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Mannheimer Abendzeitung — 1848

DOI Kapitel:
No. 2 – No. 31 (2. Januar – 31. Januar)
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Inſerate die gefpaltene Zeile in Petitſchrift ode






zer. — Briefe und Gelder: fret einzuſenden.





* Deutſchland.

Cartsruhe, 10. Jan. In allen Geldverhaͤltniſſen herrſcht hier ein ſo
unbeſchreiblicher Schrecken, daß ſogar der Verwaltungsrath unſerer höchft ſo-
liden Privanparkaffe, die ein auf Hypoitheken und Faͤuſtpfänder notoriſch voll-
kommen belchertee Vermogen von mıyr als 600,000 fi. bejißt, ſich veranlaßt
ſah, das YPublikum uoer die Finanzen zu beruhigen. (Ochw. M.)
Fraakfurt, 7. Jan. Die „Weſer -Zig.“ bemerkt uber das Verbot
des Turnvereins, daß es unheimlich kunge und an die 20er und 30er
Jahre erinnere. Anlaß zu dieſem Beſchluß ſoll der Umſtand oder vielmehr
die Behauptung gegeben haben, daß ſich die Turngemeinde mit politiſchen
Beſtrebungen befaßi habe,
welches dieſen Sommer hier gefeiert werden foll und ſchon gehöriz vorberei-
Luin, ſoll von einem Interdict dedroht ſein. Daſſelde kam ın der großen
Rathsverſammlung vorgeſtern zur Sprache; es wurde von einigen Seuͤen


in hieſiger Stadt wenig geeignet feien u. ſ. w.; ein Beſchluß iſt noch nicht
gefaßt. Es iſt recht traͤurlg, daß man’s nun im Kleinen verfuchen will, nach-
dem die Reactionsverſuche um Großen geſcheitert ſind. Trotz Bundestagebe-
ſchuſſen, Ausnaymegeſetzen, Interdict und Cenfur iſt das Jahr 1847 doch
gekommen und vorudergegangen und hat mit jeinen gewalugen Ereigniſſen
ein großes Blatt der Weligeſchichte beſchrieben. Laſſe man drum die Turner
und die Sänger vernehmen. —
Abus der Pfalz. Gemäß einem Reſcript des Miniſteriums des Innern
für Kuchen⸗ und Schulangelegenheiten und einer Vtitiheilung deſſelben von
Seite der tonivl. Kreioregielung an die königl. Landceminiffariaͤte vom Wonat
Julius, des Juhalis: „es ſey die Wahrnehmung gemacht und auf amtlichein
Wege angezeigt worden, daͤß verſchiedene geiſtuͤch? Bundniffe unıer der Bes
nennung der Bruderſchaften, Congreganonen, dritten Orden 2c. ohne alle welt-
Iche Muwurtung und borigteulicht Uulorıyalion entſteyen, und eihe umfaſfeuͤde
Wurkſamkeit, voizugsweiſe unter der Jugeud, unter Dienſtboten 26 entukeln,u


ionsuikunden einzuſordern, und die ohne Genehmigung veſtchenden Congtega-

handelt es ſich zunechſt um eiue um Jahr 1545 miuelſt biſchöflicher Inſtruction
und eines ſie begleuenben Hirtendrieſs eingefuhrte „Bruderſchaft vom hochhei-
ligen und undefledten Herzen Vtaͤriů zur Beteyrung der Sunder.“ Die Ein-
führung dieſer Bruderſchaft war offentlich geſchehen; die ebengenannten gedruck-
ten Urtunden wareu an alle Pfarrer ergangen, dieſe mußten ſie von der Kan-
zel herad den Kirchengemeinden vorleſen! zuͤr Gründung von Filialbruderſchaf-
ien aufferdern, die u zur Theilnaͤhne Anmeldendın auſzeichnen, und nach
Ermitteiung einer gebörigen Anzadl Bruder chafısmitglieder die Einverl. ibungs-
urkunde bei der biſchoſlichen Behorde erwuken, woruͤach dann die Filialbruder-
ſchaft „nicht mit der ın der Klonerkirche der Dominicau rinnen zu Speyer, ſon-
dern auch mit der in der Kirche zu Unſrer neben Frau vom Siege ın Paͤris
deſtebenden, von dort aus uͤber den ganzen Erdtreis verbreiteten Erzbruderſchaft
in Verbindung ſtehend ertlart wurde. In den meiſten Kirchen ſind — der
Inſtruction gemaß — die Einverleidungsurfunden, in Rahmen gefaͤßt, aufge-
aͤngt. '
Ü — Heſſen. Die jüngſt berichtete Ausweiſung des Studioſus Fendt
aus Lautervach wird durch eine öffentliche Erkiarung deſſelben (im Frantf.
Journah deſtäuigt. Fendt hatte aur Wechnachten ſeine Verwauͤdien ın Lauͤ—
terbach bejucht, als ihm der großyerzogl. Landrath Fröyplich eröffnete, er habe


rie „per Schub“ fortgeſchafft werden wurde. Als Motiv gab der Beamtete
an, 6S ſei zu vermuihen, daß Fendi's Reiſe den Zweck haͤbe, Notizen über
die Lauterbacher Beamieten zu ſammeln, um ſie dann öffenilich zu verhöhnen;
auch habe Fendt fruher die Siadt in aufrübreriſchen Bläuern lächerlich gemacht,
und ſei daͤher eine jo gefäͤhrliche Aufregung aller Gemülher gegen ihn zu fürch-
jen, daß die Pohzeı für ſeine perionuqe Sicherheit nicht mehr einſtchen fönne ]“
Eine angeboiene Burgſchatt dortiger Emwohner wurde abgewieſen, und als


Gensdarmen auf dem Schub nach Nidoa transportirt. Solche Vorfalle Genn
auch in Kurheſſen iſt eine Abıliche Ausweiſung zu gleicher Zeit vorgekommen)
bringen dem deutſchen Namea weder Bortheil noch Ehre. Schimm genug,
daß wir ſtatt eines gemeinſamen deutſchen Burgerrechtes emige dreißig Lander
haden, deren jedes das andere als Ausland betrachtet und behandelt; was
ſoll man aber dazu ſagen, daß nun noch einzelne Poltzei- und Verwaliunge-
diſtrilte ein abgejonderies Ajyl- und Ausweiſungsrecht gegen einheimeſche Staais-
bürger üden? Ware es nicht Pflicht der Preſſe, dergleichen zur Sprache zu
bringen, ein ſehr naturliches Gefuhl könnte Einen abhaͤlten, davon nur zu re-
den, damit dem nichtdeutſchen Ausland Nichts davon kund werde.

79 Beriin, 10. Jan. In acht Tagn tritt der Vexeinigte Aus-
ſchuß zuſammen; ſeit dem 29. Dez. arbeıt.t ihm eine Kommiſſion vor, welche


bevorſt henden Unter-Candiag ſind die Gemüiher gar nicht, theils weıl ſie nichts
Beſonderes in Bezug auf die Geſammtlage dee Landes erwarten, theils weil
ihre Theilnahme auch anderın deutſchen Ständeſitzungen zugewandt iſt. Man
kann jazen, ın Deuiſchland fer immer Landiag, und doch wolle es nicht recht
tagen; gerade ſo wie man aus den 38 deutſchen Ländern ein halbwegs cıns
ſurfreies für jeden Gegenſtand herausſuchen kaan, ohne deß Deutſchland Preß-
freiyeit befäße. Od unjer BVereinigter Aueſchuß ſich meihald feines ver-
geſchriebenen Tagewerks halten oder Kopf und Arme über die — und ho-
yen Schranken unſrer behutſamen und kunſtreichen Februar⸗Patent⸗Verfaſſuag
cmporſtrecen werde, daruder verlauten bis jetzt bloß ſchwankende Gerüchte.
Linige wollen wiſſen, daß ſchon die vorbereitende Kommiſſion den Antrag zu





ſtellen beſchloſſen habe, der Ausſchuß möge die Zuziehung des Vereinigten
Landtags vor Erlaß des Strafgefetzes befürworten, beziehentlich als unerläß-
lich bezeichnen. Die Zuſammenſetzung des Ausſchuſſes rechtfertigt ſchwerlich
die Erwartung, daß ein ſolcher Antrag die Vlchlheit erlange. Uerber die
Pflicht aber und den Beruf des Vereinigten Ausſchuffes kann Yıemand zwei-
feihaft ſein, der ſich die Natur der Sache einerfeits und unfer Staatsrecht
andrerſeits vergegenwärtigt. Ein neues Strafgeſetz für 16 Mit Menſchen
iſt gewiß ein Gegenſtand erſter Wichtigkeit, bei deſſen Erledigung ein Laudlag
zweiter Klaſſe nicht geziemend ſcheint. Wo es um daͤs Wohl und Wehe von

Meillionen geht, da muß die vollſtändige Volksveriretung mitwirken und ſte
kann und darf ihre Arbeit keinerlei Stellvertreteru anheimgeben. Derſelbe

Brundfatz greift bei allen Angelegenheiten von allgemeiner Bedeulung Platz.
Jede Nutzlichkeit indeſſen wird vom Rechte weitaus uberragt. Es iſt im
Widerſpruch mit dem beſtehenden Staatsrechte, wenn ein Aueſchuß die Befug-
niffe der allgemeinen Landſtande ausübt. Die Geſetze von 1815, 1820 und
1823 ſtehen felſenfeſt gegründet, ſo lange ſie nicht durd Vereinbarung der
Kroue mit den Reichsſtaͤnden abgeändert dder aufgehoden ſind! Ihnen zufolge
wohnt das Begutachtungoͤrecht für alle auf Perſonen und Eigenthum bezuh-
liche Landes-Geſetze den Reichsſtänden bei. Das Bedürſniß der Gegenwalt
weiſt darauf hin, daß die Srände und ihr Auftraggeber, das Volk, das. reime
Zuſtimmungsrecht exiangenz und nun ſollten fie gar in eine Entziehung oder
Schmaͤlerung des bloßen Begutachtungsrechtes mwilligen? Wir beſitzen in der
That nur ein heſcheidenes Maß von ſſtaalsbürgerlichen Rechten; um ſo drins
gendex iſt die Pflicht eines Jeden, den es angcht, von diejem Fkeinen Schatze
auch kein Körnchen zu verſplittern oder auszuliefern. So möge denn der Bır
einigte Ausſchuß am 17. Jan. unſern frommen Wunſch wenigſtens hören, daß
der Geiſt des Geſetzes vom 17. Jan. 1820 uͤber ihn komme und ihn zu ei-
nem Bollwerke des poſitiven Rechies mache, nach welchem kein Ausſchuß ſon-
dern lediglich der allgemeine Landtag über die allgeineinen Geſetze beratpen

darf. Beweiſe der Ausſchuß, daß die Partei des Fortſchritts beffer zu koͤn—
ſerviren verſteht, als die Koͤnſervaͤtiven. — —

— 9 Jan. Vor einigen Tagen war der Prediger Uh L i ch in Beglei-
tung zweier Deputirten der neuen magdeburger Gemelude hier, um den Her-

zuſtellen, welche durch die verzögerte Beſtaͤtigung des Staats eine ſehr pein-
Iche geworden iſt. Trauungen und Taufen fönnen nicht geſchehen, der Kon-
firmandenunterxicht kann nicht beginnen und Unorduungen aller Art muͤſſen die
Folgen ſein. Die Deputation ſtellte den Herrn Miniſtera beweglich vor, daß
es vor Gott und Menſchen nicht zu verantworten ſei, der Gemeinde, die




Genehmigung zu verzoͤgern, ſo daß ſelbſt der Goͤtteoͤrienſt koden muͤſſe weil
die Geneymigung fehle, der Gemeinde, die 2000 Familienväter zayle, eine
Kirche einzuräumen, wie die ſtaͤdtiſchen Behörden dies beſchloſſen hätten. Beide
Hrn. Miniſter entſchuldigten die Zögerung mit dem Umſtande, daß, da die
Treunung in Magdeeurg der erſte Fall fei, ſie denfeiben zur Genehmigung
ins Kabinet gebracht haͤtten, woher noch keine Autwort erfolgt ſei. Hr.
Eichhorn verſprach die Abhulfe dinnen 8 Tagen und ſprach ſein Bedauern
dabei aus, daß die Diſſendenten nicht bei der Staatskirche verharrten, indem
er zugleich zur Mäßigung ermahnte. Man begreift nicht, weshalb die Ge-
nehmigung der Gemeinde dem Könige vorgelegt wurde, da das Patent nichts
davon enthält, muß alſo annehmen, daß er die Vorlage befoylen bat.

Die Befürchungen, daß auch in der Hauptftadt, in Folge der neuen
Konſinorialorganiſation ſich eine freie Gemeinde bilden werde, ſind wenigſtens
für jetzt völlig unbegründet. Br. 3.)

Bom Rhein, 8. Januar. (Trierſche Ztg.) Die Weigerung des zum
Tode verurtheilten Hrn. v. Mierolawsti, die Gnade des Konigs anzurufen,
hat, der poienfreſſeriſchen Leipziger „Allgemeinen“ wieder Gelegenheit gegeben,
die Suͤche dieſer unglucklichen Nation mit dem Geifer verſteckien Hohns zu be-
ſpritzen. „Es liegt,“ ſagt das würdige Blatt des liberaͤlen ſächſiſchen Volks-
deputirten Brockhaus, „bei dieſer Weiherung die auch von andern Polen nicht
ſelien ausgeſprochene Anſicht zu Grunde, daß das Fallen von Opferu für die
Sache der polniſchen Nationolität nothwendig ſei, und daß dadurch die alte
Wunde, um deren Helung es ſich handelt, noch fortdauernd offen erhalten
werden muͤſſe.“ Das heißt: Hr. v. Mieroslawski hat es „ausge prochen,“ daß
er den Tod um deswillen verlange, damit ſein vergoffenes Blut in ſeinem
Volke das Gefühl der Unterdruckung wach erhalte und dem „Haß gegen die
Deutſchen“ neue Nahrung gebe. Die abgeſchmackte Behauptung reiht ſich wür-
dig an jene perfiden Bosheiten, durch welche Berliner Berichterſtatter, welche
die dortige „Zeitungehaͤlle! gradezu als bezahlte Polizeiagenten bezeichnete, ſchon
vor dem Prozeß Antipathien der Deutſchen gegen die unglücklichen Gefangenen
erregen wollien, an jene Erzählungen nämlich, wonach die polniſchen Demo-
kraten in den deutſchen Orten die Brunnen zu vergiften und alle Deutfhen zu
ermorden beabſichtigt hätten, Verdächtigungen, deren ſchamloſe Lügenhaftigteit
längſt durch die offentlichen Gerichis-Verhandlungen gebraudmartt iſt. Wenn
Hr. v. Mieroslawoli die Vollſtreckung des über ıdn ausgeſprochenen Urtheils
begehrt, ſo liegen für dies Verlangen natürliche Erklärungen zu nahe, als daß
man ohne verſteckte Parteizwecke nöthig hätte, daſſelbe aus Haͤß und Rachſucht
herzule ten, und ſomit auch noch den Verurtheilten mit Steinen des fanalilchen
Nationalismus zu werfen. Wir wollen hier nicht von der Härte des richter-
lichen Erkennmiſſes an ſich ſprechen; aber um die Gelühle der Verurtheillen
über dies Erkenntniß zu erklären, muß man ſich auf den Standpunkt derjelben
verfegen können. Dem Begriffe der Strafe muß der Begriff der Strafbarkeit
vorausgehen, und Strafbarfeit oder morallſche Verantworilichkeit wird nur
beſtimmt durch die Vorausſetzungen, unter welchen eine Handlung begangen
worden. ;

Die polniſche Demokratie aber ſteht in dem Verhältniß Polens zu den





drei Maͤchten nur als Verhältniß eines beſiegten Volkes zu den fegreiche


 
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