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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 6.1963

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Nr. 1/2
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Imiela, Heinz: Zwei weitere Tagungen über Humanismus
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Stundentafeln
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https://doi.org/10.11588/diglit.33064#0006
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In der platonischen Forderung, „Gott ähnlich zu werden, soweit es möglich
ist“ (Theait. 176 b), ist der Sinn der humanistischen Bildung gültig formuliert;
sie soll dem jungen Menschen seine persönliche Aufgabe bewußt machen, sich
zum Menschen zu bilden, er selbst zu werden, im Bewußtsein seiner Grenzen
und in Verantwortung vor Gott. Der Vergleich dieser Formel mit Matth. 5, 45
zeigt wenigstens an einer Stelle die Grenze von Humanismus und Christentum.
Christus kann die Forderung der Vollkommenheit ohne Einschränkung erhe-
ben, aber zugleich gibt ihr das Futurum im griechischen Text die Bedeutung
einer Verheißung. Nicht anders wird in der Areopagrede (Act. Ap. 17, 22ff.)
die Verkündigung des unbekannten Gottes dem unendlichen Suchen der grie-
chischen Philosophen gegenübergestellt.

Der Humanismus kann nicht als Widerspruch zum Christentum verstanden
werden, weil ihm von seinen frühen griechischen Quellen her die menschliche
Unzulänglichkeit vertraut und der Gedanke der Selbstherrlichkeit oder Selbst-
erlösung völlig fremd ist. Vielmehr kann das Studium der griechischen Texte,
die von Homer bis zu Platon in immer neuen Bildern das Streben nach dem
höchsten Ziel sichtbar machen, als Herausforderung des jungen Menschen der
christlichen Erfahrung den Weg bereiten.

Die Gefährdung des Menschen als Person in unserer sachbezogenen Gegen-
wart, die Reduktion seiner geistigen und seelischen Substanz in der Spezialisie-
rüng und die Bedrohung seiner sittlichen Freiheit in der umfassenden Organisa-
tion ist von Philosophen und Soziologen oft festgestellt. In dieser Lage kommt
der humanistischen Erziehung die besondere Aufgabe zu, die Vorbereitung für
die Arbeitswelt zu ergänzen, indem sie in den jungen Menschen den Willen und
die Kräfte zur Selbstbehauptung weckt. Sie kann ihren Blick auf die persönliche
Zielsetzung und Verantwortung lenken und ihr Selbstvertrauen stärken. Diese
Aufgabe kann sie aber nur erfüllen, wenn sie die Schüler in den alten Texten
die abendländische Wertordnung und die hohe Berufung des Menschen wirklich
selbst erfahren läßt. Sie müssen begreifen, daß die Fragen der menschlichen
Existenz, die in der Antike zuerst gestellt wurden, auch uns noch angehen. So
sind die Schüler in der Interpretation zu einer Auseinandersetzung mit den
alten Schriftstellern zu führen, die vielleicht fruchtbar wird in bedeutsamen
Entscheidungen für die eigene Lebenshaltung.

Stundentafeln

Unter Verzidit auf die Veröffentlidiung anderer aktueller Beiträge, die dann im
nächsten Heft erscheinen sollen, wird der Abdruck der Stundentafeln der einzelnen
Bundesländer fortgesetzt und abgeschlossen. Es scheint zweckmäßig so zu verfahren fiir
Vergleiche, ferner aus drucktechnischen Gründen und schließlich, um eine zusammenfas-
sende Betrachtung, die später erscheinen soll, zu ermöglichen. Die Stundentafeln sind
ber.eits ersdrienen fiir Nordrhein-Westfalen in Heft 4/61, fiir Hessen in 2/62 und fiir
Saarland in 4/62.

Es folgen:

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