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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 2.1959

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Nr. 4
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Liebenwein, Karl: Zur Lage der österreichischen Mittelschulen, bes. der Gymnasien
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Pressenotizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.32957#0062
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Latein ab der 3. und Griechisch erst ab der 5. Klasse haben. Welches Ergebnis bei einem
solchen Unterricht, namentlich im Griechischen, zu erwarten ist, bedarf keiner Worte;
die Gefahr einer Abwürgung ist groß.

Latein wird am Gymnasium mit 40 im Ostteil, 30 im Westen, am Realgymnasium
mit 30 Stunden unterrichtet, Griechisch mit 27 (Westen) bzw. 22 (Osten) Stunden.
Bemerkt sei noch, daß in Graz auch eine sog. Lateinrealschule besteht, d. h. Latein
wird hier von der 5.-8. Klasse mit je 4 Stunden als Freifach unterrichtet. Wenn ein
solcher Schüler, der den Freigegenstand Latein gewählt hat, in Latein auch zur Reife-
prüfung antritt, genießt er dieselben Rechte wie Gymnasial- und Realgymnasial-
absolventen. Auch an den österreichischen Lehrerbildungsanstalten wird Latein unter-
richtet. Was nun die Lehrer an den Mittelschulen anlangt, so gab es 1955 4732 (da-
von 1519 weibl. Lehrkräfte. Von diesen haben 283 (18 weibl.) Latein und Griechisch
oder noch ein drittes Fach.

Ab 1927 findet sich die Fachgruppe Latein-Griechisch allein überhaupt nicht mehr
in der Lehrerstatistik. 492 (davon 154 weibl.) unterrichten Latein mit einem zweiten
oder dritten Fach als Vollgeprüfte, als 2. Fach fungieren vor allem Deutsch, Englisch,
Französisch und Geschichte. Mithin sind rund 6% der Mittelschullehrer reine klassi-
sche Philologen, weitere 10% Philologen mit Latein als Hauptfach, jedoch natürlich
mit Kenntnissen des Griechischen, das sie ja an der Hochschule lernen müssen, falls
sie keine Gymnasialmatura mit Griechisch haben.

Ich möchte noch bemerken, daß ich als Lehrbeauftragter für den lateinischen Sprach-
unterricht an der Universität Graz eine stetige Zunahme der Hörerzahl feststellen
kann, da an den öst. Universitäten Kenntnisse des Lateinischen auch für das Studium
der Staatswissenschaften vorgeschrieben sind.

Wenn man auch von einem Rückgang des humanistischen Gymnasiums leider spre-
chen muß, wofür es mancherlei Gründe gibt, so kann und wird doch zur Erhaltung
dieses Schultyps innere Bereitschaft und fruchtbare Zusammenarbeit von Lehrer und
Schüler beitragen. Der Gymnasiast muß ausgebildet werden, dort anzufangen, wo
der Spezialist aufhört zu denken. Welchem Beruf auch immer er sich zuwendet, sein
letztes Ziel sei die Achtung der Persönlichkeit. Wir wissen, daß der Weg, den der
Grieche zur Lösung der Welträtsel beschritt, nicht der einzige ist, daß das Christen-
tum der abendländischen Kultur seinen Stempel aufgedrückt hat. Nicht die faustische
Unruhe des Gott sich gleichsetzenden Menschen ist unser Ideal, wir wollen nur Men-
schen im wahrsten Sinne des Wortes sein. Die Schüler, denen von ihren Lehrern das
humanistische Bildungsideal vorgelebt wurde, werden, wenn sie selbst eine Familie
gründen, ihre Kinder wieder ins humanistische Gymnasium schicken.

Die Freunde des österreichischen Gymnasiums erfüllt eine Idee: wahrzumachen das
Wort: intellego et .credo. Karl Liebenwein, Graz

Pressenotizen

1. Zum Rahmenplan (notgedrungen hier nur das Wichtigste; ausführliche Stellung-
nahme folgt! Vgl. auch ,Hinweise‘ in diesem Heft!)

Kieler Nachrichten v. 11. 6. 59:

Kiel (Bl): Den neuen Landesschulbeirat, der am 3. Juli zusammentreten wird, will
Kultusminister Osterloh bitten, sich umgehend mit dem Rahmenplan zur Umgestaltung
und Vereinheitlichung des allgemeinbildenden Schulwesens zu befassen. Dieser Rah-
menplan, der vom Deutschen Ausschuß für das Erziehungs- und Bildungswesen kürz-
lich veröffentlicht worden ist, wurde außerdem allen Lehrergremien und den ver-
schiedensten Verbänden zugeleitet.

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