sind
einige Schalen bis in die Gegenwart überkommen, Gross 1990, 181.
403 Vgl. Weitzmann-Fiedler 1981, Kat.-Nr. 40,41, 46, 50, 66, 68, 70-71, 74, 79-80, 88-90, 96-97, 99, 102, 104.
404 Drescher 1975, 61, Tackenberg 1979, Abb. 2.9, Piponnier 1975, 156 mit Beispiel einer reparierten Trinkschale des 14.
Jhs., Reimann 1995, 154 verweist auf eine Hanseschale, deren Rand bei der Herstellung beim Umbiegen riß, aber den-
noch wieder zusammengefügt wurde.
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