DlE SlEGEI, DER ÖSTERREICHISCHEN REGENTEN.
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Fussvolk war die Pavese, vorzüglich eine böhmische Nationalwnffe, obwohl diepeditespavesati
bereits im XIV. Jahrhundert bei den Franzosen und Italienern häutig Vorkommen. Die böhmische
Paveza, auch Paffesun genannt, war eine vier bis fünfthalb Schuh hohe und dritthälb Schuh breite
Setztartsche aus starkem Holz verfertiget, inwendig mit Kuhhaut überzogen, mit Handgriffen von
Ochsensehnen benagelt, auswendig mit zerklopftem Werg und darüber mit gefirnisster Leinwand
überklebt und mit Wappen, Heiligen etc. übermalt. Sie lief unten in eine Spitze aus, mit der
man sie in die Erde stiess, und war 20 bis 25 Pfund schwer. Jede Truppenabtheilung hatte
ihre bestimmte Anzahl Pafesner, deren jeder einen Hakler und einen Lichtschützen (ganz gehar-
nischten Mann) mit einem Ahlspiesse hatte. Im Falle eines Angriffes zog sich das Kriegsvolk
hinter seine Pafesner zurück, die Hakler schlossen die Schilde mit Ketten oder Eisenhaken
aneinander, die Lichtschützen streckten ihre langen Ahlspiesse darüber, die hinteren Glieder
schossen und der Pafesner vertheidigte seine Brustwehr mit dem Schwerte, der Streitaxt oder
dem Busikanh
Unter den Angriffs waffen war der Speer, die Lanze (sper, scaft), auch Glefe genannt, die
Königin der Waffen, sowohl ihrer leichten Handhabung als ihrer fürchterlichen Wirkung wegen.
Der Name Speer, welcher der ganzen Waffe beigelegt wird, gehört eigentlich nur der eisernen
Spitze derselben an:
„Er stach im einen solhen stich
daz das isern sper sich
loste von dem schalte,
nnde im libe hafte h"
Die Glefe (glevy, gdavie, gleve, gleffe) war eine der gebräuchlichsten Gattungen der Lanze
und dürfte aus dem alten Oelt (Streitmeissei) entstanden sein, in dessen hohlen Handgriff ein langer
Schaft gesteckt wurde. Sie hiess bei den Wallisern Hawnawr und später Gleddyw. Auch von dem
französischen Worte glaive wird der Name dieser Waffe abgeleitet, indem sie Ähnlichkeit mit einem
kurzen Schwerte oder einem langen Messer hatte und einschneidig war.
Die ritterliche Lanze unrde so edel geachtet, dass sie mit dem Scepter die gleiche symbolische
Bedeutung hatte und wirklich für dasselbe galt: „so lieze ich sper und al die kröne". Die
Übergabe des Speeres wnr bei dem Könige das Zeichen der Übergabe von Land und Leuten: Rex
hastam quam manu gerebat nepoti tradidit, hoc amandissime nepos indicio noveris te mihi succes-
surum in regnok Auch in anderen Beziehungen spielte die Lanze eine Rolle im Rechtswnsen des
Mittelalters, so bei Bestimmungen der Grenzen, welche entweder so weit reichen, als einer in den
Fluss reiten und mit dem Speere werfen kann, oder so weit als er, an s Ufer des Flusses reitend,
mit dem Speere zu langen vermag. Auf der Strasse soll der Burggraf dem* Herzoge vorreiten und
einen recht gemessenen Speer vor sich auf dem Rosse haben, und so weit soll man ihm die Strasse
räumen um und um (Münchner Salbuch anno 1278); und die freie Königsstrasse wird bestimmt,
indem ein Ritter in voller Rüstung dem Könige vorreitet und einen 16 Fuss langen Speer vor sich
quer über den Sattel liegen hatk Die Übersendung des Speeres galt als Kriegserklärung, und nach
den beiden wichtigsten Waffen wurden die männlichen Verwandten, als Speer-, Ger- oder Sclnvert-
magen bezeichnet, im Gegensätze zu den Spindel- oder Kunkelmagen V „das nächste Blut vom
Schwert geboren erbt, und wenn kein Schwert vorhanden, erbt die Spille" h
Wenn sich das Heer in Schlachtordnung aufstellte, wurden die Speere auf die Schenkel
gestützt und die Spitzen vor die Rotten gehalten'; im Kampfe oder Turniere wurden die Speere
i Leber, kaiserliches Zeughaus, pag. 188. — - Iweiu, v. 5029. — 3 Jakob Grimm, deutsche Rechtsalterthümer, I, 163-
4 Grimm, h c. I, 59, 60, 69. — ^ Mage, Anverwandter. —- 3 Grimm, 1. c. — ? Suchenwirth, i. c. VIII, v. 91 und die Statuta
castrensia von Friedrich Barbarossa: Si quis sedens in dextrario scutum habet in collo, lanceam in manu. Heinneccius, 1. c. 130.
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Fussvolk war die Pavese, vorzüglich eine böhmische Nationalwnffe, obwohl diepeditespavesati
bereits im XIV. Jahrhundert bei den Franzosen und Italienern häutig Vorkommen. Die böhmische
Paveza, auch Paffesun genannt, war eine vier bis fünfthalb Schuh hohe und dritthälb Schuh breite
Setztartsche aus starkem Holz verfertiget, inwendig mit Kuhhaut überzogen, mit Handgriffen von
Ochsensehnen benagelt, auswendig mit zerklopftem Werg und darüber mit gefirnisster Leinwand
überklebt und mit Wappen, Heiligen etc. übermalt. Sie lief unten in eine Spitze aus, mit der
man sie in die Erde stiess, und war 20 bis 25 Pfund schwer. Jede Truppenabtheilung hatte
ihre bestimmte Anzahl Pafesner, deren jeder einen Hakler und einen Lichtschützen (ganz gehar-
nischten Mann) mit einem Ahlspiesse hatte. Im Falle eines Angriffes zog sich das Kriegsvolk
hinter seine Pafesner zurück, die Hakler schlossen die Schilde mit Ketten oder Eisenhaken
aneinander, die Lichtschützen streckten ihre langen Ahlspiesse darüber, die hinteren Glieder
schossen und der Pafesner vertheidigte seine Brustwehr mit dem Schwerte, der Streitaxt oder
dem Busikanh
Unter den Angriffs waffen war der Speer, die Lanze (sper, scaft), auch Glefe genannt, die
Königin der Waffen, sowohl ihrer leichten Handhabung als ihrer fürchterlichen Wirkung wegen.
Der Name Speer, welcher der ganzen Waffe beigelegt wird, gehört eigentlich nur der eisernen
Spitze derselben an:
„Er stach im einen solhen stich
daz das isern sper sich
loste von dem schalte,
nnde im libe hafte h"
Die Glefe (glevy, gdavie, gleve, gleffe) war eine der gebräuchlichsten Gattungen der Lanze
und dürfte aus dem alten Oelt (Streitmeissei) entstanden sein, in dessen hohlen Handgriff ein langer
Schaft gesteckt wurde. Sie hiess bei den Wallisern Hawnawr und später Gleddyw. Auch von dem
französischen Worte glaive wird der Name dieser Waffe abgeleitet, indem sie Ähnlichkeit mit einem
kurzen Schwerte oder einem langen Messer hatte und einschneidig war.
Die ritterliche Lanze unrde so edel geachtet, dass sie mit dem Scepter die gleiche symbolische
Bedeutung hatte und wirklich für dasselbe galt: „so lieze ich sper und al die kröne". Die
Übergabe des Speeres wnr bei dem Könige das Zeichen der Übergabe von Land und Leuten: Rex
hastam quam manu gerebat nepoti tradidit, hoc amandissime nepos indicio noveris te mihi succes-
surum in regnok Auch in anderen Beziehungen spielte die Lanze eine Rolle im Rechtswnsen des
Mittelalters, so bei Bestimmungen der Grenzen, welche entweder so weit reichen, als einer in den
Fluss reiten und mit dem Speere werfen kann, oder so weit als er, an s Ufer des Flusses reitend,
mit dem Speere zu langen vermag. Auf der Strasse soll der Burggraf dem* Herzoge vorreiten und
einen recht gemessenen Speer vor sich auf dem Rosse haben, und so weit soll man ihm die Strasse
räumen um und um (Münchner Salbuch anno 1278); und die freie Königsstrasse wird bestimmt,
indem ein Ritter in voller Rüstung dem Könige vorreitet und einen 16 Fuss langen Speer vor sich
quer über den Sattel liegen hatk Die Übersendung des Speeres galt als Kriegserklärung, und nach
den beiden wichtigsten Waffen wurden die männlichen Verwandten, als Speer-, Ger- oder Sclnvert-
magen bezeichnet, im Gegensätze zu den Spindel- oder Kunkelmagen V „das nächste Blut vom
Schwert geboren erbt, und wenn kein Schwert vorhanden, erbt die Spille" h
Wenn sich das Heer in Schlachtordnung aufstellte, wurden die Speere auf die Schenkel
gestützt und die Spitzen vor die Rotten gehalten'; im Kampfe oder Turniere wurden die Speere
i Leber, kaiserliches Zeughaus, pag. 188. — - Iweiu, v. 5029. — 3 Jakob Grimm, deutsche Rechtsalterthümer, I, 163-
4 Grimm, h c. I, 59, 60, 69. — ^ Mage, Anverwandter. —- 3 Grimm, 1. c. — ? Suchenwirth, i. c. VIII, v. 91 und die Statuta
castrensia von Friedrich Barbarossa: Si quis sedens in dextrario scutum habet in collo, lanceam in manu. Heinneccius, 1. c. 130.
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