Breitzeichnende Stifte.
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rühmt1. Dabei erfuhr der Hauptzweck dieser Grundierungen, die Höhungs*
möglichkeit, nicht immer Beachtung. Man begnügte sich mit der geringsten An-
deutung der Lichter oder konnte auch ganz davon absehen. Michelangelo ver*
zichtete in all seinen Kreide« oder Rötelstudien auf Grundierung und Höhung.
Die ausgiebigste Förderung in allen Landen und Schulen leistete die Ein« Auf Natur»
fuhrung der Naturpapiere. Das blaue Venezianer Papier (carta turdiina) papieren,
diente der Kreide zuerst in Venedig (Carpaccio)2, wanderte dann um die Mitte
des 16. Jahrhunderts südwärts bis Florenz und westlich ins Mailändische. Die
Carraccisten benützten außerdem lichtbräunliche und grobe, schwarzgraue
Nuancen (siehe Kap. Papiere).
Im 16. Jahrhundert beginnt bereits (besonders in der zweiten Hälfte) das Kombinierte
Zusammenarbeiten von Kreide mit anderen Zeichenmitteln, ein bunter Wechsel Kreidezeich*
von allerlei Schul; und Künstlereigentümlichkeiten, die sich schwer überschauen rmngen.
und gruppieren lassen. Eine gesetzmäßige Abfolge ist nicht zu konstatieren;
mit dem jeweiligen Hinzutreten neuer Behelfe setzt eine neue Variation ein,
die sich rasch und willkürlich verbreitet. Nicht allein individuelle Neigungen,
auch Zufälligkeiten aller Art vereinigen sich zu immer neuen Differenzierungen
und führen schließlich zu einem für den Forscher verwirrenden Bilde. Es lohnt
s'ch demnach nur, die verschiedenen Kombinationen, in welche die Steinkreide
einzutreten vermochte, deutlich herauszuheben. Ein vollständiges Aufführen aller
Varianten würde weder die Übersicht fördern, noch das technische Bild vers
vollkommnen.
L Kreide mit weißer Höhung auf toniger Unterlage (aux deux crayons).
-■ Kreide mit Rötel auf weißen Papieren.
3. Kreide und Rötel mit weißer Höhung auf getonter Unterlage (in matita
rossa e nera, aux trois crayons).
4. Kreide mit einzelnen Pastellstiften.
5. Kreide auf getonten Papieren mit einfachen oder mehrfarbigen Lavierungen.
6. Kreide und Feder mit Lavierungen.
Hiebei sei auf einzelne Kapitel wie Feder, Rötel, Pastelle mit mancherlei
Ergänzungen, insbesondere auf die Kreide = Rötelkombination hingewiesen.
So wie man im allgemeinen beobachten kann, daß mit dem Aufstreben eines
starken führenden Genius die ganze Kunstweise eine Rückkehr zur Vereins
fachung erfährt, so läßt sich auch auf dem Gebiete der Zeichnung dieselbe
Erscheinung: die Anwendung einfachster Mittel konstatieren. Umgekehrt lebt
in Zeiten des Niederganges und des Manierismus alle Kompliziertheit auf, ein sinn*
loses, unharmonisches Zusammentun aller graphischen Elemente, die gemischte
Technik. Auch in der Entwicklung der Kreidezeichnung ließen sich bald
da, bald dort, in diesem und jenem Jahrhundert Verfallsmomente konstatierjn.
In Deutschland begegnet uns die Kreide nachweisbar zuerst bei Dürer, Deutschland
wenngleich sie auch hier schon vor oder um 1500 im Gebrauch sein mochte.
■Giordano benützte nach Bellori gleich das beim Spitzen entstandene Pulver des
betreffenden Zeichenmittels, Kreide oder Rötel (Bellori, Le Vite de Pittori, Scultori ed
Architetti moderni. Rom 1672; hier zitiert 2. Aufl. Rom 1728, S. 308).
2 Carpaccio, Mann nach links gehend, München 2947, A. P. 592.
Meder, Handzeichnung. 2. Aufl. 8
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rühmt1. Dabei erfuhr der Hauptzweck dieser Grundierungen, die Höhungs*
möglichkeit, nicht immer Beachtung. Man begnügte sich mit der geringsten An-
deutung der Lichter oder konnte auch ganz davon absehen. Michelangelo ver*
zichtete in all seinen Kreide« oder Rötelstudien auf Grundierung und Höhung.
Die ausgiebigste Förderung in allen Landen und Schulen leistete die Ein« Auf Natur»
fuhrung der Naturpapiere. Das blaue Venezianer Papier (carta turdiina) papieren,
diente der Kreide zuerst in Venedig (Carpaccio)2, wanderte dann um die Mitte
des 16. Jahrhunderts südwärts bis Florenz und westlich ins Mailändische. Die
Carraccisten benützten außerdem lichtbräunliche und grobe, schwarzgraue
Nuancen (siehe Kap. Papiere).
Im 16. Jahrhundert beginnt bereits (besonders in der zweiten Hälfte) das Kombinierte
Zusammenarbeiten von Kreide mit anderen Zeichenmitteln, ein bunter Wechsel Kreidezeich*
von allerlei Schul; und Künstlereigentümlichkeiten, die sich schwer überschauen rmngen.
und gruppieren lassen. Eine gesetzmäßige Abfolge ist nicht zu konstatieren;
mit dem jeweiligen Hinzutreten neuer Behelfe setzt eine neue Variation ein,
die sich rasch und willkürlich verbreitet. Nicht allein individuelle Neigungen,
auch Zufälligkeiten aller Art vereinigen sich zu immer neuen Differenzierungen
und führen schließlich zu einem für den Forscher verwirrenden Bilde. Es lohnt
s'ch demnach nur, die verschiedenen Kombinationen, in welche die Steinkreide
einzutreten vermochte, deutlich herauszuheben. Ein vollständiges Aufführen aller
Varianten würde weder die Übersicht fördern, noch das technische Bild vers
vollkommnen.
L Kreide mit weißer Höhung auf toniger Unterlage (aux deux crayons).
-■ Kreide mit Rötel auf weißen Papieren.
3. Kreide und Rötel mit weißer Höhung auf getonter Unterlage (in matita
rossa e nera, aux trois crayons).
4. Kreide mit einzelnen Pastellstiften.
5. Kreide auf getonten Papieren mit einfachen oder mehrfarbigen Lavierungen.
6. Kreide und Feder mit Lavierungen.
Hiebei sei auf einzelne Kapitel wie Feder, Rötel, Pastelle mit mancherlei
Ergänzungen, insbesondere auf die Kreide = Rötelkombination hingewiesen.
So wie man im allgemeinen beobachten kann, daß mit dem Aufstreben eines
starken führenden Genius die ganze Kunstweise eine Rückkehr zur Vereins
fachung erfährt, so läßt sich auch auf dem Gebiete der Zeichnung dieselbe
Erscheinung: die Anwendung einfachster Mittel konstatieren. Umgekehrt lebt
in Zeiten des Niederganges und des Manierismus alle Kompliziertheit auf, ein sinn*
loses, unharmonisches Zusammentun aller graphischen Elemente, die gemischte
Technik. Auch in der Entwicklung der Kreidezeichnung ließen sich bald
da, bald dort, in diesem und jenem Jahrhundert Verfallsmomente konstatierjn.
In Deutschland begegnet uns die Kreide nachweisbar zuerst bei Dürer, Deutschland
wenngleich sie auch hier schon vor oder um 1500 im Gebrauch sein mochte.
■Giordano benützte nach Bellori gleich das beim Spitzen entstandene Pulver des
betreffenden Zeichenmittels, Kreide oder Rötel (Bellori, Le Vite de Pittori, Scultori ed
Architetti moderni. Rom 1672; hier zitiert 2. Aufl. Rom 1728, S. 308).
2 Carpaccio, Mann nach links gehend, München 2947, A. P. 592.
Meder, Handzeichnung. 2. Aufl. 8