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Zeitschrift für Humor und Kunst

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Ersatzreserve — „Ia, Fritze, wozu die anderen zwei Iahre brauchen, das sollen wir jetzt in sechs

Wochen lernen. Da brauchst du dich nicht zu wundern, daß dir alle Knochen weh tun/'
— „Na, aber wenn ich 'rauskomme, — dem Feind sollen seine noch mehr weh lun!"

Wie der Reservist Hähnlein das Eiserne Kreuz

verdiente Von Kurt Küchler

Sie hatten schon ein Lied auf ihn gemacht, auf den
Reserviften Lähnlein, und die Soldaten sangen es, wenn
fte marschierten. Und da sie Tag um Tag marschierten,
unermüdlich mit ihren derben preußischen Stieseln die
staubigen Landstraßen Franlreichs abklopsten, so mußte der
Reservist Lähnlein die schönen Reime, die sie auf ihn
gedichtet und als Refrain einem alten Soldatenlied angeklebt
hatten, oft zwanzigmal am Tage hören:

Läbnlein, aufgepaßt, jetzt kommen die Franzo—o—sen,
Lähnlein siehst du schon die riraroten Lo—o—ien?
Lähnlein springt drauf los in fürchterlichem Zorn,
Lähnlein haut drauf los mit seinem bliblablanken Sporn,

Die Franzosen fallen um, pardeutz,
Lihahähnlein kriegt ein Eisern Kreuzkreuzkreuz!

Lähnlein lächelte gutmütig, wenn er das hörte, und
sang tüchtig mit und war nicht im geringsten beleidigt.
Denn die Sache verhielt sich so, daß Lähnlein durchaus
kein Kriegsheld war und auch nicht sein wollte. Lähnlein
war ein blaffer, sanfter Lehrer und Organist aus einem
kleinen Dorf irgendwo in Deutschlanv, hatte gute, hellblaue
Augen, ein paar blonde Lärchen als Schnurrbart und auch
ein paar blonde Laare, die zierlich aus dem Kinn sprossen,
und hatte im übrigen nicht ein Fünkchen kriegerischen Ehrgeiz.

„Kinder," sagte er einmal, als sie beim Biwakfeuer
saßen, fernen Kanonendonner hörten und von den großen
Taten redeten, die sie alle tun wollten, um das Eiserne
Kreuz zu bekommen, „Kinder . . das Eiserne Kreuz,
 
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