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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 1873

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Lind, Karl: Passau, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.25450#0016

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dessen Hauptmauern der alten Ballführung- angehören,
auch das innere Portal des Haupteinganges zeigt un-
zweifelhafte Spuren des romanischen Styles. Die Aga-
then-Capelle an der rechten und die Erasmus-Capelle
an der linken Seite sind Bauwerke des gothischen
Styles. In der ersteren ist der Grabstein der Äbtissin
Gisela höchst interessant. Er besteht aus zwei Theilen.
Der ältere ist die im Fussboden eingelassene und
bereits schon sehr verwitterte Marmorplatte, auf der
ein Kreuz deutlich und zwei Adler mit ausgebreiteten
Schwingen mühsam zu erkennen sind. An den Seiten
des Kreuzes stehen die Worte aus senkrecht unterein-
ander gestellten Buchstaben gebildet: Gisela abbatissa.
Am unteren Bande sind noch mehrere Buchstaben zu
erkennen, doch damit nur mehr Non. mai. zu entziffern.
Auf dieser Platte steht als bedeutend jüngeres Werk
auf vier langgestreckten Füssen eine rothmarmorne
Tumba mit einigem gothischen Ornament und folgender
Inschrift: Anno Domini MLXXXXV non. maii. o. venbl.
dn. gisula. Soror . sancti. hainrici. imperatoris . uxor .
stephi. regis . ungariae . abbatissa . hujus . monasterii.
liic . sepvlta. — Gisela, die Schwester Kaisers Hein-
rich II., Gattin des ungarischen Königs Stephan war die
dritte Abtissin dieses Klosters. Nach dem Tode ihres
Gemals (1038) zog sie sich in die Zellen von Niedern-
burg zurück, wo sie hochbejahrt und im Rufe der Hei-
ligkeit am 7. Mai 1095 starb. Noch ein zweites beach-
tenswertes Monument birgt diese Capelle, es ist jenes,
zwar nicht gleichzeitige, aber doch ins XIV. Jahrhun-
dert gehörige Grabmal der ersten Äbtissin, Namens
Heilka, eine Tante Kaisers Heinrich, die im Jahre 1020
gestorben war. Ausser der hier bezeichneten Kirche
sollen noch innerhalb des Klosters mehrere Reste der
alten Baulichkeiten erhalten sein, doch war es mir nicht
möglich, sie zu besehen. Wohl aber fand ich Reste
eines romanischen Portals mit hübschen Ornamentfrag-
menten an der Mauer der Rückseite des Klosters, die
wahrscheinlichen Überbleibsel eines anderen kirchlichen
Gebäudes.
Die St. Paulskirche, auf einer vielleicht schon
von den Römern befestigten Anhöhe gelegen, und mit
ihrer Geschichte in das XI. Jahrhund, zurückreichend,
und bis 1811 von zwei Friedhöfen sammt Umgängen
umgeben, ist ein Gebäude aus der zweiten Hälfte des
XVII. Jahrhunderts, da die grossen Brandunglücke im
Jahre 1512 und 1662 die frühere Kirche fast ganz
zerstörten.
Ungleich wichtiger ist tür die Archäologen die ihr
nahe gelegene S t. J o h an n e s-S p i t a 1 s k i r c h e. Reicht
sie mit ihrer Geschichte zwar nicht so weit zurück wie
die Paulskirche, so gehört sie doch zu den ältesten
frommen Stiftungen der Stadt. Der gegenwärtige Bau,
ein sehr zierliches Werk der Spät-Gothik, das bei den
vielen Unglücksfällen Passau’s nicht verschont blieb,
ist gegenwärtig mustergiltig restaurirt. Es ist ein drei-
schiffiger Bau mit geradem Schluss von auffallender
Kürze der einzelnen Schiffe. Die ganze Rückwand der
Kirche ist mit alterthümlichen Grabmälern bedeckt, die
der fromme und für Erhaltung mittelalterlicher Denk-
mäler so verständige Sinn des gegenwärtigen Bischofs
aus vielen Orten Passau’s dort vereinigte.
Die Kirche zum heil. Geist, ehedem vereint mit
dem gleichnamigen Spital, ein Bau aus der zweiten
Hälfte des XIV. Jahrhunderts, eigentümlich durch die

zweischiffige Anlage (drei Säulen theilen den Raum
und tragen die einfachen Kreuzgewölbe), enthält manche
recht interessante Sculptur, auch ein gut gehaltenes
wertvolles Glasgemälde aus dem Beginn des XVI.
Jahrhunderts.
Von Profangebäuden erscheint, ausser den we-
nigen Resten von fortificatorischen Bauten, wie der
s. g. Scheiblingthurm (d. i. runde Thurm) und mäch-
tiges Mauerwerk an der Spitze der Insel beim Zusam-
menflüsse der Donau und des Inn, und ausser ganz
wenigen Privathäusern, an denen sich der mittelalter-
liche Baucharakter noch erhalten hat, nur noch hervor-
liebenswert das Rathliaus, ein ziemlich umfangrei-
ches, altertümliches Gebäude, am Ufer der Donau gele-
gen. Obwohl schon viel früher ein, wenn auch wieder-
holt bestrittenes Eigentum der Gemeinde, kam der
bezügliche Häuser-Complex erst 1397 in das gesicherte
Eigenthum der Gemeinde. In diese Zeit fällt auch die
Erbauung des grossen Rathhaussaales, der beiden
hübschen gothischen Portals und des rein gothischen
Vorhauses oberhalb der grossen Stiege. Leider wurde
das Gebäude bei dem Brande von 1662 arg beschä-
 
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