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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 1873

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Grueber, Bernhard: Die Kunst des Mittelalters in Böhmen, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.25450#0276

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233

50 Fuss lang, die Gesammtbreite beträgt 60 Fuss, das
Mittelschiff ist im Lichten von Pfeiler zu Pfeiler 24 Fuss
weit; Masse, welche genauest mit derStrahover-Kirche
übereinstimmen.
Die Wölbungen der Seitenschiffe sind noch roma-
nisch, der ursprünglich halbrunde Chor-Schluss lässt sich
erkennen, ist aber durch Anfügung von Strebepfeilern
in einen polygonalen umgebildet worden. Die Fenster
sind spitzbogig, schmal und ohne Masswerke, wie sie
um die Mitte des XIII. Jahrhunderts in Böhmen ge-
bräuchlich waren, ebenso zeigen die Strebepfeiler die
grösste Einfachheit. Das durch die Feuersbrünste allem
Anscheine nach wenig beschädigte Innere wurde zwar
in schwerfälligem Eococo-Styl mit angeblendeten Pila-
stern und Schnörkeleien überdeckt; doch ist das hin-
terste über der Empore befindliche Gewölbjoch unbe-
rührt geblieben und gehört dem Restaurations-Bau von
1250 an. Die Wölbungen werden durch einfache Rund-
stäbe gegliedert und von spitzbogigen Gurten unter-
stützt. Einfache kelchartige Consolen und schlanke
Knäufe, in Abbildungen beigeschaltet, dienen als Gurt-
träger, andere charakteristische alte Theile kommen
nicht vor (Fig. 77 u. 78, Gurtträger über der Orgel-
Empore).
Ungleich reicher tritt der Übergangs-Styl in der
Convents-Kirche Strakonic auf, obwohl auch diese
mancherlei Unbilden erfahren hat. Die Burg Strakonic
(Strakonice) wurde bereits im ersten Bande bespro-
chen , wo auch des Malteser - Conventes gedacht
wurde, welchen Bavor I., genannt Bavarus, im Jahre
1243 gegründet hat. Die dem heiligen Prokop gewid-
mete Kirche soll um diese Zeit schon vorhanden gewesen
sein, wahrscheinlich als Schloss-Capelle, wie der eigen-
thümliche zwischen Chor und Schiff sich erhebende
Thurm erkennen lässt. Dieser Thurm zeigt theils roma-
nische theils Übergangs-Formen; der aus dem Dreieck
gezogene Chor-Schluss aber ist spät-gothisch. Das ein-
schiffige Langhaus wurde in Folge eines Brandes im
XVIII. Jahrhundert erneuert, enthält aber noch einzelne
im Übergang-Styl gehaltene Überreste, in welchem Style
auch das wohlerhaltene Atrium durchgeführt ist. An
dieses Atrium, welches hier auch die Stelle des Kreuz-
ganges zu vertreten hatte, stösst an der Westseite noch
ein Capitel-Saal, die S. Georgs-Capelle an, im Innern
verunstaltet, an der Aussenseite noch ziemlich erhalten.
Der Eingang in den Capitel-Saal ist in dem beigefügten


Grundrisse mit a bezeichnet, die südlich an die Kirche
sich anreihenden Convent-Gebäude mit b.
Wenn die Anlage dieser Kirche auch nicht ganz
einheitlich erscheint, ist zu beachten, dass die Grund-
gestalt doch nicht wesentlich verändert werden
konnte, weil das Gebäude auf einer langgezogenen
schmalen Felsenklippe steht, folglich die Form durch
die Natur bedingt war. In ihrer Gesammterscheinung
gehört die S. Prokops-Kirche zu den eigenthümlichsten
Denkmalen Böhmens, gleich ausgezeichnet durch das
Atrium wie den spitzwinkligen Chor -Schluss. Der aus dem
Dreieck gezogene Abschluss kommt äusserst selten vor,
und findet sich in klarer Durchbildung nur noch an der
Friedhofskirche zu Laun, einem vermuthlieh durch Mei-
ster Benes nach 1500 ausgeführten Bau. Der Chor zu
Strakonic ist etwas älter und nach angebrachten Jalir-


Fig. 79. (Strakonic.)
 
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