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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 8.1863

DOI Heft:
Nr. 3 (März 1863)
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Weininger, Hans: Die mittelalterlichen Teppiche im Rathhause zu Regensburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.25927#0067

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nebst Reg-ister sowohl für Wien
4fl.20i:r.Öst.W.,beiporto-
4<1.60kr. Öst. W.

M!TTHE!HJM6EW
DER K. IÄ. CENTRAL- COMMISSION



Herattsge^Len unter der Leitung des Präsidenten der L k. Lentrai-Comniission Sr. Excetienz Karl Freiherrn V. Czoemig.

3.

Redacteur: Rar! Weiss.

VIII. Jahrgang.

März


Die mittelalterlichen Teppiche im Rathhause zu Regensburg.
Von Hans Weininger.

In weiteren Kreisen ist die Ansicht verbreitet, dass
erst im XIII. oder XIV. Jahrhundert die Frauen oder
Fräuteins sich mit Stickereien beschäftigten. Doch kam
dies schon im grauesten Atterthume vor. Bereits der atte
Homer benachrichtigt uns in seiner Itias, dass die vielbe-
sungene Hetena sich vor alten Frauen ihrer Zeit durch die
Leichtigkeit hervorthat, mit der sie aus freier Hand unge-
mein zierliche Stickereien in s Leben rief. Eben so zeich-
nete sich die fromme Mutter des ersten christlichen Kai-
sers Constantin in kirchlichen Stickereien aus. Die Stadt
Vercelli rühmt sich, im Besitze einer gestickten Madonna
zu sein, welche der heiligen Helena ihre Entstehung ver-
dankt. Hugo Capet's Frau, die Königin Adelheide, schenkte
der berühmten Kirche des heiligen Martin zu Tours ein
aus Goldfäden kostbar gesticktes Messgewand, welches auf
der Rückseite, Gottvater, umgeben von Seraphinen, und auf
der Vorderseite das Lamm Gottes, begleitet von den Sym-
bolen der vier Evangelisten zeigte. Auch die Abteikirche
zu St. Denis, wurde von ihr mit einer bewundernswert
schön gestickten Casula (Messgewand) bedacht. Altere
Schriftsteller unterlassen nicht zu bemerken, dass die Kai-
serin Judith, die Mutter Karl's des Kahlen, in allen Künsten
des Stickens überaus erfahren war. Dessgleichen ist jedem
Geschichtsfreunde bekannt, dass die Töchter Kaiser Karl's
des Grossen in sämmtlichen weiblichen Handarbeiten, wor-
unter selbstverständlich die Kunstfertigkeit des Stickens zu
zählen, wohl unterrichtet waren, und dass hierin überhaupt
an den Höfen der Mächtigen im Dienste der Kirche bereits
ganz Vorzügliches geleistet wurde.
Wie uns Fr. Bock in seiner Geschichte der liturgi-
schen Gewänder des Mittelalters i) belehrt, war nicht nur
i) Bonn, Verlag von Henry nnd Cohen. Ein eben so prachtvoti ausge-
stattetes wie mit seltener Frische, Anschauiichkeit und Sachkenntnis
vm.

in der Benedictinerabtei St. Gallen, sondern auch in ande-
ren Abteien dieses Ordens, am Rheine wie an der Donau,
die Kunst des Stickens und Webens im X. Jahrhundert
einheimisch. Nicht nur dass in der altberühmten Abtei St.
Emeran zu Regensburg Purpurstoffe angefertiget wurden,
welche mit dem Safte der Conchylie gefärbt waren, hatte
der Mönch Engilmar vollauf zu thun mit Herstellung von
künstlichen Webereien und Stickereien in Gold, Silber
und Scharlach. Nur wenige Namen solcher kunstgeübter
Personen haben sich jedoch auf uns erhalten, denn den
bescheidenen alten Meistern war es nur zu thun, Gott,
seine Heiligen und die Kirche durch fromme Kunstschöpfun-
gen zu verherrlichen, nicht aber mit ihren Namen zu prun-
ken. Eine der wenigen Künstlerinnen, deren Namen sich
bis jetzt erhalten, hiess Alwid, welche zu Ashley in der
Grafschaft Buckingham ein Gut bessas. Dieser vortrefflichen
Stickerin übertrug Graf Gottric für einige Zeit die Nutz-
niessung einer Strecke Landes unter der Bedingung, dass
Alwida seiner Tochter Unterricht gebe in der Kunst, die
Säume der Gewänder durch Stickereien auszuschmücken.
Eine andere Künstlerin in diesem Fache —Levide— war
überhäuft mit Arbeiten für den König, wie für die Königin.
Der Sage nach verfertigte die Äbtissin Mathilde von Qued-
linburg für Otto III. einen reichgestickten Kaisermantel,
worauf in kunstvoller Nadelwirkerei Scenen aus der Offen-
barung Johannes angebracht waren. Auch Kunigunde, die
fromme Gemahlin Kaiser Heinrich's II., soll für diesen ein
kostbares Gewand gefertiget haben, welches mit Gold, Per-
len und Edelsteinen auf's Reichste ausgestattet war. Als
die älteste und zugleich grossartigste kirchliche Stickerei,
die dem Verfasser der Geschichte der liturgischen Gewän-


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