Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Matthaei, Adelbert
Deutsche Baukunst im Mittelalter (1): Von den Anfängen bis zum Ausgang der romanischen Baukunst — Leipzig, Berlin: Verlag von B.G. Teubner, 1918

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.62986#0056
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
46 I. Vie Erbschaft der Antike und die Baukunst der Karolinger
3. Beachtenswert ist auch die Zweizahl der Türme, die an der lvest
fassade stehen, hierin zeigt sich ein Sinn für Harmonie, der den alles
nur auf den Mar zuspitzenden antiken Christen fremd war.
Vie Linhartsbasilika zu Steinbach im Odenwald.
Daß sich nun diese wichtigen Neuerungen in der Baukunst zur Zeit
der Narolinger nur sehr allmählich durchgerungen haben, beweist uns
ein anderer Bau, die einzige Basilikalanlage, die uns noch ein voll-
ständiges Bild aus der Narolingerzeit gewährt, die Einhartsbasilika
in Steinbach bei Michelstadt im Odenwald. Man wußte aus Urkun-
den, daß Naiser Ludwig der Kromme dem sich nach dem Tode Narls
vom Hofe zurückziehenden Einhart „zu Michlinstadt im Odonawaldt"
einen Besitz geschenkt, und daß Einhart dort eine Basilika erbaut und
im Jahre 821 vollendet hatte. Uber man suchte in Michelstadt ver-
gebens nach Resten, bis Schäfer-Darmstadt im Jahre 1874 in einem
Schäferschuppen in der Nähe Michelstadts in Steinbach die karolingi-
sche Basilika wieder entdeckte, die dann von Udami in allen ihren er-
haltenen Teilen wieder aufgedeckt wurde.
Diese Einhartsbasilika steht der antik-christlichen noch weit näher
als der St. Gallener Plan. Vas hängt gewiß damit zusammen, daß
Linhart, einer der vertrautesten vom Hofe des großen Narl, der Er-
bauer war. Vie ganze Unlage mit der offenen Vorhalle ist noch die-
selbe, wie wir sie bei der antik-christlichen Basilika Roms kennen lern-
ten; die schmalen dünnen Pfeiler sind nur ein Ersatz der Säulen, die
man im Odenwalds nicht zu beschaffen vermochte; das Mauerwerk ist
zum Teil römisch?) Das Ouerschiff ist noch wenig ausladend, und
ein eigenes Ultarhaus ist zwischen Apsis und Ouerhaus noch nicht ein-
geschoben, die Basilika zeigt also noch die Zorm U, und noch nicht die
der crux capitata ch.
Uber trotzdem sehen wir auch an diesem Bau einige der oben an-
geführten, wesentlichen Neuerungen. Rommt auch die Vurchdrin-
1) Neben dem Gußmauerwerke finden sich in den säulenartigen Pfei-
lern auch Backsteine. Vas römische Backsteinmauerwerk weicht wesentlich
von dem mittelalterlichen und von dem modernen ab. Oer Stein selbst ist
röter und hat eine höhe von 3—5 cm bei 20—30 cm Länge, während der
mittelalterliche Backstein eine höhe von 9—12 cm, der moderne in der
Regel 6 cm höhe bei nur 25 cm Länge hat. Infolge der verschiedenen
Größe und Länge der römischen Backsteine sind die Zugen zuweilen von er-
heblicher Stärke, namentlich die Stoßfugen.
 
Annotationen