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Mannheimer Abendzeitung — 1846

DOI Kapitel:
No. [298] - No. 326 (1. November - 30. November)
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Dinstag, den 3. .





§

Tas

Abounement mit vierteljähriger Vorausbezahlung in Mannheim 1 f. 15 kr., durch die Poft bezogen im ganzen Grofherzogthum
Baden halbjährlich 4 fl. 15 kr., im Ausland erhöht ſich vas Abounement um den Poftauſſchlaz.. j ;
Inserate die geſpaltene Zeile in Petitſchrift oder deren Raum vier Krenzer. Briefe uud Gelder: frei einzusenden.

1
16 dl. 300.













§ c<leswigſche Ständeverſammlung.

C(Verhaudlungen über die Anträge rt htuge. von Auguſtenburg unv des Elatsraths

; . „Csmarch.
Schleswig, 28. Okt. (Weſ. -Z.) Die heutige {ierte Sitzung ber Stän-
deverſammlung hat einen ſo intereſſanten als wichtigen und folgenreichen Inhalt
gehabt. Zur Tagesordnung ſtand namentlich die Motivirung ker vom Herzog
von Auguſtenburg geſtellen Verfassung spropoſition und die der Pro-
poſition auf völlige Trennung der Verwaltung in den Herzogthü-

mern von der in Dänemardk besonders im Finanz- und Heerweſen, welche

_ Obergerichtsrath Es m ar ch eingebracht. (Die letztere war an die Stelle der

Lüders'ſchen Propoſition in Betreff der Instruction der neuen Regierung einge-

ſchoben.) ~ Der Herzog gab in seinem Vorirage zuerſt ein Reſumé deſſen, was
in Beziehung auf die Wiederbilebung ber alten Landesverfaſſung in zeitgemäßer

Entwickelung von Seiten der berathenden Stänte Schleswigs seit ibrer Stiftung

geſchehen, und zeigte dann zur Begründung seines Antrags ungefähr, rtaß das
Land eben ſo ſehr ein hiſtoriſches Recht auf die vorgeſchlagene Verfaſſung habe,
wie das Volk allzemein berechtigt und befähigt sei, seine Stimme zu erhcben,
wo es ſich um sein Wohl, ſein Intereſſe handele. In erſterer Hinsicht ecklärte
der Proponent die Land esrechte, wie man die Gesammtheit der das öffent-

liche Recht Schleswig: Holsteins umfassenden Beſtimmungen nennt, für rechtlich

beſtehend, indem er dabei den bekannten Staatsact von 1460, ter das Thron-

Recht der Oldenburgiſchen Dynastie begründet, wörtlich vorlas. Als Consequenz |
dieser Anſicht fordert der Fürſt eine vorgängige Verſtändigung mit den alten
Landſtänden, dem Corps der ſchleswig-holſteiniſchen Ritterschaft, dahin, daß über
ihre VBetheiligung an der erſten conſstituirenden Versammlung die Regierung mit
ihnen ſich einige. Für die Propoſitcion erhoben ſich in mchr oder weniger ein-



gehenden Reden Etatsrath Falk, Dr. jur. Müller (für den 15. ländlichen
Motlöigrich) . V. Abgeordnete Agent Jensen sprach ſich unerwarieterweiſe

. 14:1232:;
Fseuns. , Senator Nielſ en, qs “r. flts cette, e ro
(darunter verſteht ter Herr Abgeordnete, ein früherer Seemann, die wiſsenſchaſt-
lich Grbildeten) hielten nur den theoretiſchen Standpunkt feſt, die Erfahrung
f wecke ein ganz anderes Urtheil über die Verhältniſſe im Landez darnach müſſe
er das Bedürfniß, die Nothwendigkeit einer Veränderung des (unumſchränkt

maonarchiſchen) Regiments bestreiten. Die Bemerkungen des Redners waren
fpeciell gegen den Vortrag des Dr. Müller gerichtet, und wurden bvarauf von
bem Abgeordncten Steen h ol d t (aus Noröbſchleswig) zurückgewiesen, indem

des Landes mit praktischem Berſtanb verbindet, darauf hinwies, daß die un-
“ gelehrten- Baucrsleute allerdings zu anderer Einsicht (als Nielſ.n) gelangt, daß
man namentlich in seinem Wahldiſtrikt über die Nothwendigkeit einer zeitgemäßen
Wikderherſtellung der Landesrechte zur Einſicht gekommen sei. Gegen die Pro-

poſition sprach auch noch (dänisch) Nis Lorenzen von Lilholt, der behauptete,

daß die Wünſche (seiner Wähler in Nordſchleswig ? over der Schleswiger über-
haupt ?1 nach Dänemark, nicht nach Deutschland, gerichtet seien, und dieser
mit seinem unzertrennlichen Collegen Jeyſen und dcm Senator Nielſen bildeten
bei der Abſtimmung über die Frage, ob die Propoſition an einen Avesſchuß
zu verweisen, ‘die kleine Minorität von drei Stimmen, welche ſich also

wit dem beſtehenden absoluten Regiment zufrieden erklärt haben. In den Aus-

schuß wurden namentlich der Herzog, Regierungsrath Lü d e rs und Dr, Gülich
si glänzenden Siege in der Verfaſſungssache folgie eine glänzende Motivi-
rung der oben als zweiten erwähnten Propofition aus dem Munde des als prac-
tiſchen Beamten so tüchtigen wie als Schrifiſteller bekannten Antragftellers, wel-
<er Abgeordneter der Stadt Sonderburg iſt. Derselbe legte in gedrängten
Zügen mit inhaltsſchweren Angaben und Deten, z. B. über die auf Schleswig-
Holſtein laftende Prägravation gegenüber Dänemark, Folge der Verwirrung der
Verhältniſſe, der Verkehrung der rechtlich beftchenden Union, wie dieſe in den
älteren Staatsacien mit dem Königreiche beruht, die Nothwendigkeit der bean-
tragten Trennung dar, eine Nothwen digkeit, die ſeit mehr als 100 Jahren fort-
gehends mehr zur Reife gekommen sei und gegenwärtig keinen begründeten Ein-

wand zulaſſe. Aus formellen Rückſichten sprachen fich Cinige inſofern gegen die
YPropofition aus, als ihrer Meinung nach der vorher motivirte Verfaſſungs - An-

trag dieſe Proposition bereiis in sich schließe. Dab er war die Minorität eiwas
ftärker als vorher. Indeß wurde mit überwiegender Mehrheit eine Committee
zur Prüfung der Propoſition niedergeſeßt. Das Verhalten des Regierungécom-
miſſairs bei beiden Propofitionen bot nichts Characteriſtiſches dar, indem derselbe
nur jedes Mal die Rechte der Regierung salvirie und bie Stände-Verſammlung
für incompetent zu den beantragten Bejchlüſſen erklärte, weil lediglich die inneren

Verwaltungsgegenfiände, und zwar allein des Herzogthums Schleswig, in die

Sphäre ihrer gesetzmäßigen Wirksamkeit gehörten. Characieriſtiſch aber war

bieſer, ein ſchlichter Landmann, der sber großen. Cifer für has. wahre Interese .

§

| Deutfſchland.

* Mannheim, 1. Noumbr. Die #Seeblätter- theilen heute unsere Ent-

gegnung auf Zitiel's „osfenen Brieſ-, mit dex Einleitung mit, vaß ſie-ſichibaaen.

Spuren der Verſtümmelung durch bie Cenſur- an ſich 1ägt. Wir müſſen ber
stätigen, daß ſich die Cenſur in der That bes Herrn Zittel und seiner Ausfüh-
rungen angenommen hat. Der sragliche Artikel iſt unter dent beſouderen Schuye,
den ſie ihm angedeihen ließ, faſt auf die Hälfte eingeſchrumpſft. Die rSeeblät-
tern bemerken im Uebrigen zum Schluſſe : r . ti .
. „Wenigſtens werden die entſchiedenen Liberalen oder bie Rabicalen, Herrn
Zittel stets den Beruf beſtreiten, Führer einer Abtheilung ber Liberalen in ver

Kammer zu ſein; fie werden ihn unter die Zahl jener Leute ſtellen, deren gutem

Willen unb deren Fähigkeiten der Muth mangelt, in wichiigen Fragen über die
schönen Worte hinauszugehen und welche anberſcits auch ſchöne Worte und
Versprechungen als baare Münze annehmen. Endlich werden die Radiealen Herrn
Ziltel die Fähigkeit zur Führerschaft einer politiſchen Partei auch aus dem Grund
beſtreiten, weil er, der ohne Empfindlichkeit viel öffentliches Lob hingenommen
hat, bei öffcnilichim Tadel mit Preisgebung aller der Sache ſchuldigen Rülkſich-

ten, blos ſich selbſt in seiner Kammerwirkſamkeit in ein beſſeres Licht zu ſtellen

sucht, märchenhaſt aus der Haut fährt, Zeter ſchreit und stalt auf Gründe .
zu fußen, mit „jugendlich“, mit » Stubenten“, mit „Meinungsterrorismus der
Journaiißtik‘/ um ſich wirft, und sich damit das Urtheil seiner Unfähigkeit als

öffentlichec Mann ſelöſt unterſchreibt. : ! ..
Heidelberg, 29. Okt. Unvorhergesehene Hinderniſſe haben Herrn Hof-
gerichtsdirecior St ab el in Freiburg veranlaßt, ſeinen Ruf hierher als Lehrer
des sranzöſiſchen Rechtes ni <t anzunehmen, was hier bedauert wird. – Dem

Geh. Kirchenrathe Dr. Paulus, welcher, obgleich über 86 Jahre alt, noßhV

körperlich und geiſtig kräftig iſt, überreichte in dieſen Tagen, als Vorſtand des Comites,

Herr Profeſſor von Reichlin-Meldegg ein Exemplar der ihm zu Ehren gepräüäenn.
Münze in Silber und ein anderes in Bronze, mit dem auf weißem UAtlaß gen.

druckten BVerzeichniſſe sämmtlicher Freunde und Verehrer deſſelben. (Schw. M.)
serer Prißzuſtände liefert folgendes Curioſum. Aus Berthold Auerbah's

Gevattersmann für 1847 sollte das Stückleſn „Vom deutschen Raucher«
| in der Badzeitung (Cin einem babiſchen Blatte) abgedruckt werden, wurde ale
vom Censor geſtrichen. Auf erhobene Recursbeſchwerde wurde der Redacieann.

von der Regierung der Beſcheid: daß die erhobene Beschwerde unbegründet

sei. ~ Auf solche Weiſe vergehen freilich einer Redaction die Gelüfte nach Re. §.

cursbeſchwerden. .. (Mannh. IN
Von der Lahn, 1. Nov. Gegen Thiers und seine bonapartiſtiſchen

Ideen und Gelüſte hat nun Sehlo sse r das Gewicht ſeiner ſtreng ſittlißen
Ge sinnun g und ſeines wiſſenſchaftlichen Ernſtes in die Wagschale ver Gen.
ſchichtsſchreibung geleglz wie ſeyr er vaza berufen war, hatte er ſchon vor sirene.

zehn Jahren durch seine ausgezeichneten kritischen Abhandlungen über Napoleen.

und dessen neueſte Lobredner und Tatler ſattſam dargeihanz jetzt iſt im 6G.
Band seiner Geschichte des 18. Jahrhunderts bas thatenreiche Leben des Hellen.

im Zusammenhang ber Werligeſchichte bis zur Schlacht bei Auſterlitz erzählt.
Von keinem Glanze geblendet, von aller Zurückhaltung fern gibt Schloſſer der
Geiftesgröße Napoleons die gebührende Verehrung, er preift sein militäriſches
Genie und ſeine organiſirende Einsicht im Staatswesen, ſo viel auch auf Rech-
nung der Männer kommt, die der Kaiſer für seine Zwecke zu finden und zu

benutzen wußte, aber Schloſſcer verhehlt auch nicht seinen Zorn und Schmerz, "



——



daß Napoleon, der des Flitters, des Scheins und Trugs entbehren konnte,
weil er wahrhaft groß war und mit mächtiger Hand dem Geseße zur Allenn.

herrſchaft zu verhelfen vermocht hätte", an die Stelle des Volkes ſein I c< ſetze,
byzantiniſchen Pomp freier Bewegung vorzog und ſelbſt unter Tallegrand's Feen

nen zu dienen nicht verſchmähte. „Er handelte nie abſichtlich schlecht, er war
oft gemüthlich unb freundlich, that wohl und förderte das Gute, wie er das

Schlechle haßte, aber die Verachtung ver erbärmlichen Menſchen und Regierun- .

gen, mit denen er zu ihun hatte, und die genialen Plane, mit denen er ſltets

umging . brachten ihn auf den Gedanken, daß alle Menschen nur als ſeine. :

Werkzeuge brauchbar seien und ein großer Zweck ſchlechte Mittel heilige. Auf
dieſe Weiſe ward er erſt Götze aller Enihuſiafien, dann Feind und Verfolger
aller Edlen.#n – Uns Deutſche zumal lehrt das Buch Schloſſers, wie der Vero
luft des Nation algefühls, Uneinigkeit und Mißſtände im Inuern das Un-
glück über unſer Bolk hereingeführtz der folgende Band wird zeigen, wie die
Regierung im Bunde mit der Volkskrafi, wie das wiedererwachte Nationalze-
fühl und die Eintracht uns geweckt und einen schönen Morgen heraufgeführt,
zum Beleg, daß die äußere Politik von der innern abhängt und man nicht
mit Gervinus von ſener reden und von diescr ſchweigen darf. (Frankf. O. Z]

Schwerin, 25. Okibr. Der November, unſer Landtags-Monat, iſt vor
der Thür, und bei der immer reger gewordenen Theilnahme des Publikums an

yolitiſchen Dingen überhaupt und insbeſondere auch an Mecklenburgieis iſt wohl

zum Theil die Art und Weiſe, wie aus tem Schooße der Berſammlung dem

Einwande des Commiſſairs begegnet wurde.

Der Herzog wies darauf hin, .

daß nicht bloß der ſtändiſche Wirkungskreis ſchon oft über die vom Commiſſair
gezogene enge Gränze, nicht im Wideiſpruch mit dem Gisct,, hinausgegangen,

ſondern daß namentlich auch unier ten Augen des Regierungsorgans und mit

deſſen Beifall seiner Zeit der (berüchtigte) Al green -U s sing’ s < e Staats- [c : | |
ſchon j t an innerlichem Zwiſte siechen und ermattenden Gegner eine erprobt

einheitsantrag in der Viborger Stände-Berſauuulung diréct gegen die Herzog-
thümer geſtellt und durchgeführt sei; ver Redner proteſt.rte förmlich gegen eine

solche verſchiedengeſtaltete Hermeneutik ter Regierung. Sthärfer nech sprach

der Kloſterprobſt Graf von Reventlow- Jers b eck über vieſen Punkt sich aus ;

er meinte unter Anderm, wenn das so fortgehe, ſo würde man am Ende noch

Neigung erhalten zum ~ Auswandern!

.

bisher kaum ein Landtag dageweſen, welchem mit so gespannter Aufmerksamkeit
und so großen Erwartungen entgegen gesehen worden, wie dem diesjährigen.
Den Parteien gilt es diesmal bei den Wahlen zum engeren Ausſchuſſe eine
Haupiſchlachi zu liefern, und wenn man auch glauben sollte, daß die bürgerli-
<.n Gutsbesitzer heuer Alles daran setzen würden, dies.nal den Sieg zu errin.

geu, vamit ihr lange erkämpftes Recht auch endlich einmal eine Wahrheit werde.

ſo wird roch, soweit bis jetzt die Sachen ſich überſehen laſſen, der Abel wahr-

ſcheinlich auch diesmal das Schlachifelo behauptenz denn er hält dem juueen.

. . %

zähe und geſchloſſene Phalanx entgegen und hat ſeinen Generslſtab überdies
burch einen begabten jungen Ritter vou Hohenkirchen verſtärkt, auf deſſen Ta-
lent zum Operiren und Plänkeln sowohl, als zur Anlage von Schlachiplänen,

man nicht geringe und nach ven unlängſt dargelegten glänzenden Proben vm
| ſellener Dialektik und ſchneidender Satyre, auch nicht unbegründete Hoffnungen
| bauen darf. Und wahrlich, die unlängſt kundgegebene bedenkliche Spaltung im

Lager der Bürgerlichen wird dem jungen Feldherrn nun gute Gelegenheit geben.

Aus dem Wadiſchen. Einen neuen Beitrag zu der Troftloſigkeit unn.
 
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