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Matthaei, Adelbert
Deutsche Baukunst im Mittelalter (1): Von den Anfängen bis zum Ausgang der romanischen Baukunst — Leipzig, Berlin: Verlag von B.G. Teubner, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.62986#0046
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36 I. Vie Erbschaft der Nntike und die Baukunst der Karolinger
in Säulenstellungen auszulösen; das beschleunigte auch den Bau. von
selbst ergab sich, schon um die Last, die auf den Säulen ruhte, geringer
zu machen, die Holzdecke und die Durchbrechung der Gberwände durch
zahlreiche Fenster. Willkommen war die dadurch erzielte heiter stim-
mende Lichtwirkung. Venn heiter und hoffnungsfroh war ja die Stim-
mung des Christen, der sich nach all dem Elend des Nußenlebens der
heiligen Stätte näherte. Noch drückte ein wesentlicher' Zwiespalt nicht
die Gemüter, noch ahnte man kaum im Vollgefühle des eben Errunge-
nen die zahlreichen, schwierigen Rümpfe, die das Christentum bieten
sollte. Einfach ist die Wirkung, einfach sind die Mittel. Ein glücklicher
Zufall war es, daß die von der Nntike ererbte Nlosaiktechnik sich einer
besonderen Gunst erfreute. Ihre farbfrohen Bilder hoben das Ganze.
Vas Ziel war erreicht, mochten nun die Rapitelle und Simse, das Nus-
sehen des Ganzen von draußen sein, wie sie wollten. Es ist eine Folge
des vorherrschens der oben geschilderten Idee, daß man auf diese
vinge kein großes Gewicht gelegt hat?)
Es war eine schöpferische Tat, diese christliche Basilika, von gewal-
tiger Bedeutung. Mir sehen in ihr, wie sich noch zeigen wird, alle
Reime, die sich später in der gotischen Rathedrale zur vollen Reife,
ja zur Überreife entwickeln sollten. Noch reizvoller wird dieser Nus-
blick, wenn wir vom Straßburger Münster und vom Stefansdom in
Wien nach der vehioschen Theorie zurückblicken dürfen bis auf das alt-
italische Bauernhaus, ja bis auf den Männersaal des griechischen
Palastes.
Vie Nnfängc der Germanen.
Vas also war das Erbe, das die Germanen vorfanden, als sie
Christen geworden waren, wenn sie auf Rom blickten.
Wenden wir uns also nunmehr diesen zu! — hat der Germane
wirklich, als er Gotteshäuser baute, auf Rom geblickt und an die eben
geschilderte Entwicklung angeknüpft? — Erhalten ist uns etwas der
Nrt nicht. Es wäre aber doch nicht ausgeschlossen, daß er den Nus-
gangspunkt vielleicht aus Eigenem genommen, daß er an sein Bauern-
haus, an seinen uralten Holz- und Lehmbau angeknüpft hätte, und
daß uns die Zeugnisse davon nur verlorengegangen sind.
1) Vie einzige eingehendere Nachricht, die wir bisher über das Zustande-
kommen einer antik-christlichen Basilika haben, besagt uns, daß man sch nekl
gebaut hat. Nach der Inschrift des Bischofs Nusticus von Narbonne wurde
die dortige Basilika innerhalb zweier Jahre bis zur Npsir ausgebaut.
(Z. X. Rraus I ZlO.)
 
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