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118 Meggendorfer--Blätter, München

Vergeltung Wirt: „Der Schmied hat dem Roß ja nur drei Eisen aufg'legt?"

— „Ia, er hat g'sagt, du schenkst eahm aa nur allewei drei Quart
cin für a Maß."

Bleibende Erinnerungen

Im Abteil eines D-Zuges, Raucher. Als erster hatte
darin ein junger Mann Platz genommen, der aussah wie
nach langer Krankheit aufgestanden. Er hatte auch seinen
Mantel nicht ausgezogen und sich noch eine Decke über
die Kniee gelegt.

Nachher warcn noch drei Fahrgäste eingestiegen: ein
behäbig freundlicher, ein kleiner zappeliger und ein wiirdiger
Lerr. Und dann fuhr der Zug ab.

Der behäbig freundliche §>err holte eine inhaltreiche
Zigarrentasche heraus und aus dieser eine dicke Zigarre,
die er mittels eines Feucrzeuges anzündete. And das war
ein ganz besonderes Feuerzeug.

Der kleine zappelige Lerr, der eine Zigarette rauchen
wollte, aber kein Feuer hatte, bat es sich aus. Er bewun
derte es. „Sehr nett," sagte er, „wirklich ganz famos. So
eines muß ich mir auch anschaffen."

Der würdige Lerr schielte mit so viel Neugierde, wie

seine Würde gerade
noch erlaubte, nach dem
Feuerzeug. Der behä-
big freundliche Lerr
hielt es ihm zur Anstcht
hin. „Da, eine Nach-
bildung eines unserer
42-Zentimeter-Geschofse
ganz im kleinen. 1914
ist daraui eingraviert.
Lab' ich mir zur Er-
innerung angeschafft."

Der würdige Lerr
nickte zusrieden. „Ia "
sprach er ernst, „eine
bleibende Erinnerung
an die große Zeit."

Dem jungen Mann
in der Ecke, mit der
Decke über den Knien,
wurde der bemerkens-
werte Gegenstand auch
vor die Nase gehalten.
Der aber dankte kurz
und sah kaum danach
hin. Das schien dem
würdigen Lerrn nicht
zu gesallen; unzufrieden
verzog er das Gesicht.

„Mit solchen Sachen
ist jetzt ein gutes Ge-
schäft zu machen," sagte
der kleine zappelige
Lerr. Er zog den
rechten Landschuh aus.
„Da, sehen Sie mal den
Ring! Schöne Arbeit,
was? Stammt aus dem
Eisen einer nicht kre-
pierten französtschen
Granate. Garantiert,
sage ich Ihnen, garan-
tiert! Die Iahreszahl
1914 ist darauf eingra-
viert. Den Ring trage
ich natürlich mein gan-

zes Leben — zur Erinnerung."

Der behäbig sreundliche Lerr sagte: „Ia, ja, so schafft
sich eben jeder was an."

Der würdige Lerr nickte zustimmend. „Gewiß, man
will doch eine bleibende Erinnerung haben an diese große
Zeit. Das gehört sich doch."

Aber der junge Mann in der Ecke verschmähte den
Anblick des intereffanten Ringes, trotzdem er ihm von dem
Besitzer sehr eindringlich hingehalten wurde. Er schien
'hn nicht so wertvoll zu finden.

Der würdige Lerr rollte etwas mit den Augen Er
räusperte sich, als wollte er eine Rede halten. Doch dann
zog er seine Ahr aus der Tasche. Er schlug auf den Deckel.
„Da, meine Lerren, ich habe den goldenen Deckel durch
einen eisernen ersetzen laffen — mit der Iahreszahl 1914
natürlich und mit einer Abbildung des Eisernen Kreuzes.
Das Gold habe ich dem Roten Lkreuz zugewendet. Ich
aber habe nun etwas Besseres — eine bleibende Erinnerung
an diese große, diese gewaltige Zeit. Die Ahr soll sich in

Copyrigbk I9lö by I. ss. Schreiber
 
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