N4
Kriegschronik der Meggendorfcr-Blätter, München
Geschrieben den
Eine Feldpostkarte
Llmschreibungen
Im englischen Parlament liebt man es, die Dinge nicht
beim rechten Namen zu nennen, sondern sie mit einem ge-
fälligen Schleier zu umgeben. Eine alte Geschichte ist es
ja, daß die Verhandlungen des Parlaments als unter Aus-
schluß der Oeffentlichkeit vorgenommcn werden und deshalb,
wenn bei Störungen durch das Publikum die Tribünen
geräumt werden sollen, die berühmte Formel gebraucht
wird: „Ich glaube, es sind Fremde im Lause."
Ein ähnliches Vcrfahren wird man jetzt bei der Be-
sprechung der Ausgabe für Kitcheners neues Riesenheer be-
obachten. Damit aus den Ziffern der Kredite das seindliche
Ausland keine Rückschlüsse aus die Zahl der Truppen ziehen
könne, wird die richtige Summe nicht genannt, sondern
lediglich über eine Ausgabe von tausend Pfund diskutiert
werden.
Ebenso umschreibend ist jüngsthin auch bei
einigen Interpellationen im Parlament vor-
gegangen worden. Lord Pipple, der sich über
die Verluste der englischen Truppen zu er-
kundigen wünschte, sagte z. B.: „Einige Eng-
länder, namentlich in jüngerem Alter stehende
Männer, haben sich in letzter Zeit zu neuerdings
sehrbeliebtensportlichenAebungennachdemKon-
tinent begegeben. Es sollen bei diesen Aebun-
gen mehrfach Anglücksfälle vorgekommen sein.
Will die Regierung Näheres darüber mitteilen?"
Viscount Oldfose begehrte, über die Vor-
kehrungen gegen Angriffe durch die Zeppeline
unterrichtct zu werden. Er sagte: „Ein Be-
kannter hat mir erzählt, daß eine Tante von
ihm neulich durch einen ganzunvermutet aus der
Luft gefallenen Gegenstand ungemein erschreckt
wurde und seitdem an nervösen Störungen leidet.
Was gedenkt die Regicrung dagegen zu tun,
daß die Tante meines Bekannten nicht noch
einmal in solcher Weise beunruhigt wird?"
Der Duke of Eastminster wollte über den
Fortschritt der Anwerbungen aufgeklärt werden.
Er sragte: „Lord Kitchener hat den jungen
Männern unseres Landes vorgeschlagen, für
einige Zeit von
denTorheiten der
Mode abzugehen
undflcheiner,den
augenblicklichen
Interessen Eng-
lands sehr dien-
lichensoliven und
einfachen, in
graugrüner Far-
be gehaltenen
Tracht zu bedie-
nen. Ist der eh-
renwerteLordbe-
reit, mir mitzu-
teilen, ob sein
glücklicher Ge-
danke den ent-
sprechenden Wi-
derhall gefunden
hat?"
Lord Bigbody
beschwertestchbei
Asquith über die
steigenden Le-
bensmittelpreise
in England. Er erklärte: „Seit einer Woche gibt mir meine
Köchin morgens nicht mehr vier Schnitten Toast, sondern
nur noch drei; auch ist sie der Meinung. daß eine Lammel-
keule jetzt zwei Tage länger vorhalten müßte. Was wird die
Regierung dazu tun, daß meine Köchin wieder zu ihren alten
Gewohnheiten zurückkehrt?"
Earl Doodlesack schließlich wünschte von Kitchener zu
erfahren, wann der Krieg aus sein wird. Er tat dies mit
folgender Amschreibung: „Im vorigen Sommer habe ich im
Äotel Adlon in Berlin meinen Spazierstock mit silberner
Krücke stehn lassen. Ist der ehrenwerte Lord in der Lage,
mir mitzuteilen, wann ich ohne Anbequemlichkeiten meinen
Stock persönlich wieder holen kann?" Plro
Schöner Gedanke Geschäftsmann: „Leeres-
lieferant hälte ich sein mögen im Dreißigjährigen Kriege!"
„Wir protestieren gegen die Gefährdung unserer
Die Neutralen:
Schiffahrt!"
Michel: „Bedaure, da müßt ihr eine Tür weiter gehen."
Kriegschronik der Meggendorfcr-Blätter, München
Geschrieben den
Eine Feldpostkarte
Llmschreibungen
Im englischen Parlament liebt man es, die Dinge nicht
beim rechten Namen zu nennen, sondern sie mit einem ge-
fälligen Schleier zu umgeben. Eine alte Geschichte ist es
ja, daß die Verhandlungen des Parlaments als unter Aus-
schluß der Oeffentlichkeit vorgenommcn werden und deshalb,
wenn bei Störungen durch das Publikum die Tribünen
geräumt werden sollen, die berühmte Formel gebraucht
wird: „Ich glaube, es sind Fremde im Lause."
Ein ähnliches Vcrfahren wird man jetzt bei der Be-
sprechung der Ausgabe für Kitcheners neues Riesenheer be-
obachten. Damit aus den Ziffern der Kredite das seindliche
Ausland keine Rückschlüsse aus die Zahl der Truppen ziehen
könne, wird die richtige Summe nicht genannt, sondern
lediglich über eine Ausgabe von tausend Pfund diskutiert
werden.
Ebenso umschreibend ist jüngsthin auch bei
einigen Interpellationen im Parlament vor-
gegangen worden. Lord Pipple, der sich über
die Verluste der englischen Truppen zu er-
kundigen wünschte, sagte z. B.: „Einige Eng-
länder, namentlich in jüngerem Alter stehende
Männer, haben sich in letzter Zeit zu neuerdings
sehrbeliebtensportlichenAebungennachdemKon-
tinent begegeben. Es sollen bei diesen Aebun-
gen mehrfach Anglücksfälle vorgekommen sein.
Will die Regierung Näheres darüber mitteilen?"
Viscount Oldfose begehrte, über die Vor-
kehrungen gegen Angriffe durch die Zeppeline
unterrichtct zu werden. Er sagte: „Ein Be-
kannter hat mir erzählt, daß eine Tante von
ihm neulich durch einen ganzunvermutet aus der
Luft gefallenen Gegenstand ungemein erschreckt
wurde und seitdem an nervösen Störungen leidet.
Was gedenkt die Regicrung dagegen zu tun,
daß die Tante meines Bekannten nicht noch
einmal in solcher Weise beunruhigt wird?"
Der Duke of Eastminster wollte über den
Fortschritt der Anwerbungen aufgeklärt werden.
Er sragte: „Lord Kitchener hat den jungen
Männern unseres Landes vorgeschlagen, für
einige Zeit von
denTorheiten der
Mode abzugehen
undflcheiner,den
augenblicklichen
Interessen Eng-
lands sehr dien-
lichensoliven und
einfachen, in
graugrüner Far-
be gehaltenen
Tracht zu bedie-
nen. Ist der eh-
renwerteLordbe-
reit, mir mitzu-
teilen, ob sein
glücklicher Ge-
danke den ent-
sprechenden Wi-
derhall gefunden
hat?"
Lord Bigbody
beschwertestchbei
Asquith über die
steigenden Le-
bensmittelpreise
in England. Er erklärte: „Seit einer Woche gibt mir meine
Köchin morgens nicht mehr vier Schnitten Toast, sondern
nur noch drei; auch ist sie der Meinung. daß eine Lammel-
keule jetzt zwei Tage länger vorhalten müßte. Was wird die
Regierung dazu tun, daß meine Köchin wieder zu ihren alten
Gewohnheiten zurückkehrt?"
Earl Doodlesack schließlich wünschte von Kitchener zu
erfahren, wann der Krieg aus sein wird. Er tat dies mit
folgender Amschreibung: „Im vorigen Sommer habe ich im
Äotel Adlon in Berlin meinen Spazierstock mit silberner
Krücke stehn lassen. Ist der ehrenwerte Lord in der Lage,
mir mitzuteilen, wann ich ohne Anbequemlichkeiten meinen
Stock persönlich wieder holen kann?" Plro
Schöner Gedanke Geschäftsmann: „Leeres-
lieferant hälte ich sein mögen im Dreißigjährigen Kriege!"
„Wir protestieren gegen die Gefährdung unserer
Die Neutralen:
Schiffahrt!"
Michel: „Bedaure, da müßt ihr eine Tür weiter gehen."