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Nr. 1259

Zeitschrift für Humor und Kunst

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Lerr Tauchrr mit der Ktaumrir.

empfand Lerr Taucher wie einen unfreundlichen Ellbogenstofp

In der Nacht pom zweiten auf dritten August zer-
schmiß eine Volksmenge das Schild über dem Geschäfts-
lokal des Lerrn Taucher; besonders auf die Klammer und
ihren Inhalt war es abgesehen. Die Volksmenge wollte
durch das Zerschmeißen ihre vaterländischen Empfindungen
kundgeben. Nun, jeder tut dach wie er kann. Wenn es
nur ehrlich gemeinr ist, das ist die Lauptsache. Lerr Tau
cher aber empfand das wie einen Faustschlag. Natürlich
mußte der Schaden ausgebeffert wer-
den. !lnd siehe da, auf einmal stand
auf dem alten Lause am Marktplatz
wieder zu lesen: Ludwig Taucher,

Gold schmied. Ganz wie in alten Zeiten.

LerrTaucher hätte gern noch mehr
aus alten Zeiten zurllckgeholt. To-
schee? Nun gewiß, das stimmte ja.

Aber bitte: hatten die Lugenotten
nicht gerade ganz vorzügliche Bürger
dem deutschen Vaterlande geliefert!

Anno siebzig hatte es sogar einen
preußischenGeneralVerdy duVernois
gegeben, und der hatte ganz ordent-
lich geholfen, die Franzosen zu ver-
hauen. Die Leute sollten sich doch um
Gottes willen nicht einbilden, daß
der Goldschmied Taucher ein Franzose
wäre. Am besten war es schon, wenn
sie wieder Taucher sagten, mit au
und r.

Ia, das war leicht gesagt. Aber wenn man einen
Karren erst mühsam vorwärts gebracht hat, kriegt man ihn
noch schwerer zurück. „Lerr Toschee" sagten die Leute, und
wenn es dann hieß: „Ach bitte, Tau—ch—er!" dann wollien
sie es nicht glauben.

Ganz elend wurde Ludwig Taucher dabei. Da mußte
nachgeholsen werden. So viele Kriegstrauungen gab es
jetzt, und deshalb erschien eine Anzeige: Tauchers sugenlose
Trauringe. Aber statt des Namens sah man das Bild
eines Tauchers, mit dem großen runden Lelm auf dem
Kopf und dahinter das ergänzende's.
Wie ein Rebus war das, aber jeder
mußte ihn lösen können und dabei den
Namen richtig aussprechen.

AberjetztmerktendiegutenFreun-
de, was Taucher amLeizen lag. Und
nun wollten sie ihm wieder diesen Ge-
fallen nicht so leicht tun. Toschee hin
und Toschee her ging es. Ludwig
Taucher kam ganz herunter vor Aer-
ger. Verstecken hätte er sich mögen.

NachvierMonaten kam seinIun-
ge zurück, der Otto. Aus dem Lazarett.
Als er sich etwas erholt hatte, mußte
er ausgehn, — mit dem Vater. So,
jetzt sollen die Leute einmal sehn, was
wir sür Kerle sind. Da kam auch gleich
ein alter Bekannter. Natürlich mußte
der junge Krieger zuerst begrüßt wer
den. „Wie geht's denn, Lerr To —
Lerr Taucher?" So, da hatte man

Przemysl

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