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Massmann, Hans F. [Editor]
Der keiser und der kunige buoch oder die sogenannte Kaiserchronik: Gedicht des zwölften Jahrhunderts von 18,578 Reimzeilen ; nach 12 vollständigen und 17 unvollständigen Handschriften, so wie anderen Hülfsmitteln ... (Band 3) — Leipzig, 1854

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https://doi.org/10.11588/diglit.28335#1112
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1084

■¥r

An diese Sage reiht sich eine andre, die Gotfrid von Vilerbo (II.
VII.), Königshofen, Thomas Lyrer (II), Gob elinus de Persona
(_V I, 50), Andreas Rati sbonensi s, Hans Sachs (Die falsch Kaiserin
mit dem Grafen), Ettcrlin IS. 60. 61), Gerstenberger (bei Schminke
1, 77 — 80), Bange IBl. 37) und Pomarius iS. 175) erzählen ').

Otto's Gemahlin warb an einen Grafen, daß er mit ihr bulen sollte,
und, da der Graf seinem Herrn und Kaiser treu blieb, verleumdete sie ihn
beim Kaiser, der denselben im Jähzorne tödten ließ. Als er zum Tode ge-
führt ward, begegnete ihm sein Gemahl, dem er Alles erzählte und sie er-
mahnte, nach seinem Tode das glühende Eisen zu tragen. Als ihm
aber das Haupt abgeschlagen ivard, soll ans seinem Halse kein Blut ge-
flossen sein, sondern Milch, und der Kaiser, darüber erstaunt, ließ die Kai-
serin vorfordern, die auf den Knicen bekannte. Der Kaiser aber ließ sie
fangen und brennen * 2) und blieb seine Lebtage ohne IVeib und Erben.
— Nach andrer Sage hielt der Kaiser bald nach jenem Morde JVittwen und
IVaisen Gericht: da erschien des gemordeten Grafen Gemahlin und trug
dessen Haupt heimlich unter dem Gewände. Dem Kaiser aber stellte sie
die Frage, 'welchen Tod der zu leiden schuldig sei, der einen Andren un-
schuldig habe enthaupten lassen.' Der Kaiser antwortete rasch: 'Man
soll ihm wieder sein eigen Haupt abschlagcn.' Da zog die JVittwe des
Grafen Haupt hervor und sprach cHerr, du bist es selbst' 3). Der Kaiser
erschrak, forderte Beweis, die JVittwe trug das glühende Eisen (s. oben
S. 1054) unversehrt — da gab der Kaiser sein Leben in ihre Gewalt. Die
Fürsten gewannen dem Kaiser von der Frauen Aufschub des Gerichtes erst
sehen, dann acht, dann sieben, dann sechs Tage; der Kaiser aber gab ihr
um jeden Aufschub eine gute Feste oder Burg, die davon ihren Namen
habe Idie Zehent, die Acht, die Siebent, die Sechst) und liegen im Lüner
Bislhume 4). Die Frau aber bestand auf des Kaisers Haupt oder daß die

J) Grimm Deutsche Sagen II, 171 u 170. Vgl. Pertz Archiv IX,
604 — 605.

2) Vgl. Paulini Philosophische Luststunden (1709) II, XX, 162 —
165; eOb Kaiser Otto III. seine Gemalin lebendig verbrennen lassen '

3) Bis hieher auch in Cod. Monac. Emmeram. F. XIV. min. 4° (No-
mina Imperatorum Romanorum) Bl. 27a—28b: Ipfe uxorem fuaiii fecit
cremari qui falfo accufaverat innocentem comitem quem ad 11 uprum
follicitafTet dum recufafiet liuic operi nephario vnde truncatuf eil ca-
pite. Cuius innocentiam uxor eius fentiens caput in oeculto feruat Im-
perator in publico fedet iudicio et niulier die quo uiduis et orplianis iu-
dicium ceJTTit, querens fummam qua pena dignus eft qui innocentem fine
iudicio decapitalTet Cui imperator eadem fiiniliter de capitatione At illa
tu ef ille uir imperator qui meretrice uxore tua fuggerente maritum
nie uns inuoccnter truncari iulTißi.

4) Diesen Zug hat auch Andreas Ratisbonensis: Cod. pal. 94,
Bl. 12b; In der zeit erfant der leayfer dy warliait dez liandels, und ver-
 
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