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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 11.1968

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Nr. 3
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Burandt, Rudolf: Die lateinischen Schulautoren: zum Aufsatz von Prof. W. Ludwig, Frankfurt, abgedruckt im Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes vom Februar 1968, S. 1ff
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https://doi.org/10.11588/diglit.33078#0048

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Die lateinischen Scliulautoren

Zum Aufsatz von Prof. W. Ludwig, Frankfurt, abgedruckt im Mitteilungsblatt des
Deutschen Altphilologenverbandes vom Februar 1968, S. lff.

Prof. Ludwig hält eine Reform der Praxis des Lateinunterrichts für besonders dring-
lich. Er möchte diesen „Unterricht so einrichten, daß der Schüler ihn tatsächlich brauchen
kann“ (11); er will „das statarische Übersetzen der Autoren einschränken, um damit der
allerdings nur häuslichen Lektüre von Übersetzungen und der sich auf die Original- und
die Übersetzungslektüre gründenden Problemdiskussion Platz zu machen“ (11), und
hofft, daß die „Schüler so mehr Vergnügen am Latein“ haben werden (11).

Als Philologe ist man dem Professor dankbar, daß er sich zu Sachfragen äußert und
sich so für die gute Sache, die rechte Gestaltung des Lateinunterrichts, einsetzt; als
Lehrer erkennt man sehr schnell die Schwäche seiner Position, eine gewisse Distanz zur
Unterrichtspraxis und vor allem zu all dem, was die Wissenschaft auf dem Gebiet der
Pädagogik und ihrer Hilfswissenschaften in den letzten Jahren an Erkenntnissen zutage
gefördert hat. Von diesen Bereichen zu sprechen ist sinnvoll, da es der Sache dient und
Prof. Ludwig ausdrücklich gebeten hat (1), sine ira et studio zu prüfen, ob seine Ge-
danken richtig sind. Daß sie eigentlich eine sehr ausführliche Auseinandersetzung ver-
dient hätten, ist keine Frage. Der Schreiber dieser Zeilen bittet um Verständnis dafür,
daß er — aus Zeitmangel — sich nur kurz zu äußern vermag.

1. Zur Lektüreauswahl: Wenn der Vf. Bedenken zur Liviuslektüre anmeldet (8),
so ist das, gerade im Hinblick auf die zitierte 1. Dekade, zu verstehen. Unklar bleibt nur,
warum die anderen Dekaden mit keinem Wort bedacht werden. Sollte sich noch nicht
herumgesprochen haben, daß aus sprachlichen wie sachlichen Gründen die Lektüre der
3. Dekade, besonders des 22. Buches, oder auch der 4. Dekade pädagogisch viel ergiebiger
und somit sinnvoller ist als die der 1. Dekade?

2. Zu den Vorschlägen: Der Vf. braucht Wendungen wie „halte ich für eine Illu-
sion“ (1), „soweit ich sehe“ (3), „der Unterricht wird können, sollte“ (4), „scheint mir“,

. „scheint mir wert zu sein“ (11). Das zeigt Vorsicht, aber auch Subjektivität. Nach auch
nur einigermaßen stichhaltigen Begründungen — für den Raum der Schule — hält man
vergebens Ausschau. Man vermißt z. B. jedes Eingehen auf grundsätzliche didaktische
Fragen, die Stellung des Lateinunterrichts etwa im Zusammenklang mit — wie im Unter-
schied zu den anderen Unterrichtsfächern, ihren Zielen und Methoden; man hört nichts
von wirklichen oder vermeintlichen gesellschaftlichen Erfordernissen von heute oder für
das Morgen, um das einfach so allgemein zu sagen, nichts von psychohygienischen Er-
wägungen, von lernpsychologischen Überlegungen, von Gesichtspunkten der Lernöko-
nomie und, was dergleichen mehr ist. D. h. moderne pädagogische Fragestellung fehlt
ganz und die entsprechende Literatur auch; und von der angegebenen Literatur stammt
die jüngste Arbeit aus dem Jahr 1957, die zweitjüngste von 1950; die dann folgenden
sind aus den 30iger Jahren.

Diese Festellungen machen zweierlei deutlich, zum einen: die hier besprochenen Aus-
führungen stehen - wie leider fast alle ihresgleichen — nicht auf der Höhe unserer Zeit
und sind daher praktisch wertlos; zum andern: wer heute im Raum der Schule sinnvoll
reformieren will, muß nicht nur guten Willens sein und speziellere Fachkenntnisse haben,
sondern auch über ein breiteres Feld an Erfahrungen in der Schulpraxis verfügen und
einigermaßen mit allen Schul- und Bildungsproblemen vertraut sein. Die Kombination
alles dessen macht nun gerade die Schwierigkeit der Sache aus? und so ist es nicht zu
verwundern, daß Universitätsprofessoren wie Schulpolitiker, weil sie im allgemeinen
Spezialisten sind und ihnen der große Überblick fehlt, in dem, was sie glauben emp-
fehlen zu sollen, allzu leicht neben der Sache bleiben.
 
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