Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 1873

DOI Artikel:
Lind, Karl: Die Gruppe XXIV. der Wiener Weltausstellung
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.25450#0344

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
301

und Staub. Viele Räume sind verödet, den meisten
stellt diess für die nächste Zeit in Aussicht, überall
rüstet man sich zum Auszug.
Es ist ein welimüthiger Gedanke, der uns all die
entschwundenen, aus der sechsmonatlichen Vereinigung
vielleicht für immer gerissenen Gegenstände und Herr-
lichkeiten der ganzen Exposition, insbesondere der
die Producte früherer Kunst und Gewerbe umfassenden
XXIV. Gruppe wieder ins Gedächniss zurückruft. Es ist
zum zweitenmal, dass Referent viele dieser Gegen-
stände in Wien vereinigt sah , wann wird diess wieder
sein? Beidemal hat derselbe an dem Zustandekommen
der Ausstellung redlich mitgeholfen. Noch einmal wollen
wir die ausgestellten antiquarischen Gegenstände des In-
und Auslandes flüchtig mustern und versuchen, unsere
Leser durch Reminiscenzen an diese Exposition zu
erfreuen, während die Antiquitäten selbst nach allen
Richtungen der Windrose von Wien weg und wahr-
scheinlich bereits allerorts, selbst in weitester Ferne
wieder in ihre Heimat zurückgelangt sind.
Beginnen wir mit den kleineren Ausstellungen
ausserhalb des Pavillon des amateurs.
Die Exposition des Amateurs auf der Weltaus-
stellung hatte unter anderen auch diesen Fehler, dass die
in die XXIV. Gruppe gehörigen Gegenstände der verschie-
denen Länder nicht an einem Orte, wie z.B.in den beiden
Pavillons nächst der Kunsthalle, vereint ausgestellt waren,
sondern, was auch leider bei anderen Gruppen der Fall
war, wurden die Objecte theils in der Industriehalle mit
den Landes- und Industrie-Producten vereint, wie bei
Romanien, Tunis, Griechenland etc., oder in abgeson-
derten, nicht ganz leicht auffindbaren Pavillons, die den
Annex zu vielerlei Ausstellungs-Gruppen des bezüg-
lichen Landes enthielten, unter allerlei unzusammen-
gehörigen Gegenständen versteckt.
So war es zum Beispiel mit Spanien der Fall. Ein
ziemlich ausgedehntes einstöckiges Bretterhaus , aussen
einem Ziegelrohbau ähnlich bemalt, enthielt ebenerdig
viele interessante Producte des Bergbaues und der Land-
wirtschaft, insbesondere Sämereien, Tabak; dagegen
waren die Räumlichkeiten des ersten Stockwerkes der
Aufstellung vielartiger Gegenstände gewidmet , wie mo-
dernen Waffen und militärischen Ausrüstungsgegenstän-
den, Producten des Kunst- und Buchhandels, Lehrmitteln
und Schülerarbeiten, und endlich auch den Denkmalen
früherer Zeiten. In dem letztgenannten Fache hatte
Spanien, dessen Betheiligung an der Ausstellung unter
den gegenwärtigen Verhältnissen überhaupt volle Aner-
kennung verdient, wenn auch wenig, so doch grössten-
teils Gegenstände von höherem kunstgeschichtlichen
und wissenschaftlichen Wertlie eingesendet.
Vor allem nahmen die volle Aufmerksamkeit des
Beschauers die einigen Stücke auf sich, durch welche
die Armeria nacional zu Madrid vertreten war. Da fand
sich der interessante arabische Helm des Boabdil, des
letzten Königs von Granada. Derselbe repräsentirt eine
ganz eigenthiimliche und in kaum Inehr als diesem
Exemplar erhaltene Helmform, ist oben ziemlich flach,
lässt das Gesicht ungeschützt, deckt vorn die halbe
Stirn und reicht an den Seitentheilen und am Rücktheile
bis gegen die Achseln. Am Rande und an der Kopf-
rundung ist ein reich ornamentirtes in Gold-Tauschi-
rung ausgeführtes Band angebracht.

Die Fussrüstungen Königs Karl V. (1500—1558)
uncl Philipp II. (1527—1598), auffallend durch den
mächtigen glockenförmigen Schurz, zeichnen sich durch
ihre reiche Verzierung, bestehend in schön ornamentir-
ten goldtauschirten Strichen aus.
Die Prunkrüstung Philipp III. (1598—1621) gehört
hinsichtlich der darauf verwendeten Verzierung in getrie-
ener Arbeit zu den interessantesten Objecten dieser Ab-
theilung. Sämmtliclie RUstungsbestandtheile sind mit
zierlich gemusterten, aneinandergereihten Bändern
überzogen, die Dessins zeigen neben sehr geschmack-
vollen Renaissance-Mustern auch noch eines, das dem
gothischen Lilienbande sehr ähnlich ist. Die vierte
Rüstung, bestimmt für das schwere Gestech, wird dem
DonJuanvon Oesterreich, geb. 1547 f 1577, zugeschrie-
ben. Sämmtliclie Theile sind mit stark hervortretenden
vergoldeten Strichen verziert, die Brust ist rechts mit
einem derben Rüsthaken und Schwebscheibe und an der
linken Seite mit kleiner unten abgerundeten gegitterten


Tartsche versehen. Ausserdem waren noch zwei Kinder-
rüstungen ausgestellt, bestehend aus blau angelaufenem
Harnisch und Helm. Beide Stücke haben die gewöhnliche,
gegen die Mitte des XVI. Jahrhunderts übliche Form und
sind mit reicher Gold-Tauschirung geschmückt.
Von den übrigen Gegenständen dieser Gruppe
seien noch erwähnt eine Sturmhaube von der bekannten
in eine Spitze zulaufenden Gestalt ohne Genickschirm
mit Naseneisen und geätzter vergoldeter Verzierung,
erbeutet in der See-Schlacht bei Lepanto und zuge-
schrieben dem türkischen Admiral Ali Pascha; zwei
Schilder runder Form, der eine mit goldtauschirter Ein-
fassung, der andere mit reicher Gravirung, im Ganzen
aber mindere Arbeiten, endlich vier, theils ins XVIII.
theils XIX. Jahrhundert gehörige Gewehre, beachtens-
werth durch die in Gold aufgeführten besonders ge-
schmackvollen Verzierungen des Laufes und des
Schlosses.
 
Annotationen