56 Meggendorfer-Blätter, München
Der steife Finger
Die Wangen rund, die Nase griechisch schön,
Die Augen feurig schwarz und reich bewimpert,
So war Lelene Müller anzusehn.
Sie hat den ganzen Tag Klavier geklimpert
And zwar in einem Warenhaus.
Er wünscht am Ende, wenn er mich gefreit,
Daß stets ich spiele auf dem Klimperkasten.
Doch ich, bin glücklich ich einmal befreit
Aus dieser Bude, rühre keine Tasten;
Ich würd' ja schließlich noch verrückt.-
Dort war sie vorzuspielen angestellt,
Wenn jemand nämlich Noten kaufen wollte
Und erst mal hören, ob sie wert das Geld.
Es war ein Amt, dem ihre Seele grollte;
Ihr war's ein rechter Schreck und Graus.
Ein junger Mann mit Namen Arthur Bold
Sah eines Tags Lelene am Klaviere,
Lelene, weil sie Weib, erkannt' die Glut,
And Arthur, weil er stattlich und moralisch
And auch bemittelt schien, gefiel ihr gut.
Doch sprach sie: Ach, er ist zu musikalisch;
Das ist es, was mich nicht beglückt.
Doch eines Tags, da spielt' sie nicht Klavicr,
Weil ihr ein Finger steis vom Nheumatismus.
„So lang' die Sache dauert," sprach zu ihr
Der Personalchef voller Despotismus,
„Tun Sie was im Erfrischungsraum!"
Als Arthur sie am alten Platz nicht fand,
Da dacht' er erst, sie wäre 'rausgeschmifsen.
Dann sah er sie, o Glück! Von ihrer Land
Ließ er sich geben manchen guten Bissen;
Es war ihm wie ein schöner Traum.
Lelene wurde manches klar. Nanu,
Dacht sie, der kennt am Ende keine Note.
Sie fragte leis, er gab s errötend zu,
Und weil er kühn durch viele Butterbrote,
Bat er um den Bejahungston.
Sie fiel ihm um den Lals mit Iubelruf;
Daß dies Entlassungsgrund, war ihr Pomade.
Er aber, der dies zarte Glück erschuf,
Der steife Finger, weil's der richt'ge grade,
Bekam den goldnen Neif als Lohn.
Peter Robinson
Und weil er schüchtern, doch sich nähern wollt',
Bat er um musikaliscke Papiere
And sprach: „Ach, spielen Sie 's mal vor!"
Und weil Lelene solche Schönheit war,
Lat er sich baldigst wieder eingefunden,
Kam jeden Wochentag ein ganzes Iahr.
And es war klar, daß er so manche Stunden
And auch sein Männerherz verlor.
Der steife Finger
Die Wangen rund, die Nase griechisch schön,
Die Augen feurig schwarz und reich bewimpert,
So war Lelene Müller anzusehn.
Sie hat den ganzen Tag Klavier geklimpert
And zwar in einem Warenhaus.
Er wünscht am Ende, wenn er mich gefreit,
Daß stets ich spiele auf dem Klimperkasten.
Doch ich, bin glücklich ich einmal befreit
Aus dieser Bude, rühre keine Tasten;
Ich würd' ja schließlich noch verrückt.-
Dort war sie vorzuspielen angestellt,
Wenn jemand nämlich Noten kaufen wollte
Und erst mal hören, ob sie wert das Geld.
Es war ein Amt, dem ihre Seele grollte;
Ihr war's ein rechter Schreck und Graus.
Ein junger Mann mit Namen Arthur Bold
Sah eines Tags Lelene am Klaviere,
Lelene, weil sie Weib, erkannt' die Glut,
And Arthur, weil er stattlich und moralisch
And auch bemittelt schien, gefiel ihr gut.
Doch sprach sie: Ach, er ist zu musikalisch;
Das ist es, was mich nicht beglückt.
Doch eines Tags, da spielt' sie nicht Klavicr,
Weil ihr ein Finger steis vom Nheumatismus.
„So lang' die Sache dauert," sprach zu ihr
Der Personalchef voller Despotismus,
„Tun Sie was im Erfrischungsraum!"
Als Arthur sie am alten Platz nicht fand,
Da dacht' er erst, sie wäre 'rausgeschmifsen.
Dann sah er sie, o Glück! Von ihrer Land
Ließ er sich geben manchen guten Bissen;
Es war ihm wie ein schöner Traum.
Lelene wurde manches klar. Nanu,
Dacht sie, der kennt am Ende keine Note.
Sie fragte leis, er gab s errötend zu,
Und weil er kühn durch viele Butterbrote,
Bat er um den Bejahungston.
Sie fiel ihm um den Lals mit Iubelruf;
Daß dies Entlassungsgrund, war ihr Pomade.
Er aber, der dies zarte Glück erschuf,
Der steife Finger, weil's der richt'ge grade,
Bekam den goldnen Neif als Lohn.
Peter Robinson
Und weil er schüchtern, doch sich nähern wollt',
Bat er um musikaliscke Papiere
And sprach: „Ach, spielen Sie 's mal vor!"
Und weil Lelene solche Schönheit war,
Lat er sich baldigst wieder eingefunden,
Kam jeden Wochentag ein ganzes Iahr.
And es war klar, daß er so manche Stunden
And auch sein Männerherz verlor.