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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 21.1978

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Nr. 3
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Holk, Gerhard: Thesen zu einer lateinischen Fachdidaktik: Gedanken zur Begründung des Faches Latein in der Schule
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https://doi.org/10.11588/diglit.33075#0051

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in beiden Sprachen um zyklisch strukturierte Sätze, in denen das syntak-
tisch übergeordnete Wort am Satzende steht. Der durch lateinische Sätze
dieser Art angeregte Verstehensprozeß macht auch die Baugesetze deut-
scher Sätze durchsichtig und führt auch zum Verständnis und zur besseren
Beherrschung längerer deutscher Sätze sowie Satzperioden.7 Es handelt
sich hier um eine Steigerung der Lesefähigkeit im Hinblick auf spätere an-
spruchsvolle deutsche Lektüre.8
1.3 Im lateinischen Grundkurs werden mit dem Erlernen der lateinischen Spra-
che grammatische Kategorien der Muttersprache bewußt gemacht.9
1.4 Das Erlernen lateinischer Wörter führt zum Verständnis und zur Beherr-
schung vieler deutscher Fremdwörter, die aus dem Lateinischen herrühren.
(Erweiterung der Sprachkompetenz in einem sekundären Bereich der deut-
schen Sprache.)10
2. These: Das Erlernen der lateinischen Sprache bietet Kindern aus bildungsmä-
ßig benachteiligten Elternhäusern eine besondere Hilfe, ein Defizit an deut-
schem Sprachvermögen nachzuholen (sprachkompensatorische Bedeutung des
Lateinischen durch Abbau milieubedingter Sprachbarrieren).
Begründung:
Der Lateinunterricht kann als Faktor sozialkompensierender Sprachschulung
für gymnasialferne Bevölkerungsschichten von großer Bedeutung sein.11 Latein
kann hier voraussetzungsfrei und ohne Vorteil für Kinder aus dem Bildungsbür-
gertum, unter Nutzung der natürlichen Intelligenz des Kindes, unterrichtet wer-
den.12
3. These: Der Beginn des fremdsprachlichen Unterrichts mit Latein ist in Klasse
5 besonders effektiv und daher in vielen Fällen ratsam. Für manche Kinder ist
dies der sinnvollste Weg.
Begründung:
3.1 Für Kinder, die verbal weniger begabt sind und nicht spontan mitteilbar
sind, ist der auf Imitation und Kommunikation eingestellte Englischunter-
richt schwerer als der mehr auf Besinnlichkeit eingestellte Lateinunter-
richt.13
3.2 Für Kinder, deren Artikulationsfähigkeit noch zu wünschen übrig läßt14,
bringt die englische Phonetik zusätzliche Schwierigkeiten, die im Lateini-
schen entfallen.15
3.3 Für Kinder, die zu Legasthenie neigen, bringt die englische Orthographie
zusätzliche Schwierigkeiten, die im Lateinischen entfallen.16
4. These: Das Erlernen der lateinischen Sprache fördert eine Arbeitshaltung, in-
tellektuelle Fähigkeiten und eine geistige Grundeinstellung, die für den späteren
Werdegang des jungen Menschen wichtig sind.
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