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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 16.1973

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Buchbesprechungen
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Fröbisch, G.: [Rezension von: Otto Wittstock, Die Algorithmierung der Übersetzung syntaktischer Erscheinungen]
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https://doi.org/10.11588/diglit.33067#0046

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Ausgangspunkt für alle Überlegungen Wittstocks ist der fakultative Lateinunterricht
in den Klassen 11 und 12 der Erweiterten Oberschule der DDR.
„Unerläßliche Voraussetzung für einen rationellen Unterricht ist eine zweckmäßige
Lehrbuchgestaltung. Auf das Gebiet der Syntax angewandt, heißt dies, daß das Lehr-
buch in vernünftiger Abstufung alle wesentlichen von der Muttersprache abweichen-
den Erscheinungen in leicht faßlicher und Mißverständnisse ausschließender Weise dar-
bieten und einüben muß“ (1 f.). W., der sich auf das Teilgebiet der Syntax beschränkt,
beschreibt das Ziel seiner Arbeit so: „Es werden . . . ausgewählte, besonders häufige
und für die Übersetzung schwierige Komplexe betrachtet, für die dann der ganze Weg
der Behandlung von der Erfassung über die Klassifizierung bis hin zu konkreten Vor-
schlägen für optimale Lehr-, Lern- und Einübungsmethoden, wenn möglich algorith-
mischen, durchschritten werden soll“ (3). Da es W. nicht möglich war, innerhalb einer
begrenzten Zeit umfangreiches Material an charakteristischen Schülerfehlern zu sam-
meln, versuchte er, auf anderem Wege ein verläßliches Kriterium zur Definition von
„schwierigen Komplexen“ zu gewinnen. Ausgehend von Fragestellungen bei maschinel-
len Übersetzungen, untersuchte er, wodurch sich das Lateinische vom Deutschen unter-
scheidet bzw. umgekehrt.
Als Textmaterial dienten Texte aus:
Augustinus, Seneca, Livius, Plinius, Caesar, L. Huchthausen u. a., Lateinisches Lehr-
buch; Einführungslehrgang. Berlin 1969 (Lesestücke und zusammenhängende Übun-
gen) = 5978 Wörter.
Nach der Methode der Interlinearversion vorgehend, übersetzte W. Wort für Wort
und Form für Form ins Deutsche, registrierte alle Abweichungen von formaler Ent-
sprechung im deutschen Sprachgebrauch und erarbeitete schließlich eine systematische
Tabelle.
Als Beispiel für insgesamt 42 Abweichungen seien hier genannt:
1: Lateinisch: Das Prädikat im Nebensatz steht in Nichtendstellung
Deutsch: Das Prädikat im Nebensatz steht in Endstellung
13a: L.: Reiner x-Kasus - D.: Reiner y-Kasus
13b: L.: Präposition + x-Kasus - D.: Präposition + y-Kasus.
Nach der Klassifizierung der Abweichungen wandte sich W. folgendem Ziel zu:
„Die Übersetzung der wichtigsten syntaktischen Erscheinungen soll formalisiert wer-
den ... Es kommt also darauf an, den Weg aufzuzeigen, auf dem man vom lateinischen
Original zur deutschen Übersetzung kommt, und dieser Weg soll nicht der der In-
tuition bleiben, der er bis in die jüngste Vergangenheit hinein gewesen ist. Vielmehr
soll die Übersetzung in exakt nachprüfbarer Weise geschehen, wo immer möglich, nach
bestimmten Algorithmen, . . .“ (41). Diese Algorithmen oder Übersetzungsregeln ge-
wann W. unmittelbar aus seiner Aufstellung der zwischen dem Lateinischen und Deut-
schen bestehenden Unterschiede in der Syntax, die eine Interlinearversion unmöglich
machten. Zu den drei oben genannten Beispielen von Abweichungen traten z. B. fol-
gende Übersetzungsregeln:
R 1: Das Prädikat in Nebensätzen ist an ihr Ende zu stellen.
R 13: x-Kasus durch y-Kasus ersetzen.
Lateinische Präposition mit lateinischem Kasus durch deutsche Präposition
mit deutschem Kasus ersetzen.
Zusammengefaßt: Die lateinischen Kasus dürfen, wenn eine formale Über-
tragung nicht sprachgerecht ist, durch die im Wörterbuch angegebenen Ent-
sprechungen ersetzt werden.
Der größere Teil der Regeln ist als absolut verbindliche Anweisung formuliert. Hin-
zu kommen einige „Faustregeln“ sowie mehrere „Kannbestimmungen“. Jeder Über-
setzungsregel („was“) ist eine mehr oder weniger lange Übersetzungsanweisung („wie“)

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