XLIV
Die übrigen alten gothischen Kirchen und öffent-
lichen Privatgebäude Prags sind theils durch Kalk-
anwurf, sowie durch mehrmalige Übertünchungen zu sehr
bedeckt und iiberkrustet, als dass man an ihnen ähnliche
Zeichen wahrnehmen könnte.
Merkwürdig sind die Steinmetzzeichen im Schiffs-
und Chorbau derSt. Barbarakirche zu Kuttenberg.
Man trifft diese Zeichen an dem steinernen Celändcu
um den Hochaltar in den primitivsten Formen, ferner in
den Triforien des Chores und den Emporen des Lang-
hauses an. Hier in dem Baue zweier grosser Meister
aus der Wladislaw'scken Regierungsperiode, nämlich
Matthias Raisek (1490—1506?) und des Benes von
Baun (1511—1520), endlich des gerühmten Steinmetzen
Meister Nikolaus, hnden wir deutlich, wie die alte,
typische Linien - und Winkelform des Steinmetzzeichens
in den Buchstabencharakter überging, und dieser seine
Geltung fast bis zur Jetztzeit behielt, und nur durch
Numerirung der Steinquadern in der Architectur unserer
Tage sein Ende fand. Taf. NH, sub 0, zeigt die
Steinmetzzeichen an dem Geländer um den Hochaltar
und sub P die wichtigsten Zeichen an den Emporen
und Gallerien dieser Kirche.
Sehr karg sind die andern Baudenkmale Kutten-
bergs damit bedacht. So hnden wir an dem östlichen
Erker der k. k. Normalhauptschule nur zweier-
lei Zeichen, Taf. XII, Q.
An dem herrlichen, jedoch verkommenen steiner-
nen Brunnen trifft man die Jahreszahl 1891 nnd die
Taf. XII, R wiedergegebenen drei Zeichen.
Die übrigen Baudenkmale dieser Stadt boten bis
jetzt nichts Erhebliches dar.
Ähnliche Zeichen, wie wir derlei an dem Thurrne
zu Klingenberg und bei andern Bauobjecten Prags wahr-
nahmen, sehen wir auch auf dem uralten Kirchen-
thur me zu Charvatec, siehe die Taf. XII,S. An dem
Stiegengehäuse des hohen, 1465 angelegten Kirclien-
tlmrmes zu Gaslau erblicken wir die (Taf. XII, T)
abgebildete Steinmetzmarke; ferner an einem Pfeiler des
Musikchores das sub U wiedergegebene, endlich an dem
westlichen Hauptportale das sub V abgebildete Zeichen
dreimal, und das s.W dargestellte, einmal ausgemeisselt.
In der uralten Kirchenruine zu Kloster, unfern
Münclicngrätz im Bunzlauer Kreise, wo schon 1054 ein
Benedictinerstift angelegtwordenwar, erscheint auf einer
Gewölbgurte das Buchstabenzeichen, welches Taf. XII
sub X zeigth
Merkwürdig bleibt das von mir entdeckte Mono-
gramm in der uralten Pfarrkirche zu Zäbof, Caslauer
Kreises. Es befindet sich in dem Kclchcapitäl einer
Säule nächst dem Hochaltäre. (S. Taf. XII sub Y.)
Bei all' diesen hier angeführten Zeichen ist ein
grosser Unterschied sichtbar, und trotz der Formähnlich-
keit stellen sich, in Böhmen so gut wie anderswo, eigen-
tliümliche Typen dieser Handwerkszeichen heraus; man
vergleiche u. a. nur das treffliche Werkchen des Dr.
H. Luchs „Denkmäler der St. Elisabethkirche zu
Breslau" (1860); daun dessen: „Bildende Künstler
in Schlesien nach Namen und Monogrammen" (4863).
Die von mehreren Architekten und Archäologen ausge-
sprochene Ansicht, dass die an den Quaderbauten alter
Zeit vorkommenden Steinmetzzeichen, einiges Licht
über die Bauzeit und Bauhütten verbreiten dürften,
ist nicht ohne allen Grund. Bis jetzt ist die Kunde dieser
Zeichen aber wolil noch zu unsicher, um ähnliche
Schlüsse zu erlauben.
Ich werde mich bemühen in der nächsten Zeit eine
Fortsetzung dieser Zeichen sowohl, wie einiger interes-
santen Marken und Künstlermonogramme folgen zu
lassen. JoacpA A?<?%e.$cA.
Besprechungen.
Das k, k. österreichische Museum für Kunst und Industrie.
Das k. k. österr. Museum für Kunst und Industrie
wurde nach dem Vorbild des South-Kensington-Muse-
ums in das Leben gerufen, welches im Jahre 1852 auf
Anregung des Prinzen Albert entstand, dessen Idee, den
Geschmack des Publicums und vorzüglich den der Pro-
ducenten zu veredeln, bei der Bevölkerung Englands in
der That die energischste Unterstützung fand. Das Par-
lament erkannte die hohe Wichtigkeit einer solchen An-
stalt und stellte mächtige Summen für Ankäufe zur Ver-
fügung b Private vermehrten die Sammlungen durch
reiche Geschenke und Legate, und so erklärt sich die
Grossartigkeit, mit welcher das Kensington-Museum fast
mit einem Schlage vor den Augen der Welt dastand. Es
umfasst mehrere Gebäude, die eine „Kunstschule",
eine Bibliothek, welcher Handzeichnungen, Kupfer-
stiche, Photographien u. s. w. beigegeben sind, eine
Abtheilung von ornamentalen Gegenständen* und
endlich eine Gemäldegallerie enthalten.
Die Gründung des k. k. österr. Museums für Kunst
und Industrie fand zufolge einer allerhöchsten Ent-
schliessung vom 7. März 1863 statt, und wenn man die
Schwierigkeiten bedenkt, mit welchen dieses neue In-
stitut vor seiner Eröffnung zu kämpfen hatte, so muss
man der Thätigkcit des provisorischen Comite's^ volle
Anerkennung zollen, welches ermöglichte, dass die Er-
öffnung des Museums schon im Mai 1864 statthnden
konnte. Durch die wahrhaft grossartige Munißcenz, mit
welcher Se. Majestät der Kaiser die kostbarsten Gegen-
stände aus der k. k. Hofbibliotliek, aus der Belvedere-
*120.000 an Zahl. Diese Abtheilung allein rief binnen kurzem 6000 industrielle
Zeichner hervor, von denen die Besten bedeutende Jahresgehalte beziehen.
2 Das provisorische Comite bestand aus dem Herrn Sectionschef v. Lewinsky,
dem kaiserl. Schatzmeister J. G. Seidl, Sectionsrath G. Heider und Prof.
Rudolph v. Eitelberger. Es wurde nach Beendigung seiner Aufgabe am
1. März 1864 unter Bezeigung der Allerh. Zufriedenheit aufgelöst.
Die übrigen alten gothischen Kirchen und öffent-
lichen Privatgebäude Prags sind theils durch Kalk-
anwurf, sowie durch mehrmalige Übertünchungen zu sehr
bedeckt und iiberkrustet, als dass man an ihnen ähnliche
Zeichen wahrnehmen könnte.
Merkwürdig sind die Steinmetzzeichen im Schiffs-
und Chorbau derSt. Barbarakirche zu Kuttenberg.
Man trifft diese Zeichen an dem steinernen Celändcu
um den Hochaltar in den primitivsten Formen, ferner in
den Triforien des Chores und den Emporen des Lang-
hauses an. Hier in dem Baue zweier grosser Meister
aus der Wladislaw'scken Regierungsperiode, nämlich
Matthias Raisek (1490—1506?) und des Benes von
Baun (1511—1520), endlich des gerühmten Steinmetzen
Meister Nikolaus, hnden wir deutlich, wie die alte,
typische Linien - und Winkelform des Steinmetzzeichens
in den Buchstabencharakter überging, und dieser seine
Geltung fast bis zur Jetztzeit behielt, und nur durch
Numerirung der Steinquadern in der Architectur unserer
Tage sein Ende fand. Taf. NH, sub 0, zeigt die
Steinmetzzeichen an dem Geländer um den Hochaltar
und sub P die wichtigsten Zeichen an den Emporen
und Gallerien dieser Kirche.
Sehr karg sind die andern Baudenkmale Kutten-
bergs damit bedacht. So hnden wir an dem östlichen
Erker der k. k. Normalhauptschule nur zweier-
lei Zeichen, Taf. XII, Q.
An dem herrlichen, jedoch verkommenen steiner-
nen Brunnen trifft man die Jahreszahl 1891 nnd die
Taf. XII, R wiedergegebenen drei Zeichen.
Die übrigen Baudenkmale dieser Stadt boten bis
jetzt nichts Erhebliches dar.
Ähnliche Zeichen, wie wir derlei an dem Thurrne
zu Klingenberg und bei andern Bauobjecten Prags wahr-
nahmen, sehen wir auch auf dem uralten Kirchen-
thur me zu Charvatec, siehe die Taf. XII,S. An dem
Stiegengehäuse des hohen, 1465 angelegten Kirclien-
tlmrmes zu Gaslau erblicken wir die (Taf. XII, T)
abgebildete Steinmetzmarke; ferner an einem Pfeiler des
Musikchores das sub U wiedergegebene, endlich an dem
westlichen Hauptportale das sub V abgebildete Zeichen
dreimal, und das s.W dargestellte, einmal ausgemeisselt.
In der uralten Kirchenruine zu Kloster, unfern
Münclicngrätz im Bunzlauer Kreise, wo schon 1054 ein
Benedictinerstift angelegtwordenwar, erscheint auf einer
Gewölbgurte das Buchstabenzeichen, welches Taf. XII
sub X zeigth
Merkwürdig bleibt das von mir entdeckte Mono-
gramm in der uralten Pfarrkirche zu Zäbof, Caslauer
Kreises. Es befindet sich in dem Kclchcapitäl einer
Säule nächst dem Hochaltäre. (S. Taf. XII sub Y.)
Bei all' diesen hier angeführten Zeichen ist ein
grosser Unterschied sichtbar, und trotz der Formähnlich-
keit stellen sich, in Böhmen so gut wie anderswo, eigen-
tliümliche Typen dieser Handwerkszeichen heraus; man
vergleiche u. a. nur das treffliche Werkchen des Dr.
H. Luchs „Denkmäler der St. Elisabethkirche zu
Breslau" (1860); daun dessen: „Bildende Künstler
in Schlesien nach Namen und Monogrammen" (4863).
Die von mehreren Architekten und Archäologen ausge-
sprochene Ansicht, dass die an den Quaderbauten alter
Zeit vorkommenden Steinmetzzeichen, einiges Licht
über die Bauzeit und Bauhütten verbreiten dürften,
ist nicht ohne allen Grund. Bis jetzt ist die Kunde dieser
Zeichen aber wolil noch zu unsicher, um ähnliche
Schlüsse zu erlauben.
Ich werde mich bemühen in der nächsten Zeit eine
Fortsetzung dieser Zeichen sowohl, wie einiger interes-
santen Marken und Künstlermonogramme folgen zu
lassen. JoacpA A?<?%e.$cA.
Besprechungen.
Das k, k. österreichische Museum für Kunst und Industrie.
Das k. k. österr. Museum für Kunst und Industrie
wurde nach dem Vorbild des South-Kensington-Muse-
ums in das Leben gerufen, welches im Jahre 1852 auf
Anregung des Prinzen Albert entstand, dessen Idee, den
Geschmack des Publicums und vorzüglich den der Pro-
ducenten zu veredeln, bei der Bevölkerung Englands in
der That die energischste Unterstützung fand. Das Par-
lament erkannte die hohe Wichtigkeit einer solchen An-
stalt und stellte mächtige Summen für Ankäufe zur Ver-
fügung b Private vermehrten die Sammlungen durch
reiche Geschenke und Legate, und so erklärt sich die
Grossartigkeit, mit welcher das Kensington-Museum fast
mit einem Schlage vor den Augen der Welt dastand. Es
umfasst mehrere Gebäude, die eine „Kunstschule",
eine Bibliothek, welcher Handzeichnungen, Kupfer-
stiche, Photographien u. s. w. beigegeben sind, eine
Abtheilung von ornamentalen Gegenständen* und
endlich eine Gemäldegallerie enthalten.
Die Gründung des k. k. österr. Museums für Kunst
und Industrie fand zufolge einer allerhöchsten Ent-
schliessung vom 7. März 1863 statt, und wenn man die
Schwierigkeiten bedenkt, mit welchen dieses neue In-
stitut vor seiner Eröffnung zu kämpfen hatte, so muss
man der Thätigkcit des provisorischen Comite's^ volle
Anerkennung zollen, welches ermöglichte, dass die Er-
öffnung des Museums schon im Mai 1864 statthnden
konnte. Durch die wahrhaft grossartige Munißcenz, mit
welcher Se. Majestät der Kaiser die kostbarsten Gegen-
stände aus der k. k. Hofbibliotliek, aus der Belvedere-
*120.000 an Zahl. Diese Abtheilung allein rief binnen kurzem 6000 industrielle
Zeichner hervor, von denen die Besten bedeutende Jahresgehalte beziehen.
2 Das provisorische Comite bestand aus dem Herrn Sectionschef v. Lewinsky,
dem kaiserl. Schatzmeister J. G. Seidl, Sectionsrath G. Heider und Prof.
Rudolph v. Eitelberger. Es wurde nach Beendigung seiner Aufgabe am
1. März 1864 unter Bezeigung der Allerh. Zufriedenheit aufgelöst.