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Mannheimer Zeitung — 1824

DOI Kapitel:
No. 152 - No. 180 (1. Juni - 30. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44352#0626
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Frankreich keinen Verſuch machen wird, um ſeiner
Macht eine dieſer Beſitzungen, sey es durch Eroberung
oder Abtret‘ung zu unterwerfen.'t

Wir haben nur eine Hauptidee, welche bis zur Epox
che reicht, wo das Schickſal Spaniens ungewiß war,.
in welcher Zeit man nicht vorausſehen konnte, wel-
<en Einfluß der Gang der Dinge in Spanien auf
die bezügliche Frage wegen den Colonien , ſowohl zwi-
ſchen dem Mutterlande und den Colonien, als zwi-
ſchen dieſen und Großbrittanien, äuſſern würde, al:

lein, als die franzbſiſchen Waffen über das conſtin

tutionelle Syſtem gesiegt hatten, und im Augenblicke,

wo dieser Erfolg, den früher beſtandenen Verfüguns-

gen in Hinſicht der Ausdehnung der Principien des
Streites zwiſchen beiden Ländern, neue Stärke geben
konute, ſo fühlte Hr.. Canning, daß der Augenblick
gekommen ſey, förmlichere Erklärungen zu. geben, und
engliſche Conſuln In den verſchiedenen Häfen des ſûd-
lichen America's zu ernennen.

In der, am 9. letzten Octobers, zwiſchen dem Für-

ſten Polignac und Hrn. Canning ſtattgehabten Con-
ferenz wovon ein Auszug bey Anfang der Sitzung
dem Parlamente mitgetheilt wurde, entwickelte Herr
Canning in beſtimmten Ausdrücken die Ansichten des
engl. Cabinets, nachdem er ſich auf ſeine Depeschen
an Sir Charles Stuart bezogen hatte,[um zu beweiſen,
daß das engliſche Gouvernement in Hinſicht des süd-
lichen America's weder mit Ausflüchten noch Rückhalt
zu Werk |gehe : Die Näherung einer Criſis in den An-
gelegenheiten Südamerica’'s mache es wünſchenswerth,
daß zwiſchen der engliſchen und franzöſiſchen Regie-
ruug über eine ſo wichtige Frage keine Mißhelligteit
beſtehe.

Der erſte, in dieſer Conferenz übereingekommene
Punct bestand darin, daß jeder Verſuch, das span.
Nmerica wieder unter das Joch des Mutterlandes zu
vringen , erfolglos gemacht werden ſoll, und jede dar-
über cinzuleißende Unterhandlung als unnöthig betrachtet
werde; da es indeſſen möglich wäre, daß Spanien
und Feine allen Colonicn unter ſich einige modificirten
Verbindungen errichteten ,. soll jeder Verſuch zu einer
Unterhaudlung der Art von England unterſtützt wer-
den, voraus geſetßt jedoch, wie Hr. Canning bemerkt,
daß die Unterhandlungen sich auf ausführbare Baſen
gründen; indeſſen werde England eine ſstreuge Neutra-
lität in einem Kiieg zwiſchen Spanien. und ſeinen
Eolonien beobachten, wenn unglücklicherweiſe ſich die-
ſer Krieg in die Länge zichen ſollte, ;

Zu dieſer Eiklärung fügte man die wichtige Bedin-

gung bey, daß die allenfalſige Einmiſchung irgend eir .

ner fremden Macht in einer Unternehmung Spaniens
gegen ſeine Colonien, ails ein ganz neuer Fall be-
trachiet werden ſoll, der, nachdem es das Intereſſe
(Gsoßlrittanniens erfordre, entſchieden werden wird.
Das nämliche Prinzip von Uneigennäützigkeit, wel-
<es in der Depeſche des Hn. Canning vom z1. März
1823 ausgesprochen iſt, wurde bey dieſer Conferenz
in Erinnerung gebracht. Das engl. Gouvernement
eniſagte ieder Idee, sich irgend einen Theil Süd-
america's zueignen zu wollen, noch ſich mit demſelben

in qrs:ee. als freundſchaftliche Handlungsverbindungen
einzulassen. .

Die zweyte in Ueberlegung genommene Frage be-
traf den Zeitpunkt und die Weiſe der Anerkennung.
U-berzeugt, wie Hr.jCanning zu seyn ſich erklärte,
daß der alte Zuſtaud der Colonten nicht mehr herge-
ſtelt werden könne, ſo könnte ſich auch England
durch keinen Vertrag binden, die Anerkennung des
Uuabhängigkeit zu verſchieben oder ganz aufzugeben.
Ein solcher Vertrag wäre offenbar unpolitiſch und
abgeſchmackk. Inzwischen, da dieſe wichiige Frage
ſchon ſeit ihrem Anfange mit so vielem Vertrauen
und Aufrichtigkeit behandelt worden iſt, erklärte Hr.
Canning, daß die engl.. Regierung nicht die Absicht
habe, dieſe Anerkennung zu beeilen, ſo lange ein
vernünftiger Grund vorhanden sey, daß Spanien
ſich mit ſeinen Colonieen ausgleichen und dieſe Ans
erkennung. ſelbſt zuerſt machen werde.

Zu gleicher Zeit war es der engliſchen Regierung
freygeſtellt worden, zu entscheiden, wann die Epoche
in welcher gar keine Hoffnung mehr zu „iner güt-
lichen Ausgleichung vorhanden ſey, eintrete; in Folge
desſen wurde in beſtinmten Ausdrücken durch Hru.
Canning erklärt, daß England weder unbeſtimmt lan-
ge warten noch. darin einwilligen könne , daß die An-
erkennung der neuen Staaten von jener Spaniens
abhängen soll. s

Alſo ſehen wir bey jedem Schritte in den darauf
bezüglichen Discuſſionen , die förmliche Beſtätigung
des in der Thronrede bey Eröffnung: des Parlamenis
enthaltenen Principse. Was die weitern Maßregeln
anbelangt, ſo. hat ſich Se. Maj. das Riecht vorbehal-
ten, hierin ganz nach Gutdünken zu handeln, so wie
es die Umſtände und der Vorthcil des engl. Volkes
erheiſchten.. ; j

jeuetegn. hat Hr. Canning in seiner Conferenz mit:
dem Fürſten Polignac zwey mögliche Fälle voraus-
geſehen,, welche jeden Anstoß der Anerkennung der
Unabhängigkeit Americas beſcitigen könnten. . Jede.
fremde Dazwiſchenkunft, ſagt Hr. Canning, es ſcy
durch Gewalt oder Drohungen in dem Streit Spas
niens wit scinen Colonien, soll als ein hinrcichendee
Grund betrachtet werden, um ohne Vrrzug die Uus
abhängigkeit der letzten anzucrkennen.

Der zweyte angeregte Fall bezog sich auf die Han-
delsverhältniſſe zwiſchen England und America, und
auf. die Vermuthung . daß Spanien: den Beſitz dieſcr
Verhältnisse ſtören könne, wenn es die alten Handels-
verträge mit America neuerdings in Ausübung, brin-
gen. würde. ,,Dte ſogleich unbedingte Anerkenmung
der Unabhängigkeit der ſüdamericaniſchen Staaten
wird das beſte M titel ſeyn, ſagt Hr. Canning, einem
solchen Vorhaben alsbald ein. Ziel zu sezen.'“

In dem von Hrn. Cannig. an Sir W. A'’Court,

am 30. Januar 1824 abgeſchickken Briefe, nachdem

der von der ſpan. Regierung ſeinen Aliirten gemach-
ten Vorschlag auseinandergeſetzt war, welcher darin
beſtand, zu Pa. s einen Congreß zu halten , um ge-
meinſchafclich mit Spanien die revolitirien Colonien
zur O1dnung bringen zu helfen, und nachdem vcr-
 
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