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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 16.1973

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Nr. 1
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Buchbesprechungen
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Schwarz, Wolfgang F.: [Rezension von: Catull, Auswahl aus den Carmina, zusammengestellt und erläutert von Rolf Heine, Heft 1 Text und Erläuterungen - Heft 2 Interpretationen]
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Keulen, Hermann: [Rezension von: Horst Braunert, Utopia. Antworten griechischen Denkens auf die Herausforderung durch soziale Verhältnisse]
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https://doi.org/10.11588/diglit.33067#0031

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pretation herauszuarbeiten bedacht ist, hat, um diese Intention angemessen verwirk-
lichen zu können, in der Form der ,Interpretation' bewußt einen Mittelweg zwischen
dem von Detail zu Detail fortschreitenden ,Kommentar' und der thematisch gebundenen
,Monographie' gewählt. Es spricht dabei für die Qualität dieser - wie jeder guten —
Gesamtinterpretation, daß sie aus sorgfältiger Erklärung der historischen, biographi-
schen, grammatischen, metrischen u. a. Einzelheiten erwächst und sich dabei Themen-
kreise abzeichnen, die ihrerseits für den Aufbau der Lektüre im Unterricht fruchtbar
gemacht werden können und eine übergreifende Betrachtung ermöglichen. Aus der
Durchführung selbst, die natürlich von Fall zu Fall je nach den Gegebenheiten des ein-
zelnen Gedichts variiert, lassen sich zwei Konstanten herausheben, auf denen die Dar-
stellung ruht: die Einarbeitung der wissenschaftlichen Literatur und das fundierte eigene
Urteil des Verfassers. Man muß nicht erst von jeder guten Bibliothek abgeschnitten sein,
um mit Dankbarkeit die Akribie und methodische Exaktheit zu registrieren, mit der H.
die wesentlichen Fragestellungen und Ergebnisse der wiss. Literatur bis etwa 1967 mit
klarem, wohlausgewogenem Urteil und durchweg kritisch gesichtet und aufbereitet hat.
Nicht ohne Reiz sind gerade in diesem Zusammenhang der gekonnte, flüssige Stil, der
dem Gegenstand alle Schwere nimmt, und die nicht zu überhörende Ironie gegenüber
allzu schwergewichtigen Einlassungen in so subtiler Materie.
H.’s Beitrag sind darüber hinaus gute eigene Beobachtungen, ein bemerkenswertes Ge-
schick, von der jeweils wesentlichen Seite her Zugang zum Gedicht zu vermitteln, und
die Fähigkeit, die zentralen Momente in klarer Linienführung hervortreten zu lassen.
Mit literarischem Feingefühl eröffnet H. Einblicke in den dichterischen Formwillen und
die Mittel, deren er sich bedient, in die Gestaltung im Detail, das Verhältnis des Details
zum Ganzen, das geistreiche Spiel mit dem Doppelsinn von Begriffen, die Prinzipien des
Aufbaus, Schönheitsstreben und Formbewußtsein. Das Studium des anregenden Büch-
leins ist für den Lehrer und den Studierenden der Klassischen Philologie gleichermaßen
empfehlenswert, ja man sollte auch dem interessierten und begabten Schüler den Zugang
ermöglichen. Das sei gesagt im Hinblick auf eine sogar in Methodiken gelegentlich zu
beobachtende Engherzigkeit im Umgang mit „Lehrerkommentaren“. Die Fülle der An-
regungen kann der einzelne Lehrer nicht ausschöpfen, und das Unterrichtsgespräch kann
nur profitieren, wenn Schüler, bei denen die entsprechenden Voraussetzungen gegeben
sind, in der häuslichen Vorbereitung über die Bewältigung des rein Sprachlichen hinaus
ersten Zugang zur geistigen Auseinandersetzung mit dem literarischen Kunstwerk und
den Prinzipien methodisch sauberer Interpretation gewinnen. W. Schwarz, Würzburg

Horst Braunert: Utopia. Antworten griechischen Denkens auf die Herausforderung
durch soziale Verhältnisse. Veröffentl. d. Schleswig-Holsteinischen Universitätsges. NF
51. Kiel. Hirt-Verlag. 1969. 26 S., DM 2,40.
Seit dem ersten Weltkrieg haben vor allem deutsche Philosophen und Soziologen ein
„utopisches Bewußtsein“ überall da wiedergefunden, wo jemals Menschen gelebt haben
und leben (vgl. K. Mannheim, Art. Utopia: Encycl. of the Social Sciences, 1935; dt.
Übers, in: A. Neusüß, Utopie, Begriff und Phänomen des Utopischen, 1968, 113ff.), und
E. Bloch hat bereits 1918 den „Geist der Utopie“ beschworen und umfassend die Er-
scheinungsformen des Utopischen beschrieben (Das Prinzip Hoffnung; vgl. H. Freyer,
Die politische Insel, 1936). - Der gleichen Thematik im Bereich der Antike geht Brau-
nert nach, indem er „Antworten griechischen Denkens auf die Herausforderung durch
soziale Verhältnisse“ aufsucht, die dann jeweils als Utopien, wenn auch nicht allein in
dem seit Thomas Morus geläufigen Sinne, verstanden werden. Hesiod war der erste, der
durch seine Kritik an der Herrschaft des Adels eine Wandlung der sozialen Verhältnisse
erstrebte (Braunert stellt sich hier in Gegensatz zu M. I. Finley, der dem Dichter aus

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