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Meggendorfer-Blätter, München

— „Wir dürfen jetzt kein Gebäck mehr zur Auswahl aus den Tisch stellen, mein Lerr."

— „Na, hören Sie, da schmeckl's einem aber gar nicht mehr so, wenn man sich nicht
freuen kann, das beste Stück erwischt zu haben."

Die langen Losen

Kolbe dem Paul, seit er Ober-
tertianer war, fünfzig Pfennige
Taschengeld und fügte dazu ei-
nen als wertvoll bezeichneten
Rat zu weiser Sparsamkeit.
Denn große Sprünge. sagte On-
kel Kolbe, würde Paul Schlich-
tegroll mit seinen paar Kröten
einmal nicht machen können; das
würde er schon noch einsehn.

Paul Schlichtegroll wollte
mit in den Krieg. Oder richti
ger: er wünschte es. Als ihm
zum erstenmal die große Frage
gestellt wurde: „Gehst du mit,
Mensch?" da hatte er nicht wie
die andern ohne Besinnen: „Na
und ob, Mensch!" geantwortet.
Zögernd hatte er gemeint: „Ia,
wenn es wirklich geht." Er hatte
nämlich gar nicht an solche Mög-
lichkeit gedacht. Als sie ihm nun
mit einem Male von den weniger
Kritischen wie selbstverftändlich
hingestellt wurde, war eine heiße
Freude in ihm aufgezuckt. Lerr-
gott ja, — das wäre herrlich.

Praktischer ErsaH

Nachbars Fritzchen: „Zch bitt schön, FrauLuber,
dte Mutter lätzt ersuchen, Sie möchten ihr auf einen
Tag Ihren Äahn leihen."

— „Meinen Kahn? Wozu denn das?"

— „Vater muß morgen zeitlich früh verreisen und
unsere Weckeruhr ist stehengeblieben."

auch hinaus zu können! Dann
aber kamen Bedenken. Wenn
sie ihn gar nicht wollten? Gleich
wieder nach Lause schicken, am
Ende gar auslachen würden? —
Eben diese Ansicherheit aber be-
wies, wie ernst es Paul Schlich-
tegroll mit seinem Wunsch war.

Wie aber mußte man das
am besten anstellen, mit der größ-
ten Aussicht auf Erfolg? Wo
überhaupt stch melden? Wenn
einer gut darüber Vescheid wuß-
1e, dann war es stcher der lange
Meißner aus der Antertertia.
Der ging nämlich bestimmt mit;
den würden sie auch sichernehmen.
Er war der stärkste Kerl aus
dem ganzen Gymnasium, und
deshalb führte er eigentlich ein
ganz angenehmes Dasein, denn
kein Pauker traute stch, ihm et-
was zu sagen. Das einzige war,
daß sie ihn nicht versetzten. Von
der Sexta an saß er jetzt über
sieben Iahre im Pennal. Aber
jetzt hatte er auch wahrhaftig
genug. Bis zur Antertertia
 
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