Zeitschrift für Hurnor und Kunst 41
Mein Frühstück verzehre ich unbekümmert um das Verbot. Denn
ich möchte sehen, wer mich daran zu hindern wagte.
Neulich versuchte einmal mein Chef, mir wegen eines Fehlers Vor°
halt zu machen. Limmelelement, wie ich dem aber gekommen bin!
So bin ich sozusagen der Äerr. Alle guten Geister, mein Chef!"
im Büro, der alles turmhoch
überragt. —
Der wertlose Schatz
laut wäre es, von der Schule her. Deshalb ließe Kausmann
Stenzel die Wohnung auch um jeden annehmbaren Preis; es
hätte eigentlich niemand in Mllskenburg so recht Lust dafür.
Äerr Rappenus aber und seine Frau hatten Lust zu der
billigen Wohnung. Auf der Stelle wurde sie gemietet; zwei
Betten, zwei Stühle, ein Tisch und Waschgerät wurden im Laufe
des Tages, leihweise aufgetrieben, hineingestellt, und so war denn
glücklich die Klippe einer bedenklichen Ausgabe umschifft und das
Quartier im „König von Preußen" unnötig geworden. Nein,
Äerr Rappenus und Frau hausten ganz zufrieden in der öden
Wohnung zwischen kahlen Wänden mit aufdringlichem Echo, bis
ihre Möbel und sonstigen Gerätschaften eingetroffen waren, und
sie sich behaglicher einrichten konnten.
Sie sind denn auch immer dort wohnen geblieben, und fünf
Iahre später, als es Kaufmann Stenzel so bedenklich schlecht
ging, kauste Lerr Nappenus sogar das Laus samt
Lof und Garten. Weder er noch seine Frau Ma-
thilde haben jemals über die Nachbarschaft der Schule
sich beklagt. And es ging doch manchmal dort recht
laut her. Aber vielleicht schauten ste von ihrer
Wohnung aus gern auf den Schulhof, wo in den
Pausen die unternehmungslustigen unter den Iungen
auf den drei Linden in der Mitte des Lofes stch die
Losenböden zerrissen. Vielleicht war es Äerrn und
Frau Rappenus ein sehr angenehmer Gedanke, daß
ihnen nicht einer oder gar mehrere dieser Bengel
gehörten, und sie für den an den Losenböden ange-
richteten Schaden nicht aufzukommen brauchten.
Vielleicht hörten ste mit Vergnügen das Geschrei,
wenn nebenan zu erzieherischen Zwecken der Nohr-
stock gehandhabt wurde, in dem frohen Bewußtsein,
nicht auch solch einen Rohrstock im Lause haben zu
müssen. Denn ein Rohrstock kostet eben auch Geld.
Vielleicht! Bestimmt läßt sich das nicht sagen.
Vielleicht wären sie ganz andere Menschen geworden,
wenn sie Kinder gehabt hätten.
Aber sie hatten eben keine, und so taten sie das
unter diesen Amständen Verkehrteste — denn der
Mensch muß zu seiner irdischen Seligkeit ja meist
das Verkehrte tun — sie sparten gerade so, als
hätten sie Kinder und wollten sie zu sorgen- und
tatenlosen Rentnern erziehen. Niemand in Müsken-
burg, am allerwenigsten das Steueramt, wußte, eines
wie hohen Besitzes Lerr Nappenus sich eigentlich
erfreute, — wenn er überhaupt Freude daran hatte.
Aber im Lause der Iahre mußte sich doch etwas ganz
Ansehnliches angesammelt haben. Denn man be-
denke nur, ein wie schönes Stück Geld der Lerr
Landmeffer zu verdienen bekam, als sie im Iahre
1861 in Preußen die Grundsteuer einführten. Da
gab es etwas Gehöriges zu vermessen. Lerr
Rappenus kutschierte im Lande umher, stellte seine
Instrumente auf, maß und setzte Fett an. Denn
selbstverständlich lud man ihn auf jedem Gut, das
er zu vermessen kam — was nicht so schnell geschehen
ist — zu Tisch, morgens, mittags, abends. And
solch ein Tisch in der Amgegend von Müskenburg —
o, was da alles an guten Dingen daraufsteht! Zum
Brechen, — das heißt natürlich, der Tisch könnte
beinahe unter der Last brechen. An andere Konse-
quenzen soll nicht gedacht werden. Bei Lerrn
Rappenus waren sie übrigens auch ganz und gar
ausgeschlossen; der gab nie etwas wieder heraus,
was er einmal hatte.
War der Gatte unterwegs, dann wirtschaftete
Frau Rappenus um so sparsamer. Für sich selbst
kochte sie nicht; da genügte Kaffee und etwas zum
Einstippen. Sie konnte beträchtliche Bruchteile des
ihr zugemesscnen Wirtschaftsgeldes erübrigen, und
diese Ersparnis händigte sie, nach Abzug des für
ihren geringen Kleidungsauswand Nötigen, wieder
ihrem Manne ein, als angenehme Aeberraschung.
Sie hätte nie daran gedacht, solches Geld für sich
bei Seite zu legen und selbst ein heimliches Kapitäl-
chen stufenweise damit aufzubauen. Dazu war dcn
Ehegatten die Freude an unablässiger, zäher Groschen-
schinderei zu gemeinsam, als daß Frau Malhilde
Lust zur solcher Leimlichkeit gchabt hätte.
Mit einer Ausnahme. And das war eine große
Ausnahme, und sie war verborgen in Frau Mathildes
Mein Frühstück verzehre ich unbekümmert um das Verbot. Denn
ich möchte sehen, wer mich daran zu hindern wagte.
Neulich versuchte einmal mein Chef, mir wegen eines Fehlers Vor°
halt zu machen. Limmelelement, wie ich dem aber gekommen bin!
So bin ich sozusagen der Äerr. Alle guten Geister, mein Chef!"
im Büro, der alles turmhoch
überragt. —
Der wertlose Schatz
laut wäre es, von der Schule her. Deshalb ließe Kausmann
Stenzel die Wohnung auch um jeden annehmbaren Preis; es
hätte eigentlich niemand in Mllskenburg so recht Lust dafür.
Äerr Rappenus aber und seine Frau hatten Lust zu der
billigen Wohnung. Auf der Stelle wurde sie gemietet; zwei
Betten, zwei Stühle, ein Tisch und Waschgerät wurden im Laufe
des Tages, leihweise aufgetrieben, hineingestellt, und so war denn
glücklich die Klippe einer bedenklichen Ausgabe umschifft und das
Quartier im „König von Preußen" unnötig geworden. Nein,
Äerr Rappenus und Frau hausten ganz zufrieden in der öden
Wohnung zwischen kahlen Wänden mit aufdringlichem Echo, bis
ihre Möbel und sonstigen Gerätschaften eingetroffen waren, und
sie sich behaglicher einrichten konnten.
Sie sind denn auch immer dort wohnen geblieben, und fünf
Iahre später, als es Kaufmann Stenzel so bedenklich schlecht
ging, kauste Lerr Nappenus sogar das Laus samt
Lof und Garten. Weder er noch seine Frau Ma-
thilde haben jemals über die Nachbarschaft der Schule
sich beklagt. And es ging doch manchmal dort recht
laut her. Aber vielleicht schauten ste von ihrer
Wohnung aus gern auf den Schulhof, wo in den
Pausen die unternehmungslustigen unter den Iungen
auf den drei Linden in der Mitte des Lofes stch die
Losenböden zerrissen. Vielleicht war es Äerrn und
Frau Rappenus ein sehr angenehmer Gedanke, daß
ihnen nicht einer oder gar mehrere dieser Bengel
gehörten, und sie für den an den Losenböden ange-
richteten Schaden nicht aufzukommen brauchten.
Vielleicht hörten ste mit Vergnügen das Geschrei,
wenn nebenan zu erzieherischen Zwecken der Nohr-
stock gehandhabt wurde, in dem frohen Bewußtsein,
nicht auch solch einen Rohrstock im Lause haben zu
müssen. Denn ein Rohrstock kostet eben auch Geld.
Vielleicht! Bestimmt läßt sich das nicht sagen.
Vielleicht wären sie ganz andere Menschen geworden,
wenn sie Kinder gehabt hätten.
Aber sie hatten eben keine, und so taten sie das
unter diesen Amständen Verkehrteste — denn der
Mensch muß zu seiner irdischen Seligkeit ja meist
das Verkehrte tun — sie sparten gerade so, als
hätten sie Kinder und wollten sie zu sorgen- und
tatenlosen Rentnern erziehen. Niemand in Müsken-
burg, am allerwenigsten das Steueramt, wußte, eines
wie hohen Besitzes Lerr Nappenus sich eigentlich
erfreute, — wenn er überhaupt Freude daran hatte.
Aber im Lause der Iahre mußte sich doch etwas ganz
Ansehnliches angesammelt haben. Denn man be-
denke nur, ein wie schönes Stück Geld der Lerr
Landmeffer zu verdienen bekam, als sie im Iahre
1861 in Preußen die Grundsteuer einführten. Da
gab es etwas Gehöriges zu vermessen. Lerr
Rappenus kutschierte im Lande umher, stellte seine
Instrumente auf, maß und setzte Fett an. Denn
selbstverständlich lud man ihn auf jedem Gut, das
er zu vermessen kam — was nicht so schnell geschehen
ist — zu Tisch, morgens, mittags, abends. And
solch ein Tisch in der Amgegend von Müskenburg —
o, was da alles an guten Dingen daraufsteht! Zum
Brechen, — das heißt natürlich, der Tisch könnte
beinahe unter der Last brechen. An andere Konse-
quenzen soll nicht gedacht werden. Bei Lerrn
Rappenus waren sie übrigens auch ganz und gar
ausgeschlossen; der gab nie etwas wieder heraus,
was er einmal hatte.
War der Gatte unterwegs, dann wirtschaftete
Frau Rappenus um so sparsamer. Für sich selbst
kochte sie nicht; da genügte Kaffee und etwas zum
Einstippen. Sie konnte beträchtliche Bruchteile des
ihr zugemesscnen Wirtschaftsgeldes erübrigen, und
diese Ersparnis händigte sie, nach Abzug des für
ihren geringen Kleidungsauswand Nötigen, wieder
ihrem Manne ein, als angenehme Aeberraschung.
Sie hätte nie daran gedacht, solches Geld für sich
bei Seite zu legen und selbst ein heimliches Kapitäl-
chen stufenweise damit aufzubauen. Dazu war dcn
Ehegatten die Freude an unablässiger, zäher Groschen-
schinderei zu gemeinsam, als daß Frau Malhilde
Lust zur solcher Leimlichkeit gchabt hätte.
Mit einer Ausnahme. And das war eine große
Ausnahme, und sie war verborgen in Frau Mathildes