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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 11.1968

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Nr. 3
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Hansen, Kay: Nachwuchssorgen bei den Gräzisten
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https://doi.org/10.11588/diglit.33078#0041

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Nachwuchssorgen bei den Gräzisten

Eine eingehende statistische Erhebung über den Rückganjf des Griechisch-
studiums hat ergeben, daß alle Universitäten der Bundesrepublik betroffen sind.
Bei den meisten betragen die Einbußen 65-70%, bei einigen mehr, in Ausnahme-
fällen nur 50%.

Diese Tatsache scheint zwei Ursachen zu haben:

1. Zur Zeit besteht ein Überangebot an Altphilologen. Es gibt zwar Bundes-
länder oder Gebiete, in denen alle Altphilologen auch im Griechischunterricht
eingesetzt werden können. Aber in den meisten Ländern kann ein Teil der Alt-
philologen keinen Griechischunterricht erteilen. Wie hoch der Anteil dieser be-
nachteiligten Lehrer ist, ließ sich mangels exakter Unterlagen nicht genau fest-
stellen. Er scheint jedoch erheblich unter dem Prozentsatz zu liegen, um den das
Griechischstudium zurückgegangen ist.

2. Der Rückgang des Griechischstudiums erfolgte ruckartig, meist zwischen
1963 und 1964, bisweilen erst zwischen 1964 und 1965, jeweils augenscheinlich
unter dem Eindruck des Hamburger Abkommens, durch welches der Griechisch-
unterricht um ein Jahr verkürzt worden ist. In diesem Abkommen haben viele
Gymnasiallehrer ein Zeichen dafür gesehen, daß die Tendenzen zum Abbau des
altsprachlichen Unterrichts überhand nehmen werden. Sie haben deshalb ihre
Abiturienten nicht mehr dazu ermutigt, Griechisch zu studieren, sondern eher
davon abgeraten.

Die Mommsengesellschaft hat diese Probleme auf ihrer Pfingsttagung mit
dem Vorsitzenden und Vorstandsmitgliedern des Altphilologenverbandes be-
raten. Beide Verbände sehen in den angedeuteten Zeichen der Resignation eine
ernste Gefahr für die Zukunft des humanistischen Gymnasiums. Bei weiterem
Rückgang des Griechischstudiums in dem seit 1963 feststellbaren Umfang wird
der Griechischunterricht an den Gymnasien in etwa einem Jahrzehnt aus Nach-
wuchsmangel zum Erliegen kommen. In Deutschland würde sich damit dasselbe
ereignen, was sich vor einiger Zeit in Schweden zugetragen hat. Dort wurde zu-
nächst von staatlicher Seite vor dem Griechischstudium gewarnt; als dann die
Folgen eintraten, wurde der Griechischunterricht weitgehend eingestellt oder
drastisch reduziert.

Damit wir nicht selbst für eine solche Situation mitverantwortlich werden,
bitten Mommsengesellschafl: und Altphilologenverband alle Griechischlehrer,
ihre Schüler nicht pauschal vor dem Studium des Griechischen zu warnen. Junge
Menschen, die Begabung, Eignung und Liebe zur Sache haben, sollten - natür-
lich unter offenem Hinweis auf die Schwierigkeiten der augenblicklichen Situa-
tion - zum Studium des Griechischen ermutigt werden. Allerdings sollte man
ihnen das Studium eines dritten Faches empfehlen, das begabte Studenten ohne
Schwierigkeiten bewältigen können.

Hansen

DAV-Mitteilungsblatt 1968/3

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