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Matz, Friedrich
Die frühkretischen Siegel: eine Untersuchung über das Werden des minoischen Stiles — Berlin, Leipzig: De Gruyter, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.50165#0223
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Dimini. — Sesklo. — Anau.

201

als Repräsentanten eines großen Kulturkreises auffaßt, der etwa um 2800 abge-
schlossen sei und dessen Anfänge ins IV. Jahrtausend hinaufreichten. Stilistisch die
älteste Stufe erblickt Schmidt in Anau, den Höhepunkt in Susa, und in der Sesklo-
ware eine Parallele zu Anau. Weithin bestimmend ist für ihn dabei die Ähnlichkeit
der Ornamentik, die er als eine textile kennzeichnetI).
Für uns kommt es hier darauf an, die Spiral-Mäanderkeramik des subneoli-
thischen Donau-Balkankreises so genau wie möglich abzugrenzen, um ihre Herkunft
und ihr Weiterwirken verstehen zu können. Eine Stellungnahme zu der Theorie
Schmidts ist daher nicht zu umgehen. Bei dem wesentlich primitiven Charakter
dieses ersten thessalischen Stils im Vergleich mit dem zweiten empfiehlt es sich aber
nicht, dabei von einer Analyse allein seines Ornamentsystems auszugehen, wie es dort
geschah. Auf festerem Boden hoffen wir zu stehen, wenn wir dem von Schmidt ein-
geschlagenen Weg folgen und die Ornamentik der fraglichen Gebiete vergleichend
nebeneinanderstellen.
Indem hier von den Beziehungen zwischen Anau und Susa zunächst abgesehen
werden soll, muß vorweg gesagt werden, daß der Name Textilstil nicht glücklich
gewählt ist. Die Spiral-Mäandcr-Ornamentik des Donau-Balkankreises hat mindestens
denselben Anspruch darauf.
Bedenklich muß es auch stimmen, daß nach dieser Auffassung die stilistisch
ältere Stufe steinkupferzeitlichen Fundzusammenhängen angehören würde, während
die Seskloware rein neolithisch ist.
Auch die Formen der Gefäße lassen sich nicht untereinander in Beziehung
bringen. Die Anautöpfe sind durch weitausladenden Bauch, geringe oder gar keine
Standfläche und cingezogene Lippen gekennzeichnet2 3 4 * 5). Demgegenüber sind die
Sesklogefäße ausgesprochen konisch mit breiter Standfläche, auch da wo ein beson-
derer Fuß fehlt 3), und es kommen ausschließlich trichtcrartige Lippen vor.
Die Ähnlichkeiten liegen, abgesehen von der Maltechnik, in den Elementen
der Dekoration 4). Dreiecke, abwechselnd gefüllt und ungefüllt 5) oder gegittert6 7),
Rhomben, gegittert 7) oder abwechselnd dunkel und hell gefärbt8 9), Schachbrett 9),
Zickzackbänder10), gezahnte Linien11) sind hier und dort wesentliche Bestandteile
des dekorativen Repertoires. Es sind das aber sämtlich wieder Muster allerelemen-
tarster Art, denen wir überall in primitiver Ornamentik begegnen, und die eben deshalb
für sich allein keine brauchbaren Aussagen liefern. Auf die Dekorationssysteme,

i) Arch. Anz. 1923/24 Sp. 349 f. Zts. f. Ethn. LVI
1924 S. 133 f. Ähnlich: Menghin S. 793. Christian.
Mitt. Anthrop. Ges. Wien LIV 1924 S. 40 f.
Schon Hall, Proc. Soc. Bibi. Arch. 1909 S. 312 ff.
hatte Thessalien und Anau verbunden.
*) Anau I Taf. XVIII 1—6. XX 1. XXI 1. S. 1240.
Fig- 55—64-
3) A2 Sp. 164 Fig. 77. WT S. 140 Fig. 86 a. b.
S. 87 Fig. 40 c.
4) Anau I S. 128—131. Fig. 67—HO. Farbentafel

XX—XXXI.
5) WT S. 198 Fig. 140 b.
6) Rev. et. gr. 1912 S. 255 Fig. 2.
7) WT S. 198 Fig. 140 c.
8) Sp. 188 Fig. 99.
9) WT S. 176 Fig. 120.
«) WT S. 44 Fig. 20 a. b. AX Taf. VII 3 a.
WT S. 139 Fig. 85 a. S. 155 Fig. 98 e. g. S. 173
Fig. 117 j, dazu Anau Fig. 79. 80. 99. 102. Taf.
XXIV 4 f. XXVII 2.
 
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