Nr. 1255
29
ZeitschrifL für Humor nnd Kunst
Historische Andenken
La>tlepool und Scmborough. die beiden von deutschen
Kreuzern bombcrdierten englischen Küstenorle, stnd in den
Weihnachtstagen von Anmassen Neugieriger besucht worden.
Aus London wurden dazu sogar Extrazüge abgelassen. Die
Bewohner der beiden Orte haben ein glänzendes Geschäft
gemacht, indem sie alle Granatsplitter, die sie nur sinden
konnten, zu hohen Preisen an die Besucher verkausten. In
sämtlichen Küchen von Scarborcugh und Lartlepool kann
gegenwärtig nur tn irdenen Geschirren gekocht werden;
alle m.tallenen Kochtöpfe sind zerschlagen und die Scherben
gleichfalls als Granatsplitter verkauft worden. Besondere
Preise erzielten die Stüäe, an denen noch die Lenkel der
ehemaligen Töpfe waren, weil diese sich gut an die Wand
hängen lassen, mit Schleifchen in den britischen Farben
gcziert und der Aufjchrift: lu memorz- ol tbs Lisrmans. —
Aber auch noch andere Andenken wurden von den
Neugierigen erstanden. Besonders eiwähnenswert sind
solgende:
Die Stiefel des Iim Quickfoot aus Scarborough, der
beim ersten Kanonenschuß sich nach dem Innern des Landes
in Bewegung setzte und zwanzig englische Meilen ununtcr-
brochen gelauftn ist. Die Sohlen sind völlig durchlöchert.
Der rechte Stiefel erzielte ein Pfund Sterling mehr, weil
an ihm auch der Absatz fehlt
Das Whiskyglas odcr vielmehr die Sck erben des Glases,
das Iohn Everdry in Lartlepool zum Munde führen wollte,
als die Kanonade losging.
Die Weste eben dieses Iohn Everdry, über die der
Whisky aus dem zerbrochenen Glase floß.
Die Whiskyflasche, die Iohn Everdry nachher auf den
gehabten Schrecken in einem Juge leerte.
Dos Lörrohr der schnerhörigen Mistreß Shrew in
Scarborough. Bcim Beginn dcs Bombardements glaubte
Mistreß Shrew, ihr Gatte käme aus dem Wirtshause heim.
Als sie aber das Lörrohr ans Ohr nahm, crkannte sie,
daß die Deutschen da wärcn. Sie hat dann die einzelncn
Schüffe deutlich zählen können und das wertvolle Instrument
deshalb für zehn Guineas verkauft.
Ein altes Opernglas, an dem die Linsen für das linke
Auge fehlen. Mit diesem Opernglase hat Iack Sharp in
Lar lepool, der statt des rechten Auges ein Glasauge trägt,
die feindlichen Schiffe wahrgenommen.
Der Füllsederhalter des Doktor Ironbeard in Scar-
borough. Mit diesem Füllhaltcr verschrieb er nach dem
Bombardement mehreren hundert Patienten Opium.
Ferner wurden in Lartlepool und Scarborough den
Neliquiensammlern zahlreiche Losen angeboten, die an das
denkwürdige Bombardcment erinnerten. Es sanden sich
aber nicht viele Liebhaber dafür. Auch wurden nur geringe
Preise erzielt, da der Artikel zu zahlreich vertreten war.
—on.
Da kann man nix machen
Ich besuchte den Rentner N. und halte mir's in seinem
wohligcn Ledersessel noch nicht bequem gemacht, als er mir
auch schon ein Privatissimumlas über dienationalen Pflichten
der Daheimgebliebenen iu xunoto Liebestätigkeit und frei-
williger ^lrbeitslosenuntcrstützung und allgemeiner Privat
fürsorge. Während er so wirkungsvoll sprach, ließ er stch
nicht stören, einen Strohhut und drei Krawatten zu eincm
Paket zu verschnüren.
„Für wen ist das?" unterbrach ich ihn.
„Für die ostpreußischen Flüchtlinge!" sprach er mit
Wärme. Ludwig Engel
^.Ileiuixs lusorotensmiLtrms: siuciolk «osre, ^uuouoeu-Lxxsäiüou.
29
ZeitschrifL für Humor nnd Kunst
Historische Andenken
La>tlepool und Scmborough. die beiden von deutschen
Kreuzern bombcrdierten englischen Küstenorle, stnd in den
Weihnachtstagen von Anmassen Neugieriger besucht worden.
Aus London wurden dazu sogar Extrazüge abgelassen. Die
Bewohner der beiden Orte haben ein glänzendes Geschäft
gemacht, indem sie alle Granatsplitter, die sie nur sinden
konnten, zu hohen Preisen an die Besucher verkausten. In
sämtlichen Küchen von Scarborcugh und Lartlepool kann
gegenwärtig nur tn irdenen Geschirren gekocht werden;
alle m.tallenen Kochtöpfe sind zerschlagen und die Scherben
gleichfalls als Granatsplitter verkauft worden. Besondere
Preise erzielten die Stüäe, an denen noch die Lenkel der
ehemaligen Töpfe waren, weil diese sich gut an die Wand
hängen lassen, mit Schleifchen in den britischen Farben
gcziert und der Aufjchrift: lu memorz- ol tbs Lisrmans. —
Aber auch noch andere Andenken wurden von den
Neugierigen erstanden. Besonders eiwähnenswert sind
solgende:
Die Stiefel des Iim Quickfoot aus Scarborough, der
beim ersten Kanonenschuß sich nach dem Innern des Landes
in Bewegung setzte und zwanzig englische Meilen ununtcr-
brochen gelauftn ist. Die Sohlen sind völlig durchlöchert.
Der rechte Stiefel erzielte ein Pfund Sterling mehr, weil
an ihm auch der Absatz fehlt
Das Whiskyglas odcr vielmehr die Sck erben des Glases,
das Iohn Everdry in Lartlepool zum Munde führen wollte,
als die Kanonade losging.
Die Weste eben dieses Iohn Everdry, über die der
Whisky aus dem zerbrochenen Glase floß.
Die Whiskyflasche, die Iohn Everdry nachher auf den
gehabten Schrecken in einem Juge leerte.
Dos Lörrohr der schnerhörigen Mistreß Shrew in
Scarborough. Bcim Beginn dcs Bombardements glaubte
Mistreß Shrew, ihr Gatte käme aus dem Wirtshause heim.
Als sie aber das Lörrohr ans Ohr nahm, crkannte sie,
daß die Deutschen da wärcn. Sie hat dann die einzelncn
Schüffe deutlich zählen können und das wertvolle Instrument
deshalb für zehn Guineas verkauft.
Ein altes Opernglas, an dem die Linsen für das linke
Auge fehlen. Mit diesem Opernglase hat Iack Sharp in
Lar lepool, der statt des rechten Auges ein Glasauge trägt,
die feindlichen Schiffe wahrgenommen.
Der Füllsederhalter des Doktor Ironbeard in Scar-
borough. Mit diesem Füllhaltcr verschrieb er nach dem
Bombardement mehreren hundert Patienten Opium.
Ferner wurden in Lartlepool und Scarborough den
Neliquiensammlern zahlreiche Losen angeboten, die an das
denkwürdige Bombardcment erinnerten. Es sanden sich
aber nicht viele Liebhaber dafür. Auch wurden nur geringe
Preise erzielt, da der Artikel zu zahlreich vertreten war.
—on.
Da kann man nix machen
Ich besuchte den Rentner N. und halte mir's in seinem
wohligcn Ledersessel noch nicht bequem gemacht, als er mir
auch schon ein Privatissimumlas über dienationalen Pflichten
der Daheimgebliebenen iu xunoto Liebestätigkeit und frei-
williger ^lrbeitslosenuntcrstützung und allgemeiner Privat
fürsorge. Während er so wirkungsvoll sprach, ließ er stch
nicht stören, einen Strohhut und drei Krawatten zu eincm
Paket zu verschnüren.
„Für wen ist das?" unterbrach ich ihn.
„Für die ostpreußischen Flüchtlinge!" sprach er mit
Wärme. Ludwig Engel
^.Ileiuixs lusorotensmiLtrms: siuciolk «osre, ^uuouoeu-Lxxsäiüou.