Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mannheimer Abendzeitung — 1848

DOI chapter:
No. 2 – No. 31 (2. Januar – 31. Januar)
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.44565#0081
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext







Donner ſtag, den Zc. Januar.





halbfährlich 5 fl., im Ausland erhöht ſich das Abonnement um den Pofkauffchlag.
Inſerate die gefpaltene Zeile in peüttchriſt oder deren Raum vier Kreuzer. — * und 4 frei einzuſenden.

— — — 4

f 1848 Abonnement in Mannheim halblährlich 2 fl 48 fr., durch die Poſt bezogen in ganz Baden
| * 2 +











4 Deutſchland.
*S” Karlsruhe, 18, Jan. Viele meinten, daß dem Hauſe Haber von

der Regierung unmittelbar aufgeholfen werde, und daß in Folge davon

der Fortbeſtand der keßler'ſchen Maſchienenfabrik, der Spinnerei zu Ettlingen

macht hat. Aber wie furchtbar erſcheinen die ruſſiſchen Vorgänge erſt dann,
wenn man die Worte eines kaiſerlichen Flügeladiudanten daneben hält, die er
öffentlich vor großer Verſammlung in Livland ausſprach: die Plane des Kaiſers,
ud, ſeines Herrn ſeien viel zu groß, als daß es ihm bei Durchführung derſelben
und der Runlelrübenzuckerfabrik zu Waghäufel von ſelbſt geſichert ſei. Sodann auf das Lehen von ein paat hundert deuiſchen Baronen in den Oftfeeprovinzen
glaubten Viele, das Haus Haber dürfe nicht fallen, weil mit ihm der Wohl— ankommen könnte! *
fand und der Ruin vieler Privatleute zuſammenhänge. Für dieſe Anſicht ſtri⸗ Die B. N. bringen die ſehr merkwürdige, kaum glaubliche und jedenfalls
ien Diejenigen, welche die Zahlungseinſtellung Haͤber's als eine Folge roth⸗ beiſpielloſe Neuigkeit, daß der Generalgouverneur von Kaſtroma, Hr. v. Gri-
|

ſchilderiſcher Operationen gegen die deutſche Induſtrie anfahen. . Zhr entge: goriew, deßhalb ahgeſetzt worden, weil er eine willkürliche Einfperrung mehrea
gen waren Einige, welche von „Kornfpekulationen“ bes Haufes Haber rer unſchuldigen polnifchen adeligen Familien ſich hat zu Schulden fommen laffenz
munfelten, und über feinen „großen Aufwand“ ſich ſtandaliſirten! letztere haben ihre Freiheit bertits wieder erhalten. ;
Auf der andern Seite wurde die Meinung laut, man müffe Haber fallen x Aus Kurheſfen, 16. Jan. Die, Köln. Ztg.“ (und nach ihr ans
laſſen. Zwar könne daraus manchem Privatmaͤnn ein erheblicher Schaden erz dere) het die muthmaßlichen Abänderungen unſerer Virfaſſung bezeich--
waͤchſen. Aher der Stagt dürfe eben nicht durch hülfreiches Einſchkeiten zu net. Wir trauen zwar der Commiſſion, die deßhalb niedergeſetzt ift, alles
Gunſten dieſes Bankhauſes das Fundament zu neuen Schwindeieien legen. Mögliche und noch einiges Unmoͤgliche zu; allein Vorſchläge, wie der auf Er-
Man habe in letzter Zeit übel genug vermerkt, daß es in Folge des allgemei- höhüng der Dienſtzeit um fünf Jahre, würden doch Alles überſchreiten, was
nen Vertrauens auf die Solidität der Bankhäuſer dem Privatmann faſt un- man nur erwarten kann, und wir haben deßhalb keine Angſt davor. Am Ere
moöglich geworden ſei, Häuſerkapitalien zu erlangen. Ein Eympel müſfe da- ſten glauben wir noch an die Abſicht, das Zweikammer-Syſtem einzuführ
her ſtatuirt bleiben, zum Nutzen aller reelleren Verkehrsbeziehungen. Somit Man ſcheint in gewiſſen Kreiſen ſich Wundex davon zu verſprechen. S
ſollten die Staatskaſſen nicht für die Bankhäuſer, wohl aber fuͤr die bedrohten Hoffnungen ſind aber unſerer Anſicht nach ſehr überſpannt. Zwar hat das
Fabriken geöffnet werden. Denn die Fabriken beſäßen auch eine große Arbei- Einkammer-Syſtem ſeine guten Seiten; es empfiehlt ſich beſonders in kleine-
4 ſerſchaft, ein Proletariat, das man nicht unbeſchäftigt laſſen könne; zu- | ren Staaten, theils wegen ſeiner größeren Wohlthätigkeit, theils durch eine
mal in dieſer Winterzeit. Ein erwerbloſes Proletariat ſei bekanntlich „ge- größere Einfachheit des Mechanismus. Es fragt ſich aber ſehr, ob nicht der
fährlich“. Fortſchritt in Kuxheſſen mehr dabei gewonnen hätte, wenn zwei Kammern be-
Auf den erſten Blick ſcheint eine große Verſchiedenheit zwiſchen obigen ſtanden, als bei Der gegenwärtigen Einrichtung, und es iſt nicht unwaͤhrſcheiulich,
beiden Anfichten zu herrſchen. Kundige verfichern inbeß, daß durch die Unes | daß fih diejenigen, welche durch eine derartige Beränderung zu gewinnen mei-
terſtützung der drei Fabriken au dem Haufe Haber weſentlich nen, fih am ſchlechteſten dabei ſtehn, würden. Gleich wie der Feind am ge-
wieder aufgeholfen ſeéi. Wir müſſen darauf verzichten, dies näher zu ben fährlichſten iſt, den man {Im eignen Hauſe hat, ſo haben die Elemente unfes
gründen. Die genauere Einſicht in die Regierungsvoͤrlagen und Prolokolle ver Ständeyerſammlung, bdie in die erſte Kammer ühergehen würden, gerade
fann vielleicht den Stoff zur Ausführung dieſer Meinung bieten. durch ihre Vereinigung mit den übrigen der Entwichlung des conſtitutionellen
Sprechen wir indeffen unfre Gruͤndſätze über den vorliegenden Gegen: Lebens am meiſten geſchadet Das zweifammer - Syſten würde aber nicht al-
ſtand aus. Nach unſren Prinzipien kann eine Regierung, welche die Lage der Lein jene Elemente ausſcheiden ued die Auſteckung mehr verbüten, fondern auch
arbeitenden Klaſfen verbeſſern will, niemals daruͤber im Zweifel fein, ob ſie | einen recht, heilſamen Wetteifer, ja eine ſehr erſprießliche und höchſt nöthige
dein bedrohten Kapitalismus, dem großen Papierhandel und dem Fadrifmwefen, Eiferſucht in die weſentlich träge Natur des heſſiſchen Bürgers und Bauera
unter die Arme greifen ſoll, oder nicht. Die großen Kapitaliſten und Zabri- | brinzen, anderer Vortheile zu geſchweigen. Uebrigens müßie die erſte Kam-
fanten wirken nach Unten auf eine niederdrückende und ausſaugende Weiſe. mer entweder ein ſehr winziges Kämmerlein werden, da ſie nur ſieben durch
Der Mittelömaun, der „kleine Meiſter,“ kann der Konkurrenz der übermäͤchti- Geburt zu Sitz und Stimme berechtigte Mitglieder zaͤhlen würde, oder ſich zu
gen Geldherren nicht die Wage halten. Der „Arbeiter,“ welcher zur Zeit dex einem unverhältnipmäßig großen Theil aus der Mitte der höhern Staaͤtoͤdie-
Flänzenden Geſchaͤfte ſeinen dürftigen Lohn hat, und bei Stockungen auf die ! 26r recrutiren. Alle Übrigen ven der Köln 3.“ vermuthelen Modifications-
Straße geſetzt wird, iſt ein Werkzeug in der Hand des großen Fabrikanten Vorſchlage ſind zu Fraß, um grobe Hoffunngem eines Sıfolgs zu haben, wenn
ein gedruͤckter Lnechi. Iſt bereits der Arbeiter ein „Proletarier,w ſo wird | ſie, auch gemacht würden. Wir wollen ſie ruhig abwarten — Die Staude
der Heine Meiſter durch ungehemmte Machtentwicklung des Kapitalismus ein haben am Samſtag in geheimer Sttzung den Antrag des Ausſchuſſes hinficht«
folcher. Geldariſtokratie auf der einen, Proletariat auf der andern Seite ſind lich der Hofdotation mit 28 gegen 13 Stimmen angenommen. Dänach bezieht
die Folgen. — Dagegen nun follte die Regierung „Maßregeln ergreifen.“ der Kurfürft propiſoriſch, d. h. bis, die nachſte Ständeverfammlung einen de-
Will einmal „der Staat“ die Kaſſen öffnen, in welden der Schweiß des Vol- finitiven Beſchtub daxüber faßt, die bisherige Civillifte im Betrag von 392,000
feg liegt, dann ſollte er es, meinen wir, nur thun, um Albeiter- und | Kthlr. und de Rotenburger Zuart die etwa 45,000 Rthir. abwirft; da dem Kur-
Handwerkervereinigungen mit Mitteln zu verſehen, durch wel- fürſten auch dem Vernehmen nach eine jährliche Rente von ungefähr 60,000 Rthlr.
e fie der Konkurrenz der großen Geldherren'die Spitze bieten aus der Hinterlaffen{haft feines Baters zufließen ſoll: ſo wird er, wenigftens
fönnen. Wir wollen ſehen, wie morgen die Kammern die Sache aͤuffaſſen. bis zum Zuftandekommen des nächften Sinanzgefeßes eine jährliche Einnahme
** (8) Bon der Als, 18 Zan. Die berüchtigte Predigt, die bei ihrer von 837,000 Itthlr. oder 1 Mıll. 460,750 fl. haben, ungexechnet die Zinfen
' Abhaltung in Karteruhe an Weihnachten fo allgemeine Entrüftung her« , 0Us feinen bisherigen Erfparniffen , die auch m?t ganz unbedeutend fein ſol-
vorgerufen,. iſt wirklich im Draͤck erfhienen!*) Sie verdient — fonſt wuͤrde len. Ich dächte, das wäre bei der kurheſſiſchen Armuth Reichthum genug. —
ich ihrer in dieſem Blatte nicht mehr erwähnen — in weiteren Kreiſen bes Aus Oberheſſen, 14. Jan. Verſpätet) Da die vor Kurzem
kaͤnnt zu werden, damit man ſich überzeuge, wie es mit unſerer proteſtan- erfolgte polizeiliche Ausweiſung des Studioſus Rudolf Fendt aus dem oberheſ-
tiſchen Kirche gegenwärtig ſteht. — — ſſiſchen Städtchen Lauterbach, mworüber er ſelbſt ſo eben im Frankfurter Journal
*) Unſer Glaube an Jeſum Chriſtum. Von dem Prälaten Dr. Hüffell. und dem rheiniſchen Volksblatt ſehr intereſſante Berichte veröffentlicht hat, die
Karlsruhe bei Müller. 6 Kr— man in der That, wenn ſie nicht ehrenwortlich von ihm verbürgt wären,
Aus Lithauen, im Dez. (Deutſche Ztg.) Wie im Jahre 1841 unter für eine grobe Myſtification anſehen möchte, nun durch mehre Biätter die Runde
der lettiſch-proteſtantifchen Bevölkerung in Livland, ſo war im vorigen Som- macht und von dem größeren Publikum, das mit oberheſſiſchen Zuſtänden nicht
mer unter den armen, gedrückten polniſch-katholiſchen Bauern im Gouvernement ganz vertraut iſt, verſchiedenartig gloſſixt werden wird, ſo beeilen wir ung, zum Theil
Witepsk die Sage verbreitet, dex Kaiſer wolle denſelben unter wärmerer Sonne auf Autopſie, zum Theil auf zuverläſſige Mittheilungen geſtützt, Ihnen die De-
Land zum Wohnen und zum Anbau umſonſt vertheilen. Dies allgemein von ſ tatls dirfes „unerklärlichen! Borfalls, der allerdings ein trauriges Licht auf die
den Bauern gẽglaubte Gerücht veranlaßte dieſelben, ihr Vieh zu ſchlächten, ihre willküxliche Handhabung der Polizei durch unſre Adminiſtrativ⸗Beamten wirft,
ſonſtige bewegliche Habe um jeden Preis zu veräußern, ja ſelbſt ihre Wohnun? hiermit zu berichten.
gen niederzureißen oder zu verbrennen, und wenn man ſie fragte, warum ſie Studioſus Rudolf Fendt aus Schotten, der als Correſpondent des „Deuts —
dies thäten? antworteten ſie nur: dex weiße Zaar habe es befohlen, er werde ſchen Zuſchauers, neuerdings mehrfach, genannt wurde und in dieſer, hier zu
huen waͤrmes Land zum Wohnen geben. So ſammelten ſich bald viel tau- Land begreifliher Weiſe höchſt mißlichigen Eigenſchaft vielfachen Anfechtungen
fend Betrogene, die dann, in mehrere Schaaren geſondert, wirklich den Weg von Seiten der Poltzei und der Gerichte ausgeſeßzt iſt, langte am Abend des
na Petershurg einſchlugen, um dort von dem weißen Zaar das verheifene | verwichenen erften Weihnachtsfeiertags mit der fürftlid) thurn- und tarifchen
Land angewieſen zu erhalten. Das war denn freilich mehr, alg man nur ges | Poft in Lauterbach an, und zwar in der höchſt verdaͤchtigen Abſicht, einige
wollt halte, es wurde Militär den Heranziehenden entgegengeſchickt, und ſie | Vettern und Bafen zu beſuchen, insbeſondere aber auf dem dortigen Caſino:
wurden, da ſie den Worten des kommandirenden Generals nicht glauben woll⸗ Ball in einer lange vorher mühſam zuſammengeborgten Ball garderobe mehrere
ten, mit Kanoͤnenſchüſſen heimgeſchickt. Hierauf wurde von der Witepekiſchen radikale Polka's und antiminiſterielle Galloppaden zu tanzen. Ohne ſich inzwi-
Behoͤrde wegen dieſer Vorgänhe eine Unterſuchung veranſtoltet „die bald auf ſchen nach erfolgter Ankunft irgendwo offentlich gezeigt oder gar, Wie ſich bier
einen Mann hinleitete, welcher jene Gerüchte im Lande verbreitet hatte, dieſer | zahlreiche Sevatterinnen bedenklich in die Ohren flüſterten, verbotene Flugſchrit
aber ſoll ſich auf ſpecielle Befehle des Miniſteriums des Junern berufen haben, | ten ausgeſtreut oder eine „revolutionäre Rede gchalten. u. f w. zu haben wurde
und on hoher Protection gededt worden fein. Gewiß ift, daß er ungeftraft | er "pltog‚l;d; des folgenden Morgens in aller Frühe vor den dortigen Landrath
blieb. — Während Solches im Gouvernement Witepsk gefhab, bildete ſich im Frölich *) beſchieden und ihm von demſelben zu ſeiner leichtbegrelflichen Ueber-
Souvernement Smolenst unter Anführung eines frühern Bedienten eine Art raſchung eröffnet, daß er „binnen einer Stunde. 4 Stadt ©& zu
offener Mordbande nach dem Mufter der galiziſchen, die mehrere adelige Wohn- verlafſen habe, widrigenfalls er (Fr.) ihn mit —7—E
fiße Cman.nannte acht) ylünderte und die Sigenthümer mit ipren Familien er- der Scohub nach Nidda transportiren Jaffen würdeiw Al6 Öründe
mordete, Ob die eingeleitete Unterfuchung dort zu einer Beftrafung der Nebel» | für _ diefe „ 88 5* ——— * 4 —
thäter geführt hat, iſt nicht bekannt geworden! Dies Aufwühlen der rohen 727 4 der „Erklaͤrung“ des Frankfürter Journals, merfwürdiger Weife
\ä)lj?qfien * * 2— — 4 * } —— * M 81) Nach einer von Fendt vor etlichen Monaten in ſeinem (i. e des —
* 4* — — * — 5* — 8 echrcußen Landraths Beiſein anderwaͤrtẽ gethanen und von ihm (L e abermals dem
Inicht doch! nur ſeine Doctrinäre!] einige Schritte auf demfelben vorwärts ge⸗ Landrath ſelbſt (!) protofollirten Aeußerung ſei zu vermuthen/ daß ſeiner (








8

















— *





— — —


 
Annotationen