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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 38.1995

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Nr. 3
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Besprechungen
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Unger, Hans Dietrich: [Rezension von: Friedrich Maier, Grundtexte Europas. Epochale Ereignisse und Existenzprobleme der Menschheit]
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https://doi.org/10.11588/diglit.33096#0123

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Besprechungen

fr/edr/ch Ma/er, Grundfexte Europas, fpoc/ia/e Fre/'gn/'sse und Fx/sfenzprob/eme der Menscbbe/f.
Fcbü/erband (DM 79,00) undLebrerkommenfar (DM23,00).' Bucbner, Bamberg 7095.
„Etenim qui5 moDalium, quoi virile ingenium est, tolerare potest illis divitias superare, quas
profundant in exstruendo mari et ...?" Dieser Satz aus der Coniuratio Catilinae (20,11) bietet dem
Lateinlehrer vielfältige Anlässe zum Fragen: Welcher Genitiv ist „mortalium"? Welche sprachliche
Besonderheit liegt bei „quoi" vor? In welchem Modus steht „profundant" und warum? Ist
„exstruendo" ein Gerundium oder ein Gerundiv? - Schülerinnen und Schüler der 11. Klasse, die in
ihrem - in der Regel - letzten Lateinjahr mit solchen Fragen oft monatelang durch die Sallust-
Lektüre gequält werden, fragen sich danach mit Recht: „Was hat mir das gebracht? Wen interessie-
ren heute die Ursachen und Hintergründe einer Revolution, die vor 2000 Jahren gescheitert ist?"
oder, falls sie sich lateinisch ausdrücken (würden): „Quid id ad me?"
Alle Apologeten des Lateinunterrichts sind wenig hilfreich, wenn sie Lehrenden und Lernenden
nicht auch Materialien an die Hand geben, die interessant und aktuell sind und an die man sich
auch nach Abschluß des Lateinunterrichts noch erinnert, weil die Inhalte motivierend waren, weil
man Erkenntnisse gewinnen und Zusammenhänge erkennen konnte, weil man gelegentlich viel-
leicht sogar betroffen war. Denn die Erkenntnisse eines europäischen Kultur-Kontinuums von der
Antike über das Mittelalter in die Neuzeit, rezeptionsgeschichtlich sogar bis in unsere Gegenwart,
ist für die meisten Schüler neu, interessant und anregend.
Nachdem Friedrich Maier 1992 mit „Stichwörter der europäischen Kultur" die Reihe „Antike und
Gegenwart" eröffnet und neue Weg zu einer unverkrampften Aktualisierung antiker Stoffe gewie-
sen und 1993 mit „Cicero in Verrem" die „Redekunst als Waffe" entlarvt hatte, liegen jetzt der
Schülerband und der Lehrerkommentar der „Grundtexte Europas" vor. Diese für die 11. Klasse ge-
dachte Textsammlung stellt, wie der Untertitel sagt, „Epochale Ereignisse und Existenzprobleme
der Menschheit" dar, bahnbrechende Erkenntnisse und Entdeckungen, abgefaßt in lateinischer
Sprache, der lingua franca Europas bis ins späte 19. Jahrhundert. Bei der Auswahl der Texte ließ
sich der Verfasser von drei Kriterien leiten: Grundwerte der Menschheit, Erziehung zur Verantwor-
tung und fächerübergreifende Zusammenarbeit.
Nikolaus Kopernikus hatte mit seinem Werk „De revolutionibus orbium caelestium"
eine wissenschaftliche Revolution eingeleitet und damit den Weg zur Erforschung der Erde freige-
macht. Der Kopernikanischen Wende wird in Kontrasttexten von Cicero und Xenophon (dieser in
deutscher Übersetzung) die Sokratische Wende gegenübergestellt. Das ganze Kapitel umfaßt 11
Seiten, die reich bebildert sind. Schon dieses erste Kapitel zeigt das Gestaltungsprinzip der
Textsammlung: Im Zentrum stehen lateinische Texte, die durch Wortschatz-, Sach- und Konstrukti-
onshilfen im Sub-Iinea-Kommentar und durch Leitfragen erschlossen werden. Die Thematik der
Zentraltexte wird durch ebenfalls mit Hilfe von Leitfragen erschlossene Zusatztexte bedeutender
Autoren abgerundet oder erweitert und die überwiegend farbigen Abbildungen informieren und
schaffen Gesprächsanlässe.
Im zweiten Kapitel „Wissen ist Macht" wird an Hand von Ausschnitten aus „De sapientia veterum"
von Francis Bacon der Bogen von Ödipus und dem Rätsel der Sphinx über Augustus hin zur
„scientia experimentalis" geschlagen, die den Beginn des technischen Zeitalters markierte. Zu kriti-
scher Betrachtung des Themas regt der Hinweis auf Chaplins Film „Modern Times" an, der in einem
Bild von Larry Rivers (1988) reflektiert wird.

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