Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mannheimer Abendzeitung — 1847

DOI Kapitel:
No. 237 - No. 266 (1. September - 30. September)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44009#0973

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
_ w Jm Hinblick auf die
v. Struve's neueſter „Deutscher Zuſchauer-- u. A.. Folgendes;

. vt hleibt uns außerdem zu wünſchen übrig. Wir erwähnen z. |





A bonusment in Mannheim halbjährlich



; Deutschland. . g dau. di
Waplen für den nächſten badischen Landtag bringt
Durch halbe Maßregeln läßt ſich eine Syſtetnsänderung nicht herbeifüh-

ren. Nur dadurch, daß die entſchiedenſten Männer des Landes in die Kam-
mer geschickt werden, kann diese ihren alten guten Klang, welchen der erfolg-

lose Ausgang des vorigen Landtages in Gefahr brachte, wieder gewinnen.

Es handelt sich darum, die uns geseygmäßig zukommende Preßfreiheit in's
wirkliche Leben überzuführen. Dieses kann nur dadurch bewirkt werden, daß
© jede Steuer verweigert wird, so lange der verfaſsungsmäßige Zuſtand der Preß-
freiheit nicht wieder hergeſteltt iſe Die Verfaſſung sichert uns Gewiſsensfrei-
heit zu, eine verfaſſungswidrige Verordnung hebt diejelbe zum Nacehtheile der
Deutſchkatholiken auf. Nur dadurch kann die verfaſſungsmäßige Gewiſsensfrei-

heit gerettet werden, daß wenigstens ein Deutschkatholike in die Kammer gge-

I wählt und von dieſer als ſtimmberechtigtes Mitglied derselben anerkannt werde.

Die Verfassung sichert uns persönliche Freiheit zu. Allein unsere Polizei hat

| dieselbe vernichtet. Nur dadurch kann uns unſere verfaſlungsmäßige persön-
liche Freiheit im wirklichen Leben zu Theil werden, daß die Zahl der Polizei-

beamten auf dea dritten Theil beſchränkt, daß sämmtliche Kreisregierungen

aufgehoben, deren nothwendige Geschäfte mit denjenigen des Miniſteriums des

Innern vereinigt, deren überflüſſige Geſchäfte dagegen gänzlich beſeitizt

B. nur Geſchwornengerichte, eine gleichmäßigere Vertheilung der Abgaben, Auf-

. hebung der confesſionellen Trennung der Volksschulen, Beeidigung des ſtehen-
î den Vtrilitärs auf die Verfaſſung, Verminderung desselben und Errichtung ei-

ner Bürgergarde u. s. w. Allein Preßfreiheit, Gewissensfreiheit, und perſön-
liche Freiheit betrachten wir als Forderungen, welche nicht länger mehr hin-
ausgeſchoben werden dürfen, welche auf dem nächſten Landtage durchgesetzt

| werden müſſen. Kein Abgeordneter sollte daher gewählt werden, von welchem
| nicht bekannt iſt, daß er die Steuern verweigern wird, ſo lange nicht jene

drei Forderungen in Erfüllung gegangen sind, und kein Wahlmann ſollte ge-
wählt werden, welcher einem andern, als einem solchen Abgeordneten seine
Stimme geben möchte. Soll denn immer nur geredet, ſoll niemals gehandelt

ſie es jemais waren. Dieſer Zeitpunkt muß benugt werden. In Italien iſt

derbunde vor. In Baiern iſt Büreaukratie und Pfaffenthum mit einander
zerfallene. Die Reactionspartei hat allen Halt verloren. Jetzt gilt es , ihr
mit doppeltem Nachdruck entgegen zu treten. Der Einfluß iſt gebrochen, wel-
cen ODeſterreich früher auf die kleineren Staaten Deutschlands ausübte. Auch
Preußen kann nicht mehr, wie früher, die Anforderungen der Neuzeit zurück-

| weisen. Eine freiſinnige badiſche Kammer kann jetzt etwas durchsetzen. An dem
badiſchen Volke liegt es, eine ſolche zu wählen. Nicht weniger als 21 Sige

ſind jetzt neu zu vergeben. Werden dieſe gut besegt, so kann dem badischen

Lande, und mit ihm dem ganzen deutschen Vaterlande eine schönere Zukunft
î vorbereiter werden. s

Von der Donau, 26. Auguſt. In den meiſten Ländern concentrirt ſich
in der Hauptſtadt alles dasjenige, was der Tagespreſſe den meiſten Anlaß

| zur Besprechung gibt. In Öesterreich iſt es ganz anders, und nur sehr spo-
radiſch hat ſeither der Kaiserſtaat irgend wichtige Vorfälle zu bieten gehabt.
Selbſt unter dieſen aber fiel nur ein geringer Theil der Erörterung der po-

litiſchen Tagespresse anheim, und was die augsburger „Alg. Ztg. oder gar

der „Oeſterr. Beobachter“ brachte, war meiſt in ſo pythiſchem Tone gehalten,
daß es wiederum eines weitläufigen Commentars bedürftig war. Gegenwärtig

hat ſich die Sache in so fern etwas anders gestaltet, als der Schwerpunct
Oeſterreichs und seiner ganzen Thätigkeit jezt eben so an die italienische
Gränze gerückt worden iſt, wie er vor einem Jahre in Galizien lag. Seit
lange hat die Aufmerksamkeit der Regierung nichts so sehr in Anspruch ge-
nommen, als die Bewegungen im Kirchenſtaate Man spricht von erneuten
Truppenſendungen nach den italienischen Provinzen; es sollen sich 20,000

| Mann auf dem Marſche durch Tyrol befinden. Bei der Heimlichkeit, die in

solchen Dingen in Oeſterreich herrſchend iſt, bleibt es sehr schwer, der Wahr-
heit solcher Angaben auf den Grund zu kommen. . Cöln. 3.)
Freiburg, 2. Sept. Es verlautet mit Beſtimmtheit, daß die Eingabe

des Calendermachers Alban Stolz im erzbischöflichen Convict dahier, worin er

ich um einen Lehrſtuhl an der hiesigen theologiſchen Fakultät bewirbt,

von Großh. Miniſierium des Innern an das Prorectorat der Universität

| zum Bericht gekommen iſt, und daß bereits Facultäts- und Senats-Sigung hier-

wegen gehalten wurde. Wir bemerken vorläufig nur, daß der Autor des be-
rüchtigten Calenders nur an den Herren Hirſcher und Schleier entschiedene
Wortführer für ſeine Bemühungen im Intereſſe der geiſtigen Jugendverdum-
mung und Verkrüppelung hat. - (Oberrh. 3.)

î Aus dem Königreich Sachſen, Ende Aug. (Beeinträchtigung
ver ſtädtiſchen Wahlfreiheit.) Trotz einiger Vorgänge der Nichtbeſtäti-

gung ſtädtiſcher Wahlen, welche auf freiſinnige Männer gefallen, hat jegt die

bedeutendſte Stadt der Lauſitz, Zittau, den der entschiedenſten Seite der Kam-
mer angehörenden Abgeordn. Hensel 11I. zum Stadtrath gewählt. Dem Abg.

Dr. Schaffrath iſt die Beſtätigung zu seiner Wahl in eine beſoldete Rathsſtelle

verſagt worden; dies um ſo auffälliger, als die Nichtbeſtätigung ihm nur den
Gehalt nimmt, nicht sein Amt und seine Wirksamkeit. Die Gründe, womit
ſich die unteren Regierungsbehörden zu decken gesucht, werden von Niemand
geglaubt, sie ſind an sich unbedeutend und haben sich sogar als thatsächlich un-
richtig erwieſen. Der wahre Grund iſt in seiner politischen Stellung zu su-
<en, in welcher er am vergangenen Landtage eine Motion gegen eben jene,
und natürlich zunächſt hier eigends vorgeſeßten Verwaltungsbehörden, wegen

Sonntag, den %. September.

u , 2 sl. 46 kr., durch die Pofi bezogen im ganzen Oroßherzogihunr Baden
halbjährlich 5 fl., im Ausland erhöht fich vas Abonnement !: [ .
@Inlſerate die gespaltene Zeile in Peiltſchrift over deren Raum vier Kreuzer. Briefe und Gelder: frei einuſenen..

NO m

R

| . werden ? Die Verhältniſſe Europas ſind dem Fortſchritte jezt günſtiger, als |

Krieg ausgebrochen zwiſchen den Bannerträgern. der weltlichen und der kirche |
lichen Stillſtandspartei (zwiſchen Oeſterreich und dem Papſte). In der Schweiz
bereitet ſich ein ähnlicher Kampf zwischen der Eidgenoſsenſchaft und dem Son-

tigere Dinge zu bekümmern, als um Ausübung ihrer politiſchen Rechte.

geheißen worden war, wie man ſag.t,)

dienſt zurückbehalten.







Dp

um den Poſltaufſchläg.

E D



Mißachtung des bestehenden Rechtes nicht nur, sondern selbſt Unkenntniß deſ-

ſelben, wegen Uebermaßes von Will?ür und Langsamkeit begründete und die
Zuſtimmung der Kammer fand. Diese Nichtbeſtätigung eines der ausgezeich-
netſten und fähigſten Männer des Landes hat wegen der Freiheit des den
Städten zustehenden Walhlrechtes besorgt gemacht. Es ſind jedoch nur die un-
teren Behörden, welche bis jetzt entschieden haben und der Miniſter v. Falkeno
stein, in teſſen Händen die legte Entscheidung jetzt nach /.jährigem Verzuge

liegt, denkt viel unbefangener und freier, als seine Verwaltungswerkzeugez ee
wird vielleicht noch das Gewölk zerſtreuen. Rückſichtlich Hensel's kaan mum

schon jezt mit Bestimmtheit annehmen, daß er beſtätigt wird; obschon er in

seinen politiſchen Beſtr ebungen ſelbſt noch weiter geht als Schaffrath, so iſt e

doch zu ideal, meiſt nur in Prineipien ſich ergehend, als daß er kleinen em-

pfindlichen Geiſtern je so verhaßt werden könnte, wie der practiſche, specialiſie. -

rende Schaffrath. cc(Weſe3tg]gge-

Bingen, 29. Auguſt. Es iſt wahrhaftig beklagenswerth, wie wenig |
politiſcher Sinn und Theilnahme an öffentlichen Dingen eigentlich in vielen

Orten Deutſchlands durchdrungen hat. Für Bingen z. B. waren die Tage

. vom 25. bis 28. -Auguſt. zur Wahl der Bevollmächtigten angeſezt, die unſere.
Landtags - Abgeordneten zu küren haben. Wir beſiten 1000 stimmfähige Bür-

ger – ihre Stimmen abgegeben haben jedoch nur 324! Da zwei Drittel

der Stimmfähigen (jeder Bürger über 21 Jahre, welcher in der Gemeinde

wohnt, iſt ſtimmfähig) nun gesetlich gestimmt haben müſsen, widrigenfalls an-
genommen wird , die Stadt habe auf die Wahl eines Landtags - Abgeordne-
ten verzichtet, ſo würde Bingen dieſes Mal keinen Vertreter beim Landtage

haben, wenn die Stadtbehörde nicht den Wahlverein nicht um zwei Tage his -

nausgeschoben und alle Bürger nochmals dringend zur Antheilnahme aufge-
fordert hätte, Freilich kann auf der anderen Seite nicht geläugnet werden,
daß unser complicirter Wahlmodus das Intereſſe am Wählen bedeutend abe
qwtht . n. 28. Auguſt. Hr. . ? (:

erhalten habe, insofern widersprochen als er freiwillig é? u uu :

„Die Philifter fressen fich dick und feiſttee.
Sie wissen beim Teufel was Freibeit heißt!‘.
ſind noch nicht beendet; die Aufforderung
des Kreisrathes hat Nichts geholfen. Unsere Urw ähl er haben sich um wich-

eingekommen sei.

*4* Gießen, 3. September.
Die Bevollmächtigten-Waßÿlen

hilft doc nichts!’ ſagen sie und dabei bleibts. Wenn nun der Kreisrath

nicht die Polizei von Haus zu Haus ſchickt, um die Wahlzettel abholea zu

laſſen, und um so die geseglichen 2 Drittheile zuſammen zu bringen, wozu er,
sſo viel ich weiß, geseglich nicht verpflichtet iſt, ſo wird Kanne-Gie ßen dies-
mal nichi vertreten werden. Dies aber wäre insofern ſehr Schade, als die
Mehrheit derjenigen, welche sich hier um die Wahlen intereſſiren, den edlen,
t stewrtest zciſreahen und klaſſiſchen Profeſſor Hill ebr and zu ihrem
Mann erkoren haben. ...einen. ,

Die Abdankungsgeschichte unseres Jesuiten-Generals u. Linde wirv vo
Tag zu Tag intereſſanter. Es ſtellt sich jegt mehr und mehr heraus, daß diese
Abdankung nur ein kokettes Manöver gewesen iſt, durch welches er ſich in seis

ner Allmacht nur noch mehr befestigen wollte. Schon voriges Jahr hatte Hr. . ;

v. Linde einmal abgedankt, (weil er von dem Erbgroßherzog, dem als einem -

offenen soldatiſchen Gradaus diese Linde'sſchen, durch Credner enthüllten Je-

suitenſchliche im höchſten Grade zuwider ſind, an offener Tafel ein „Jeſuit
und seine Abdankung war höchſten

Orts angenommen worden. (L/, ) . qu? .g u .
Da aber kam die Erklärung der 26 Lindemänner (oder Lind wür mer,
wie man hier ſagt,) und Linde wurde auf Betrieb des Prinzen Emil im Staats.

Motive liegen auch diesmal der ſimulirten Abdankung .
Linde's zu Grunde, ganz die gleichen Manöver werden auch diesmal versucht.
Linde ſchmollt nurz er fühlt ſich gekränkt, daß Credner, ſtatt all’ der ereme
plariſchen Strafen, auf die er (Linde) angetragen hatte, vom Miniſterium nur
einen gelinden Verweis darüber erhalten hat, „daß er Universitätsakten ver-
öffentlicht habe, ohne dazu die vorgeſchriebene höhere Erlaubniß einzuholen"),
daß er alſo in der Hauptsache Recht behalten hat, und nur wegen eines unbe-

îKGanz die gleichen

deutenden Nebenumſtandes getadelt worden iſt. Um ſich dem Miniſterum nn.

als eine köſtliche, wichtige, unentbehrliche Person, als eine Stütze des Staates
und der Ordnung, als einen Mann, der die Liebe und das Vertrauen der

Weisen und Edlen des Landes genieße, bemerklich und nothwendig zu machen,
iſt dieſe Demiſſion mit Verzichtleittung auf jede Penſion eingereicht worden.

Aber zu demselben Zweck zirkulirt nun hier in Gießen . eine von Linde provor

zirte Petition an den Großherzog, „man möge doch dieſen hochverdienten uw
-:: Staatsmann ſeiner bisherigen segensreichen Wirkſamkeit nicht ente ..

Aber ach! diese Petition will nicht ziehen und es scheint, als werde dieſes

elende Jeſsuitenmanöver diesmal kläglich in die Brüche fallen. Der berühmte

und einflußreiche Juſtus v. Liebig nämlich, der ſich früher zu Linde gehalten
hatte, um denſelben, wie man zu seiner Entſchuldigung sagt, zur Förderung
seiner großartigen naturwissenſchaftlichen Bestrebungen zu benugen. lebt in die-
sem Augenblick in sehr gespannten Verhältnissen mit seinem ehemaligen Freund*)
und da iſt denn auch den anderen Lindemännern das Herz, wenn ſie eins ha-
ben, in die Schuhe gefallen. Die Unterzeichnungen sind so kläglich pauore
ausgefallen, daß man die Petition möglicher Weise gar nicht abſenden, viels
leicht ihre Exiſtenz ſpäter ganz in Abrede ſtellen wird. Gleichwohl aber zirkue
lirt dieſe Petition, wenn auch sehr heimlich, wenigstens zirkulirte ſie
noch g e ſtern. Als eins der Verdienſte Linde's wird darin hervorgehoben,

vu. Linde, der nach kurzem Aufenthalt unsere t
Stadt wieder verlaſſen, hat hier der uns zuerſt durch die Kölniſche Zeiiunn.
gebrachten Nachricht, daß er seine Entlaſſang aus tem heſſiſchen Staatsdienſte.

"Es.
 
Annotationen