Figurenstil. Figürliche Motive.
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Boden aufgepflanztes Schwert voltigiert. Weil das Schwert nicht in seinen Le b
eingedrungen ist, kann er sich nicht hineingestürzt haben. Es ist also ein Akro-
batenkunststück von militärischem Charakter und hat mit den aus dem alten
Ägypten und dem spätminoischen Kreta bekannten Darstellungen dieser Art
nichts zu tun. Nun haben über die Waffenspiele der Hittiter jüngst die Texte
einen hochinteressanten Aufschluß gegeben*), und ein hittitischer Siegelzylinder,
auf den mich Val. Müller hinweist2 * * 5), kann nur als Fechterszene mit daneben-
stehendem Kampfrichter gedeutet werden, so daß man mit solchen Erscheinungen
auch das Oxforder Siegel verbinden möchte. Das Bewegungsmotiv ist jedenfalls
echt hittitisch. Es findet sich auch auf der Siegelabrollung einer frühen kappado-
kischen Tontafel in Liverpool 3) und zweimal zur Seite eines mit gespreizten Beinen
hockenden Zwerges auf einem niedrigen Steatitzylinder in Oxford 4) (Taf. IV 15).
Dasselbe Motiv kommt vor auch auf einem ägyptischen Knopfsiegel 5) und
auf zwei Zylindern der dazu gehörigen Gruppe 6 7), hier gleichfalls zusammen mit dem
hockenden Zwerg 7), den für sich wieder ein paar Buttons8 9) und ein hittitisches
Siegel in Plättchenform bieten 9). Auch auf hittitischen Siegelzylindern sieht man
diese Figur als Nebenmotiv ein paarmal10). Sie kommt so schon auf einer der frühen
Abrollungen vom Kültepe 11) vor. Auf babylonischen Zylindern ist sie dann sehr
häufig I2). Diese Stücke sind aber alle jünger als jenes frühe kleinasiatische Beispiel
Es hat daher vorläufig am meisten für sich, anzunehmen, daß der Typus von dort
ins Zweistromland gewandert ist.
Beide Motive — das Voltigieren nach hinten und das Hocken mit gespreizten
Oberschenkeln — finden sich nun aber auch auf frühkretischen Siegeln, und zwar in
einer Form, bei der von zufälliger Übereinstimmung keine Rede sein kann. Das Akro-
batenkunststück hat ein feines mittelminoisches Prisma aus honiggelbem Sardonyx in
Kandia (Taf. IV 3 a. XV 38 o)1!) und den mit gegrätschten Beinen und erhobenen
Händen hockenden Mann eines der Prismen von Kastelli Pediada (Taf. XIX y} *4).
J) Ehelolf, Sitzber. Berl. Ak. 1925 S. 269 ff.
0 Ward 1012 S. 319.
3) Liverpool Ann. I 1908 Taf. XVII 14 Nr. 23
S. 77 f. (Pinches). Evans, Palace S. 15, 3.
4) 1921. 1199. Die Schnittfläche ist mit Spiralen
verziert, die sich in der Art der Speichen des
Feuerrades aus dem Loch in der Mitte heraus-
winden. Dieses Motiv, das absolut nicht vorder-
asiatisch ist, setzt bereits kretischen Einfluß
voraus. In seiner Form und seinem Stil: tiefer
Schnitt, plattes, unbewegtes Relief, ohne jede
Innenzeichnung, Füllung des Raumes durch
wenige, verhältnismäßig große Figuren — steht
das Stück einem frühhittitischen Zylinder von
Karkemisch, der sich unter der Ringmauer der
Zitadelle gefunden hat (Woolley, Carchemish II
1921 Taf. XXV 1), und der Gruppe von Ho-
garths »Gables« nahe. Es ist aber eines der
am sorgfältigsten gearbeiteten Exemplare. Da-
tiert werden muß es also ins erste Drittel des
II. Jahrtausends.
5) A 37 (Taf. XXIV).
6) Scr. Min. S. 122 Fig. 55. 56 (S.ßof. Abb.I. 2).
7) Über dieses Motiv, auf das schon Evans, J. hell,
st. XVII1897 S. 366 aufmerksam machte, zuletzt:
Frankfort, Studies S. 132, 4 und J. Egypt. Arch.
XII 1926 S. 94, 2.
8) A 35. 36. 54. 55 (Taf. XXII}.
9) Hogarth 307.
10) Contenau 130. 132.
JI) Weber 271.
12) z. B. Morgan-Ward 47. 101. 114. Cinquantenairc
445. 462. Guimet 67. 74.
*3) Nr. 383. ’Ecprjp. äpy. 1907 Taf. VI 38 a Sp. 163
(Xanthudidis).
J4) Palace S. 124 Fig. 93 A d, 1,
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Boden aufgepflanztes Schwert voltigiert. Weil das Schwert nicht in seinen Le b
eingedrungen ist, kann er sich nicht hineingestürzt haben. Es ist also ein Akro-
batenkunststück von militärischem Charakter und hat mit den aus dem alten
Ägypten und dem spätminoischen Kreta bekannten Darstellungen dieser Art
nichts zu tun. Nun haben über die Waffenspiele der Hittiter jüngst die Texte
einen hochinteressanten Aufschluß gegeben*), und ein hittitischer Siegelzylinder,
auf den mich Val. Müller hinweist2 * * 5), kann nur als Fechterszene mit daneben-
stehendem Kampfrichter gedeutet werden, so daß man mit solchen Erscheinungen
auch das Oxforder Siegel verbinden möchte. Das Bewegungsmotiv ist jedenfalls
echt hittitisch. Es findet sich auch auf der Siegelabrollung einer frühen kappado-
kischen Tontafel in Liverpool 3) und zweimal zur Seite eines mit gespreizten Beinen
hockenden Zwerges auf einem niedrigen Steatitzylinder in Oxford 4) (Taf. IV 15).
Dasselbe Motiv kommt vor auch auf einem ägyptischen Knopfsiegel 5) und
auf zwei Zylindern der dazu gehörigen Gruppe 6 7), hier gleichfalls zusammen mit dem
hockenden Zwerg 7), den für sich wieder ein paar Buttons8 9) und ein hittitisches
Siegel in Plättchenform bieten 9). Auch auf hittitischen Siegelzylindern sieht man
diese Figur als Nebenmotiv ein paarmal10). Sie kommt so schon auf einer der frühen
Abrollungen vom Kültepe 11) vor. Auf babylonischen Zylindern ist sie dann sehr
häufig I2). Diese Stücke sind aber alle jünger als jenes frühe kleinasiatische Beispiel
Es hat daher vorläufig am meisten für sich, anzunehmen, daß der Typus von dort
ins Zweistromland gewandert ist.
Beide Motive — das Voltigieren nach hinten und das Hocken mit gespreizten
Oberschenkeln — finden sich nun aber auch auf frühkretischen Siegeln, und zwar in
einer Form, bei der von zufälliger Übereinstimmung keine Rede sein kann. Das Akro-
batenkunststück hat ein feines mittelminoisches Prisma aus honiggelbem Sardonyx in
Kandia (Taf. IV 3 a. XV 38 o)1!) und den mit gegrätschten Beinen und erhobenen
Händen hockenden Mann eines der Prismen von Kastelli Pediada (Taf. XIX y} *4).
J) Ehelolf, Sitzber. Berl. Ak. 1925 S. 269 ff.
0 Ward 1012 S. 319.
3) Liverpool Ann. I 1908 Taf. XVII 14 Nr. 23
S. 77 f. (Pinches). Evans, Palace S. 15, 3.
4) 1921. 1199. Die Schnittfläche ist mit Spiralen
verziert, die sich in der Art der Speichen des
Feuerrades aus dem Loch in der Mitte heraus-
winden. Dieses Motiv, das absolut nicht vorder-
asiatisch ist, setzt bereits kretischen Einfluß
voraus. In seiner Form und seinem Stil: tiefer
Schnitt, plattes, unbewegtes Relief, ohne jede
Innenzeichnung, Füllung des Raumes durch
wenige, verhältnismäßig große Figuren — steht
das Stück einem frühhittitischen Zylinder von
Karkemisch, der sich unter der Ringmauer der
Zitadelle gefunden hat (Woolley, Carchemish II
1921 Taf. XXV 1), und der Gruppe von Ho-
garths »Gables« nahe. Es ist aber eines der
am sorgfältigsten gearbeiteten Exemplare. Da-
tiert werden muß es also ins erste Drittel des
II. Jahrtausends.
5) A 37 (Taf. XXIV).
6) Scr. Min. S. 122 Fig. 55. 56 (S.ßof. Abb.I. 2).
7) Über dieses Motiv, auf das schon Evans, J. hell,
st. XVII1897 S. 366 aufmerksam machte, zuletzt:
Frankfort, Studies S. 132, 4 und J. Egypt. Arch.
XII 1926 S. 94, 2.
8) A 35. 36. 54. 55 (Taf. XXII}.
9) Hogarth 307.
10) Contenau 130. 132.
JI) Weber 271.
12) z. B. Morgan-Ward 47. 101. 114. Cinquantenairc
445. 462. Guimet 67. 74.
*3) Nr. 383. ’Ecprjp. äpy. 1907 Taf. VI 38 a Sp. 163
(Xanthudidis).
J4) Palace S. 124 Fig. 93 A d, 1,