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Deutscher Altphilologenverband [Editor]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 13.1970

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Nr. 1
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Bayer, Karl: Vorarbeiten für eine Neugestaltung der Oberstufe in Bayern
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https://doi.org/10.11588/diglit.33063#0012

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Vorarbeiten für eine Neugestaltung der Oberstufe in Bayern

Zwei Arbeitskreise des Staatsinstituts für Gymnasialpädagogik haben im
Laufe des Schuljahres 1968/69 Modelle für eine Neugestaltung der Oberstufe
entwickelt: ein Münchner und ein Nürnberger Modell. Diese beiden Vorschläge
wurden in die Fachkommission für die Gestaltung der Oberstufe beim Bayeri-
schen Staatsministerium für Unterricht und Kultus eingebracht, in Arbeitssit-
zungen diskutiert und zu einem Vorschlag weiterentwickelt, der im wesent-
lichen den Vorstellungen des Nürnberger Modells folgt.
Da dieser Vorschlag, der den Arbeitstitel „Kommissionsmodell“ trägt, noch
nicht ausdiskutiert ist, kann über ihn nichts Endgültiges berichtet werden. Die
folgende Darstellung muß sich daher auf eine Skizze der Grundgedanken be-
schränken.
Das Ziel der Überlegungen ist, die Studierfähigkeit der Abiturienten durch
echte Leistungsanreize zu verbessern. Der Weg dahin wird in einer Differen-
zierung der Angebote und Anforderungen gesehen.
In der 12. und 13. Klasse soll der Schüler der Oberstufe das Recht erhalten,
seinen Arbeitsschwerpunkt selbst zu bestimmen. Er wird zwei Leistungskurse
von je 6 Wochenstunden wählen dürfen, die er bis zum Abitur belegt. Diese Wahl
soll auf einer ernsten Überlegung bezüglich der Studier- und Berufsziele beruhen.
Relativ kleine, leistungshomogene Gruppen sollen ein günstiges Arbeitsklima
gewährleisten. Die erbrachten Leistungen sollen in heraushebender Weise hono-
riert werden. Dem Recht zur Wahl entspricht die Pflicht, einer Komplementär-
auflage an Normalkursen nach Kräften zu genügen. Diese Normalkurse sollen
je 2 oder 3 Wochenstunden umfassen und sich je nach Eigenart des Faches über
ein oder zwei Jahre erstrecken. Die gesamte Wochenstundenzahl liegt etwas unter
30; sie ist für alle Wahlkombinationen gleich.
Die 11. Klasse wird sich auf eine Gelenkfunktion beschränken. Diese erfüllt
sie dann, wenn sie die dem Schüler abverlangte, zweifellos mit einem gewissen
Risiko verbundene Wahlentscheidung durch Information, Beratung und Er-
probung sinnvoll herbeiführt.
Diese Oberstufe, künftig „Studienkolleg“ genannt, soll zwar im per-
sonellen, institutioneilen und räumlichen Verbund mit dem Gymnasium bleiben,
aber doch durch eine deutliche Zäsur von der Eingangs- und Mittelstufe abge-
hoben werden. Diese Zäsur wird äußerlich an einer veränderten Terminologie
(etwa: Studienkolleg, Kollegiat, Semester, Klausur) und Struktur (grundsätz-
liche Aufhebung des Klassenverbands, nicht unbedingt des Jahrgangs) erkennbar
sein, innerlich an einer neudurchdachten Stellung des Schülers. Der Lehrkörper
v/ird zwar eine gewisse Tendenz zum Oberstufenlehrer in sich tragen, doch
möchte man auf den Rückkoppelungseffekt der Tätigkeit in der Eingangs-
und Mittelstufe nicht ganz verzichten.
Die folgende Tabelle soll das Prinzip der Wahlkombinationen an einem Bei-
spiel (Leistungskurse Deutsch und Latein) verdeutlichen. Jede Zeile bedeutet
ein Semester, jede Chiffre eine Semesterwochenstunde:

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