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Mannheimer Abendzeitung — 1846

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No. 176 - No. 206 (1. Juli - 31. Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44008#0731

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. Dinstag, den 7. Juli



. ùFbounsmenuti niit vierteitäÿrtger Vorausbezahlung n Mannheim 1 [l. 15 kr., durch die Polt buzogen im ganzeu Großbsrzogibum
, î Baden halbjährlich 4 f. 45 kr., im Uuölaud erhöht ſieh vas Abonusenient um den Poflauffchlag. .
Juſserait dir geſpaltene Zurie in Peritſfcehrift over deren Rauin vier slreuzer. Briefe und Gyivert ſrel sinzuſeuven.

No. 182.









* Rinde ſchwender's Commiſsons-Pericht in Petreff der
_ Deunut]<k athol ik en in Baden. .
Bm. .o,»,ueGReeeoeertvwwIrw
s: Es ſind aber nicht etwa blos Gründe des poſitiven Re ch ts - so ge-
3.4 .mcuth rie feveihtze D chrcng tes era hs



GHGruntsates der Gewissens freiheit verlangen, ſondern es fielen an den.
Staatsmann auch allgemeine staatliche und rein menschliche Rück-

ſichten dieſelben Forderungen. : .
Das unschätzbare Reqzt ter Gewiſsensfreiheit iſt für die deutſchen conſtitu-

tionellen Staaten (um nur diese im Auge zu behalten) errungen..

_ HJuerſt wurde sie durch einen dreißigjährigen Vernichtungskampf feſtgeſtelſt;

freilich nur unvollſtändig, sowohl hinsichtlich der Zahl der geſtatteten Glaubens-

bekenniniſſe, als hinſichtlich der Ausübung im einzelnen Lande.
_ Sie erschien im weſtphäliſchen Frieden mehr als ein Aufgeben der gegen-

seitigen Unterjochungsveiſuche wettcifernder Kirchen, tenen als eine Beſreiung

eines jeden Einz:lnen in jedem deuischen Lande. Unduldsamkiit blicb noch, in der

öHauptſache wenigſtens, localisſirt. , k w
Cincen bedeutend weitern Schritt ließ die öffen!liche Meinung im 18ten Jahrhun-

dert, und die, ihr Geſtallung und Recht gebi nde Geseggebung großer Herrscher, eines

Friedrichs des Großen und Jos.phs I). thun. s 1

Y "h Ls tttit: der Einzelne freier in seinem Vaterlande gegenüber von der herr-
enden Kirche. ; t ] 1+1 141.15
; L he c des deutſchen Reichs und die durch die franzöſiſche Uebermacht

vorgeſchriebene Gesetzgebung des Reichsdeputationsrecesſes und des Rheinbundes
brachte die örtliche Herrſchaft einzelner Kirchen in Fluß und schuf die Gleichbe-

rechtigung der drei in Deuiſchland an fich gestatteten Kirchen im einzelnen Staate.

. Die neuen conſtitutionellen Grundgesetze endlich gaben den Grundsatz der
„vollen, nicht mehr auf die hiſtoriſch hergebrachten Vereine beschränkten Gewiſ-
sensfreiheit, nur tr durch inconsequente Rechte aller Herrſchaft oder
Abneigung durchtößhen. q! 1 t

. Aufcabe t Gesegzgebung iſt es jetzt, dieſe volle Gewissensfreiheit im Le-
ben durchzuführen, den Buchftabtn zur lebendigen Wahrheit zu machen.
_ Und nur ſtchlecht verſtehen die Staatsgewalten eines beſtimmten Landes den



gZuſtände und auf die ſcit Jahrhunderten beſtehenten Verhäliniſse beziehen.

_ Die Gegenwart — die Zukunft hat auch ihr Recht! : .
_ Wenn also irgend ein neues religiöſes Bedürfniß auftaucht; wenn es sich
so weit in äußerer Form conſsolidirt und verkörpert, daß es die Aufmerkſamkeit

des Staates auf sich zieht, und seines thätigen Einſchreitens bedarf: ~ dann

muß ſich auch die betrcſfende Regierung bes Neuentſtanbenen, des ſich für die Zu-

kunft Vorbereitenden, mit gleicher Gerechtigkeit annehmen, ihm ſeinen freien |

Platz auch im ſtaatlichen und geſellſchaftlichen Leben einräumen und die volle
Gewisſsensfreiheit neuauflebender Kirchen geſtatten und im Falle des Angriffs
ſchützen mit kräftiger Hanan. 1:4 j

" "Hierbei kaun es nicht auf das perſönliche Gefallen ober Mißfallen der In-
haber der Regierungsgewalt ankommen. Ob ſie die neue Lehre und Kirche für

ein Bedürfniß erachten, das Dogma dberselben billigen, ob nicht; ob sie die
Musfälle und Abfälle, welche der einen oder der andern der alten Kirchen zu
Theil werden, beklagen, ob nicht ~ das. iſt für die ſcharf gezogene Grenze der
NPlflicht des Staates werthll.. :

_ Man fürchtet von manchen Seiten bei solchem Berfahren ein atomiſtiſches
Yuflöſen der béſtehenden großen Kirchenz eine herbe Schwierigkeit für den Staat,



in Folge des gleichzeitigen Verhaltens zu vielen, neben einander bestehenden, bald
auftauchenden, bald verſchwindenden religiöſen Geſellſchaften. ~ Doch ſelbſt eine

großartige Schwierigkeit befreit nicht rst rutr Rechtspflicht; zudem iſt gewiß
!! vrt... N§:.432 vc lest ur reiſze

dagegen bie materiell ſo ſchwierige Stellung zu einer übermächtigen, ſich ihrer

Kraft bewußten Kirche in demſelben Verhäitniſſee Man vergleiche einmal, ob
die Regierung der vereinigten Staaten von Nordamerika mehr und Verdrießli-
theres mit den vi.len Kirchen im Gebiete der Union zu thun habe, als diese
oder jene deutſſtgNegierung, bie sich mit einer oder zwei „gSiaatskirchen“
bmüst. u hudth z G ;
1:; hüt cher Aùvere iſt einer Staatsanerkennung neuer religiöſer Vereine ab-
geneigt, weil er in solcher eine Art von Undankbarkeit gegen die großen Ver-
dienfte der alten Kirche erſchaut. Doch abgeſehen davon, daß auch eine andere
é<nung zwiſchen Staat und Kirche angeſtellt werden könnte, bei der eine ge-

grei en in dem Falle offenbarer Rechtsleiſtung und richtigen Begreifens des Gan-
[ he ! setitet. des Staates ist die Aufrechterhaltung des Rechts;
die unerläßliche Bedingung seines Beſtandes und die einzige haltbare Rechtfer-
tigung seines Daſeins die Befriedigung der allgemeinen Bedürfnisse
... er m schlichen Natur, wo immer und wie ſie hervortreten und nur durch
i VELar. ; :. Schwiecigkeiten erhoben, ~ so namentlich in
égeénvr. Falle der Deulſchkatholiken. ' f
eri. Ä "[~. Veſorgniſſe berußen aber offenbar anf einem Mißver-




Schuld in Frage bliebe, ſo kann eine Gefühlserwägung nicht Platz








V: M e

rein abgeben, .
iſen “- jo beruht * es, wo nicht auf abfichlicher und fein berechne -

CTI;

sgang der Geſchichtez nur ſchlecht die poſitiv vorgeſchriebene Grund-
lage, wenn lie dieſe völlig e Gleichſtellung nur auf die rückwärts liegenden |

ich hie wird, die alten Kirchen und zunächſi die römiſch-
zöüÿern over kleinern Theil ihres Eigenthumes an den ]
+ Kirchen, Schulen, Pfarrwohnungen und dergl.



E ſte ing zum Zwecke z Hervorrufens einer Mißſtimmung gegen die







junge Kirche, doch ſicherlich auf Unkenniniß und ganz irrigcr Auſicht und e n1-

b ehrt jedes Rechtsg rundes, was ich im Namen Jhrer Commission

nicht laut genug aus rufen kann, damit es in allen nahen und

| fernen Gauen unseres Vaterlandes gehört werde unb wider-

balle. . . j : .. y
î Es läuft gegen die erſten Grundsätze des natürlichen und poſitiven Rechts,
daß eine Körperſchaft schuldig sein könnte, einem freiwillig gustretenben Theile
ihrer Mitglieder und bei eigenem Fortbeſtehen einen Theil bes Geſellichaſtsvere
mögens abzutreten. Dieser Austritt verändert keines ihrer Nechte, und cs bleibt
der neuern Gesellſchaſt lediglich überlaſſen, sich aus eigenen Mitteln ein Vrrußl-

gen zu ſchaffen; ~- es bedarf dieſe Behauptung durchaus gar keiner näßeren

Begründung, und es genüge ſtait deren die einfache Frage: in welche milde

Anſtalt man wohl einen us wanderer empfehlen würde, der vor seinem Abzug

eine verhältnißmäßige Herauszahlung des Sta atsvermögens verlanzjite, wo-
zu er und ſeine Voreltern und Borvorvern Jahrhunderte hindurch bcizeiragen
haben? Nein! der gute Mann muß ſich vorerſt ſchuldeufrei zahlen, und in
manchen Staaten ſelbſt in unserm aufgeklärten Baden (grundterrl. und ſtan-
desherrlichen Theil-n] + noch von seinem eigenen erübrigten Vermögen

einen gewichtigen Bruchltheil als Obolus zurücdklaſſen, ihe er sine Wiſſerfagrt
| beginnen darf in ein neurs Vaterlandz ~~ ein Ueberfahirtsgeld an einen Schik-

fer, der kein Ruder führt, keine Gefahr mit ihm théilt unb ſein B ſteuerungs-
recht aus einer fabelhaften Vorzeit herleitet. ...
sc haben auch die Vorſtände der Deutſch-Katholiken in Mannheim unh
Heidelberg, denen fich die in Pforzheim angeichloſſen, au sb r ücklich in ihre"
Y !ition ausgesprochen, daß sie weder vom Staate, noch von einer Rrligioné-
gel lſchaft irgend einen Beitrag zu ihren Kirchtabedürfniſſen verlangen und kelz

| nerlei Rechte einer beſtehenden. Cunfeſſion verletzen werden.

Cin anderer Theil der peeuniären Anftänbe iſt zwar vorhanden, allein er
bp r'! in Betracht kommen gegenüber der großen Bedeutung ber Gewiſſeus-

î Es iſt dies das Bedenken, daß für neue kirchliche Gefellſchaſien auch man-

<erlei neue Ausgaben zu machen ſeien, die bei der Fortdauer der bisherigeen
Ei heit gar nicht zur Sprache gekommen wären. w m f "U
„ Die Volkswirth)chaft iſt eine wichtige Lehrerinz allein ſie hat nicht das lese
Luſtt in allen menſchlichen Zweden, und Niemand wird eruſtlich wagen, der

f



) [ yrbörückung der Glaubensfreiheit das Wort zu reden, weil ſie wohifeiler

ſe., als die Gewiſſenéfreiheiitn. m.
. 4; Liegt es in dem Entwickelungsgange der Menſchheit, daß fich die criſiliche

Religion von Zeit zu Zeit andere Formen bilve, ſei es für einen grögern ovree
| kleinern Theil ihrer Bekenner, eniſteht yeriodiſch (gleichzültig nach Recht unn
Ursache) ein Mißbehagen in ver alten Geſtaliung, so laſſe der Staat gen

währenz die Bewegung wird ſich, mit der Wahrheit im Bunte, gefahrlos.

Bahn brechen und gute Früchte tragen, oder sie wird ~ iſt ihr Grund eitel

~ wie uneingedämmtes Woſſer spurlos und geräuſchlos im Sande verſiegen.
Die Forderungen an die Kraft und Thätigkeit einer Regierung ſt-igera sich
durch den Umſchwung der Zeit in's Unnennbarez ſie begr.ift ihre Stellunz, ihr
Heil nicht, wenn fie mit vermehrtem Herzklopfen die Zügel der Bevormundunug
immer ſiraffer anzieht, anftatt frei zu geben, was der Minderſährigkeit entwach-

ſen iſt und männlich besonnen ſich ſelbſt beherrſchen kann. Uerberlaſſe sie dee
religiöſe Leben ſich selbſt, nur ihr eigenes Recht gegen Eingriffe wahrend und

hr Königsfrieden erhaltend unter den gleichzeitigen geiſtig weiteifernden Kir-
en. : ' 14 z | .
Entwickelung der Verfaſſang, Gewerbe, Pauperismus und sociale Fragen
werden den Siaat über und über in fluthender Progreſſion vollauf in Anſpruch
nehmen, ihnen widme er ſeine angerufene Kafsenn. " .
Also auch aus allzemeine.n ſtzaatlichem Gefichispunkie, aus dem Standpunkte.
der allgemeinen Rechts- und Menſchhritsentwickelung iſt die großherzogl. badische
Regierung aufgerufen, ihren Bürgern eine völlig ungeſchmälerte, auch den sol-
gen nach ungetrübte Gewiſſensfreihceit zu gewähren. ..
Sie billigt damit nicht etwa die Neuerungen; sie ſchlägt ſich

dogmatisch keines wegs auf die Seite der Deutſchkatholiken, over

Derjenigen, die eine andere neue Kirche ſtiſten möchten: wein, sie läßt n ur
ge ſch ehen, was zu hindern ungerecht und verderblißh wären.

Auch die Stände, welche die Gewisſſensfreiheit als ein heiliges Palladium
hochtragen, ſind keine Kirchenversammlung, die über Dogmen berathen und abe.
Fiimmenz die Lehrſäte ~ ihre Staatsverträglichkeit voräusgeſcekt ~ ſinb für

fie nicht vorhanden, fie diſputiren darüber nicht als vermeſſene Theologen, sie ©

handeln nur als Staatsmänner, und überlaſſen den Werth der neuen Reli-

ſſeust:t!: und . der alten dem Gefühl und Gewissen ihrer Bekenner
und Gott! it: . .; , “ . ö

î Die hier ausgeführten Beſtimmungen des poſitivrn Rechts und bie mit
leichten Strichen gezeichneten Erwägungen ſt:llen die Beſchwerden der Petenten
gegen die Siaatsminifterialverorvnung vom 20. April d. J. als gegründet darz
ſie bezeichnen zugleich den Weg näher, der einzuſchlagen iſt, um ein Unrecht
wieder auszugleichen, das seine nächſte Quelle wohl in einer Rengſtlichkeit, in
einer Vorliebe für das Beſtehende und in allzuväterlicher Vorsorge für die ale
ten Kirchen finden wird. , .

Mit einer bloß en Z urüc nahme dieser Verfügung kann nun um defß-
villen nicht geholfen sein, weil durch ſie der Rechtszuftand der Deuts:hkatholiken
schon vrekär ~ in Frage geftellt iſt, und überallhin Bedenktu und Zweifel über
eine künftige Löſung vorherrſchen nnd ſich der Gemüther bemächtiget haben.

Ihre Commiſſion ſtellt darum den Antrngen. :

Die Petitionen dem großherzogl. Staatsminiſterium mit der dringenven
Empfehlung um alsbalvige Abſt-luug der in ver Minifterialveroronung
. vom 20. April d. J. enthaltenen beſchwerenden Beſtimmungen mit der

weitern Bitte zu überweiſen, zur Ordnung und Regulirung des Rechts-

zuſtandes ver Deuiſchkatholiken, so weit solcher nicht. ſchon durch unſere

Verſaſſung und Landesgesezgebung feftgeſtellt erſcheint, nämlich über die
 
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