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Meder, Joseph
Die Handzeichnung: ihre Technik und Entwicklung — Wien, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.9755#0726
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Verluste und Schädigungen.

meist wertlos geworden zu sein. Hob sie ein Schüler, ein Freund und Verehrer
auf, war sie in einem Skizzenbuch geborgen, hatte der Meister das Glück,
damit Geld zu verdienen, oder war er selbst von sorgsamer Art, seine Arbeiten
auch in der Skizze zu schätzen — das bestimmte ihr Los. Viele Maler hatten
die Gewohnheit, ihre Studien jahrelang in ihrem Atelier an den Wänden
hängen zu lassen, ohne jeden Glasschutz, so daß sich der Staub dicht darauf
ablagerte. Barocci z. B. brachte viele seiner auf schmale Holzrähmchen ge?
spannten Zeichnungen zur Aufstellung; so fand sie noch Kardinal Camerlengo
Albani, der den späteren Besitzer Viviani im Jahre 1729 besuchte1. Am frühesten
verdarben die Großformate und Kartons, weil man für sie keinen Raum hatte.
Nach dem Tode der Meister ließ man sie zugrunde gehen, kaum daß noch
die Köpfe herausgeschnitten wurden.
Mißgeschick ^° f™n auch das Sammeln begann, dem Verderben war doch nur in den
in Samms seltensten Fällen ein Ziel gesetzt. Die Mißgunst der Zeiten, Revolutionen,
lungen. Krieg und Brand räumten mit den sorgfältigst gehegten Beständen auf, so daß
es beinahe verwunderlich erscheint, daß wir überhaupt etwas überkommen
haben. Selbst die Landstraße konnte in jenen unsicheren Zeiten Kunstwerken
während des Transportes Gefahr bringen. Herzog August d. J. von Brauns
schweig (1635—1666) sandte an den Großen Kurfürsten unter Beilage einer
Dürer?Zeichnung ein Postskript: «Oben hats ein kleines löchlein, obs von alter,
oder wegen des eröfnens von etlichen Strassenraubern zwischen Augsburg und
Nürnberg also zugerichtet, kan ich nicht wissen, es schadet aber so eben nicht:
dan es in der lufft2.» Das meiste an Vernichtung bereits bestehender Samm?
lungen leisteten die Schloß? und Hausbrände. Andre Charles Boulle, der
berühmte Möbelkünstler Ludwigs XIV, verlor 1720 durch eine Feuersbrunst
außer anderen Schätzen im admirable recueil de dessins des plus fameux maitres
de toutes ecoles, estime 60.000 /i'vres3.

Schädigung "VC^as der Zeiten Umsturz uns gelassen, unterlag noch den schädigenden
Einflüssen der Natur und der schlechten Behandlung mancher, die sich auf
die Schätzer hinausspielten. Grelles Licht, Feuchtigkeit und Schimmelpilze ver?
änderten die Farben der alten Grundierungen, verwässerten die Feder? und
Pinselstriche und erzeugten allerlei Flecke (Stockflecke, Wasserflecke mit schar?
fen Konturen). Scharfe, viel Eisenvitriol enthaltende Tinten setzten Rost ab,
der im Laufe der Zeit das Papier durchfraß (Beispiele bei Raffael, Passerotti,
Guercino, Cambiasi, Rembrandt). Dem Einflüsse der Zeit und des Sonnen?
durch lichtes ist ferner das Vergilben der Papiere zuzuschreiben. Diese Umfärbung
Vergilben konnte sich durch Aufnahme von Staub bis zum tiefen Braun steigern. Merk?

und würdige Veränderungen machten lichte Grundierungen und Naturpapiere durch,
Verblassen, welche ihren ursprünglichen Ton vollständig verloren. Die grün grundierten
Papiere (terra verde) nahmen einen schmutzigen, lederartigen Ton an, rosa? und
blaue Farben verblaßten bis auf einen leichten Schimmer; ebenso lila und

1 Federigo Baroccis Zeichnungen, Eine kritische Studie von Aug. Schmarsow (Abhand?
lungen d. phibhist. Kl. d. kgl. sächs. Gesellsch. d. Wissensch. XXVIII, Nr. III, S. 4).

2 E. Friedländer, Eine Dürersche Handzeichnung, Jahrb. d. pr. Ks. 12, S. 116.

3 E. Bonnaffe, op. cit., p. 38.
 
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