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Deutscher Altphilologenverband [Editor]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 12.1969

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Nr. 2
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Buchbesprechungen
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Friedrich, Claus: Platon, Briefe
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https://doi.org/10.11588/diglit.33082#0023

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Buchbesprechungen

Platon: Briefe, griechisch-deutsch herausgegeben von Willy Neumann, bearbeitet von
Jula Kerschensteiner, Ernst-Heimeran-Verlag, Miinchen, 1967.

Mit dem Band Nr. 391 „Platon: Briefe“ hat dcr Ernst-Heimeran-Verlag seine Tus-
culum-Bücherei um ein höchst beachtenswertes Stück bereichert. Einerseits erfüllt es mit
seiner Übersetzung der im Platon-Corpus überlieferten Briefe genau die erklärten Ziele
der Reihe („Übersetzungen, die nicht nur den Sinngehalt des Originals wiedergeben,
sondern auch die ursprüngliche künstlerische und stilistische Form nachempfinden lassen
wollen“), zum anderen bietet er mit seinen äußerst reichhaltigen und zuverlässigen Ein-
führungen und Sacherklärungen sogar mehr, als „Liebhaber der Antike“ von ihm er-
warten dürften. Leider weiß man als Benutzer des Werkes nicht, wem im einzelnen die
Anerkennung gezollt werden muß, denn der Hinweis auf S. 5, der Willy Neumann als
den Verfasser und Jula Kerschensteiner als die wissenschaftlich verantwortliche Über-
arbeiterin vorstellt, läßt die Anteile an der vorliegenden Gestalt nicht genau erkennen.
Daher werde ich im folgenden grundsätzlich von „den Verfassern“ sprechen.

In der üblichen Weise ist jeweils links der griechische Text abgedruckt und rechts
dazu die Übertragung ins Deutsche. Dies nimmt die Seiten 6 bis 147 ein. Daran an-
schließend sind auf knapp zwei Seiten die Abweichungen von der Platon-Ausgabe von
Burnet (Oxford 1907) und einige Varianten verzeichnet. Die Seiten 150 bis 154 be-
handeln die „Echtheitsfrage“, 155-162 geben eine ausführliche und dennoch einprägsam
knapp gehaltene Darstellung der Geschichte Siziliens von 480 bis 345 v. Chr., und den
Rest des Bandes nehmen Einführungen und Erläute.rungen (Anmerkungen) zu jedem
einzelnen Brief, sowie Literaturangaben und Namenregister ein (bis S. 236).

Obwohl in dem Abschnitt über die „Echtheitsfrage“ das richtige und auch heute
noch gültige Bekenntnis abgelegt wird, daß man nicht „zu ganz eindeutigen Ergeb-
nissen“ gelangt ist (S. 154), steht hinter allen Ausführungen die Uberzeugung der Ver-
fasser, daß die Briefe 3, 6-8 und 11 platonisch sind. Das geht auch schon aus der Diktion
der Darstellung der Urteile über die Echtheit hervor, wo die Stimmen gegen Platon als
Verfasser mit Formulierungen wie „erklärte . . . fiir unecht“, (die Unechtheit) „zu er-
weisen versucht hatte“, während zustimmende Aussagen mit Ausdrücken wie „erwies
sich“, „beseitigte viele Anstöße“, „zeigte, daß er von Platon selbst geschrieben sei“
referiert werden. Die Feststellungen der Zweifler schließlich erscheinen als „heftige An-
griffe . . . gegen die Echtheit“.

Briefsammlungen in der antiken Literatur sind ofl von vornherein verdächtig, so
daß man die Beweislast ebensogut von den Gelehrten, die an deren Echtheit glauben,
wie von denen, die sie bezweifeln, verlangen darf. Jedenfalls bleiben alle antiken Zeug-
nisse für den Autor, in dessen Corpus sie erscheinen, ohne Wirkung für den Echtheits-
beweis (in der vorliegenden Arbeit werden Aristophanes von Byzanz, Thrasyllos, Dio-
genes Laertios, Cicero und Plutarch genannt; dazu wäre zu ergänzen - für die Zweif-
ler -, daß Aristoteles sie nicht erwähnt). Auch die Tatsache, daß die historischen Einzel-
heiten richtig dargestellt sind und die Sprache der platonischen nahesteht (S. 153 unten)
oder der große von Wilamowitz sein Urteil revidiert hat (S. 154), besagen nichts. Die
Verfasser gehen in der Einführung zum 7. Brief (S. 185) noch einmal auf die Frage nach
der Echtheit ein und formulieren: „Auf Grund zahlreicher Untersuchungen setzte sich
etwa seit der Jahrhundertwende die Überzeugung von seiner Echtheit durch, zumal
nachdem Ed. Meyer gezeigt hatte, daß die in ihm erwähnten Fakten zutreffen.“ Dann
folgt wieder die Autorität von Wilamowitzens Urteil und das Versprechen, auf die
wichtigsten Argumente der Zweifler im folgenden Bezug zu nehmen. Doch das wird nicht
erfüllt, im Gegenteil, ernstzunehmende Argumente von Zweiflern sind nirgends ge-
nannt.

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