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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 22.1979

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Nr. 2
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Buchbesprechungen
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Werner, H.: [Rezension von: Ortrud Stumpfe, Die Heroen Griechenlands - Einübung des Denkens von Theseus bis Odysseus]
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Schönberger, Otto: [Rezension von: K. Beyer, W. Gerlach (Hrsg.), Cicero, De natura deorum. Über das Wesen der Götter. Lateinisch-deutsch]
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Schönberger, Otto: [Rezension von: Harry C. Schnur (Hrsg.), Antike Fabeln. Griechisch/lateinisch/deutsch]
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https://doi.org/10.11588/diglit.33076#0035

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Den sieben Stufen dieses Werdens wird jeweils ein Heros zugeordnet. Theseus meistert
die Triebkraft und das Selbstische. Perseus zeigt die Abstandnahme von der Natur. Bei
Herakles und seinen Taten wird der Umkreis hineingenommen. Er ist das Urbild der Wil-
lenskraft im Menschen. Bei Orpheus werden alle Wesen nachempfunden. Iason zeigt, wie
Machtsüchte bewältigt werden und die Heilkraft im Denken gewonnen wird. Die Sphinx-
Frage an Ödipus weist auf die Elementarübung des Menschen hin, der sich erkennt. Bei
Odysseus ist die Einweihung der starken Seele in die Handlungsmacht zu erkennen. Seine
Schiffbrüche sind die Ausgangssituation aller Reifungserkenntnisse. - Was Theseus im La-
byrinthweg zu meistern begann, wird endlich in den Beobachtungen von Platons Schüler
Aristoteles handwerklich realisiert.
Es ist deutlich geworden, daß nach Meinung der Verfasserin Mythologie keine .Sinn-
gebung des Sinnlosen* ist (S. 7) und daß kulturschöpferische Zeiten nicht albernen Halluzi-
nationen erlagen. Tempel können sowohl im Orient als auch in Hellas nicht für Schemen
gebaut sein. Griechische Götter greifen wie Erzengel in der babylonisch-jüdisch-christlichen
Tradition in schon geformte Erdenwelt ein, .klärend und ordnend und erweckend* (S. 6).
Wer der Verfasserin folgt, wird beeindruckt sein durch die Fülle der Kenntnisse auf den
verschiedensten Gebieten, die betreten werden und von der Mythologie bis zur Kulturge-
schichte und zur Gegenwartskritik reichen.
Allerdings müssen Anmerkungen gemacht werden. Ein häufig verwendetes Wort ist
.Impuls' (auch .impulsierend* wird gebildet S. 169), und dabei wird deutlich, daß die Ver-
fasserin Verbindung zur Anthroposophie hat (R. Steiner wird S. 239 wörtlich zitiert). Da-
mit soll nicht gesagt sein, daß die .strenge Wissenschaftlichkeit* gelitten hat. Aber als Philo-
loge muß man feststellen, daß die Etymologien, insbesondere die der Eigennamen, manch-
mal mindestens sehr einseitig sind. Druckfehler sind nicht ausgeschlossen. Zum Beispiel
wird Eos als Bruder (!) des Helios bezeichnet (S. 165). Trinakia (Sizilien) wird Thrinakia
geschrieben und mit Thrinas, Blitzbündel zusammen gebracht (S. 248/249). Penelope kann
mit Pene = Ente oder = Einschlag verbunden werden; beide Möglichkeiten werden angebo-
ten (S. 258).
Charakteristisch sind Wortbildungen wie .Verphrasung* (S. 10), .Kernung der Persona-
lität* (S. 17), .ausplastiziert' (S. 117), .Zielung* (S. 124).
Eine Zeittabelle (von 7000 v. Chr. bis Alexander), Abbildungen mit Erläutern, ^en und
Bücherhinweise sind beigefügt. Leider fehlt ein Namens- und Sachindex, der angesichts der
Fülle des Materials und der Vergleiche'sehr vermißt wird.
Nur von einem Fachlehrer, der an der Mythologie interessiert ist und kritisch Stellung
nehmen kann, sollte das Buch Schülern empfohlen werden, die ihrerseits Vorkenntnisse be-
sitzen und Interesse an der Sagenwelt haben. Unter dieser Vorbedingung ist angesichts der
Reichhaltigkeit und der eindeutig vertretenen .Weltanschauung* eine gewinnreiche Lektüre
zu erwarten. Insofern muß man auch dem nächsten Buch der Verfasserin , Vom babyloni-
schen Turm aus gesehen - Antike im Gesetz des Kosmos' mit Interesse entgegensehen.
H. Werner
Cicero. De natura deorum. Über das Wesen der Götter. Lateinisch - deutsch. Ed. K. Bayer,
W. Gerlach. München (Heimeran), 896 S., 80,- DM
Gute Textausgabe mit ausführlichem kritischem Apparat. Die Übersetzung ist klar und ver-
ständnisvoll. Gute, ausführliche Erläuterungen; besonders nützlich die Darstellung der
„Nachwirkung“ der Schrift, einer der schönsten Ciceros.
Antike Fabeln. Griechisch/lateinisch/deutsch. Herausgegeben und übersetzt von Harry C.
Schnur. München (Heimeran) 1978, 349 S., 42,- DM
Geistreiches Vorwort, das gründlich mit der Dithmarschen Fabeltheorie aufräumt und über
Geschichte und Verfasser von Fabeln im Altertum informiert. Nach den Vorläufern (He-
siod, Archilochos) gute Auswahl aus Aesop, Phaedrus, Babrius, Avian mit lebendiger Über-
setzung. O. Schönberger

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