Kriegschronik der Meggendorfer-Blätter, München
S
Wie der große Feldherr das Gruseln lernte
Ein neues Märchen
Es war einmal ein Feldherr. Der war so tapfer und unerschrocken, daß er sich
gar nicht vorstellen konnte, was das Gruseln sei. Wie der Mann im Märchen hatte er
ausziehen wollen, um das Gruseln zu lernen, wenn er nicht von vornherein gewußt hätte,
daß dieser Kollege eben nur im Märchen existiert hat und deffen Erlebniffe auch.
Da kam ein Krieg, und der tapfere Feldherr zog an der Spitze seiner Truppen
dem Feind entgegen. Der Feind war weit in der Aeberzahl und listig und grausam.
Aber der tapfere Feldherr kannte das Gruseln nicht. Besonnen faßte er seine Pläne
und tapfer schlug er mit seinen braven Soldaten den übermächtigen Feind.
Doch immer neue Feinde kamen, und einmal war das Äeer des tapferen Feldherrn
so bedrängt, daß keiner mehr einen Pfifferling für sein Leben und seine Freiheit gegeben
hätte. Aber der tapsere Feldherr kannte das Gruseln nicht. Er fand eine List, täuschte
den Feind, und ehe sich's dieser versah, war ihm der Feldherr mit seinem Leer entwischt.
Mochte kommen, was da wollte, Feindesmacht oder Weltersunbill oder jegliche
Not, der tapfere Feldherr überwand alles, denn das Gruseln blieb ihm fremd.
Im Vaterlande aber hörte man Tag fllr Tag von seinen Siege», und sein Name
war in aller Munde, so daß er — wie man sagt — populär wurde. Diese Begeisterung
nützten nun sofort ein paar geschäststüchtige Leute aus, indem sie das Bild des großen
Feldherrn überall anbrachten, wo es irgend Platz hatte, gleichviel ob es gut war oder
schlecht, und ohne Rücksicht darauf, ob das Bild auch hinpaßte oder nicht. Sie
wußten nämlich, daß sie die so geschmückten Gegenstände, dann noch einmal so leicht
verkausen konnten. -
Als der große Feldherr eines Tages siegreich heimkehrte, da konnte er gar nirgends
mehr hinschauen, ohne sein Bild zu erblicken. And wenn er auch gar nicht eitel war,
für so scheußlich hatte er sich doch nie gehalten, wie man ihn meistenteils dargestellt hatte.
Wenn er eine Zigarre rauchen wollte, prangte auf der Zigarrenkiste sein Bild,
wenn er zum Essen in ein Gasthaus ging, erblickte er auf dem Suppenteller sein Bild.
Auf der Straße stand an jedem Eck ein Gipefigurenhändler, der das Bild des großen
Feldherrn plastisch zum Verkauf anbot. Die Freunde des Feldherrn trugen das Bild
auf die Pantoffeln gestickt, junge Mädchen aus die Musikmappe gemalt, ältere Damen
auf die Stnckbeutel genäht, und die Schulkinder bekamen es als Abziehbild geschenkt,
wenn sie um zehn Pfennig ein Left kausten, und brachten das Bild daher an, wo sie
gingen und standen.
Eine Woche lang hielt es der tapfere Feldherr aus. Dann aber ieschlich ihn
plötzlich ein vorher nie gekanntes Gesühl und er ging zu seinem König und bat ihn:
„Bitte, schicke mich doch gleich wieder in den Krieg! Ich kann nicht mehr zu Lause
bleiben, denn hier habe ich das Gruseln gelernt, und bringe es nicht mehr los!"
Eff-a
Der Heereslieferant
Die Strumpfwarenfabrik L. Meier sen. knüpft eine wertvolle Verbindung mit
Lerrn Kroner an. Wertvoll insofern, weil Lerr Kroner in glänzenden Beziehungen
zu den Militär-Bekleidungsämtern steht!
Lerr Meier sen. gibt denn nun seinem Mittelsmann ein Paar der reinwollenen,
vorschristsmäßig nahtlosen Marschsocken und stellt der Militärbehörde diesen vielbegehrten
Artikel zum äußersten Preise von Mk. 21.50 p. Dtz. an -- lieferbar 30000 Dtz. pro Woche.
Lerr Kroner geht seiner Wege und wird nicht mehr'gesehen. Rach drei Wochen
trifft ihn Lerr Meier sen.—
„Nanu" — ruft er — „wo bleibt der Millionenaustrag?" — Lerr Kroner zuckt
die Achseln: „Ich habe die Socken noch nicht offeriert!" „Wieso nicht?" — forscht kopf-
schüttelnd Meier sen. — „ich habe Ihnen doch schon vor drei Wochen das Probepaar
m'.tgegeben!" — Lerr Kroner schaut verlegen auf die Beine:
„Ich hab' die Socken so nötig selber gebraucht!" Ludwig Sngcl
Ein ältliches Fräulein legt eine kolossale
Kriegsbegeisterung an den Tag. In einer
Gesellschaft spricht sie in einer Gruppe
junger Lerren:
„Wenn ich ein Mann wäre, ich wäre über-
haupt nichts anderes als Soldat geworden."
Einer der Lerren entgegnete:
„And gnädiges Fräulein würden gewiß
längst Major sein.„
Kein Märchei
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Wie der große Feldherr das Gruseln lernte
Ein neues Märchen
Es war einmal ein Feldherr. Der war so tapfer und unerschrocken, daß er sich
gar nicht vorstellen konnte, was das Gruseln sei. Wie der Mann im Märchen hatte er
ausziehen wollen, um das Gruseln zu lernen, wenn er nicht von vornherein gewußt hätte,
daß dieser Kollege eben nur im Märchen existiert hat und deffen Erlebniffe auch.
Da kam ein Krieg, und der tapfere Feldherr zog an der Spitze seiner Truppen
dem Feind entgegen. Der Feind war weit in der Aeberzahl und listig und grausam.
Aber der tapfere Feldherr kannte das Gruseln nicht. Besonnen faßte er seine Pläne
und tapfer schlug er mit seinen braven Soldaten den übermächtigen Feind.
Doch immer neue Feinde kamen, und einmal war das Äeer des tapferen Feldherrn
so bedrängt, daß keiner mehr einen Pfifferling für sein Leben und seine Freiheit gegeben
hätte. Aber der tapsere Feldherr kannte das Gruseln nicht. Er fand eine List, täuschte
den Feind, und ehe sich's dieser versah, war ihm der Feldherr mit seinem Leer entwischt.
Mochte kommen, was da wollte, Feindesmacht oder Weltersunbill oder jegliche
Not, der tapfere Feldherr überwand alles, denn das Gruseln blieb ihm fremd.
Im Vaterlande aber hörte man Tag fllr Tag von seinen Siege», und sein Name
war in aller Munde, so daß er — wie man sagt — populär wurde. Diese Begeisterung
nützten nun sofort ein paar geschäststüchtige Leute aus, indem sie das Bild des großen
Feldherrn überall anbrachten, wo es irgend Platz hatte, gleichviel ob es gut war oder
schlecht, und ohne Rücksicht darauf, ob das Bild auch hinpaßte oder nicht. Sie
wußten nämlich, daß sie die so geschmückten Gegenstände, dann noch einmal so leicht
verkausen konnten. -
Als der große Feldherr eines Tages siegreich heimkehrte, da konnte er gar nirgends
mehr hinschauen, ohne sein Bild zu erblicken. And wenn er auch gar nicht eitel war,
für so scheußlich hatte er sich doch nie gehalten, wie man ihn meistenteils dargestellt hatte.
Wenn er eine Zigarre rauchen wollte, prangte auf der Zigarrenkiste sein Bild,
wenn er zum Essen in ein Gasthaus ging, erblickte er auf dem Suppenteller sein Bild.
Auf der Straße stand an jedem Eck ein Gipefigurenhändler, der das Bild des großen
Feldherrn plastisch zum Verkauf anbot. Die Freunde des Feldherrn trugen das Bild
auf die Pantoffeln gestickt, junge Mädchen aus die Musikmappe gemalt, ältere Damen
auf die Stnckbeutel genäht, und die Schulkinder bekamen es als Abziehbild geschenkt,
wenn sie um zehn Pfennig ein Left kausten, und brachten das Bild daher an, wo sie
gingen und standen.
Eine Woche lang hielt es der tapfere Feldherr aus. Dann aber ieschlich ihn
plötzlich ein vorher nie gekanntes Gesühl und er ging zu seinem König und bat ihn:
„Bitte, schicke mich doch gleich wieder in den Krieg! Ich kann nicht mehr zu Lause
bleiben, denn hier habe ich das Gruseln gelernt, und bringe es nicht mehr los!"
Eff-a
Der Heereslieferant
Die Strumpfwarenfabrik L. Meier sen. knüpft eine wertvolle Verbindung mit
Lerrn Kroner an. Wertvoll insofern, weil Lerr Kroner in glänzenden Beziehungen
zu den Militär-Bekleidungsämtern steht!
Lerr Meier sen. gibt denn nun seinem Mittelsmann ein Paar der reinwollenen,
vorschristsmäßig nahtlosen Marschsocken und stellt der Militärbehörde diesen vielbegehrten
Artikel zum äußersten Preise von Mk. 21.50 p. Dtz. an -- lieferbar 30000 Dtz. pro Woche.
Lerr Kroner geht seiner Wege und wird nicht mehr'gesehen. Rach drei Wochen
trifft ihn Lerr Meier sen.—
„Nanu" — ruft er — „wo bleibt der Millionenaustrag?" — Lerr Kroner zuckt
die Achseln: „Ich habe die Socken noch nicht offeriert!" „Wieso nicht?" — forscht kopf-
schüttelnd Meier sen. — „ich habe Ihnen doch schon vor drei Wochen das Probepaar
m'.tgegeben!" — Lerr Kroner schaut verlegen auf die Beine:
„Ich hab' die Socken so nötig selber gebraucht!" Ludwig Sngcl
Ein ältliches Fräulein legt eine kolossale
Kriegsbegeisterung an den Tag. In einer
Gesellschaft spricht sie in einer Gruppe
junger Lerren:
„Wenn ich ein Mann wäre, ich wäre über-
haupt nichts anderes als Soldat geworden."
Einer der Lerren entgegnete:
„And gnädiges Fräulein würden gewiß
längst Major sein.„
Kein Märchei