Zeitschrift für Humor und Kunst 91
Eine Buchbesprechung
„Aber es ist kein Schund, sag ich Ihnen — ich hab es
— hab es selbst gelesen, Lerr!"
Wir waren starr. Buchhändler, die ihre angepriesenen
Bücher selbst lesen, gab s die wirklich?
„Selbst gelesen?" schrie Freund Krimmer mit verhalt-
ner Riihrung.
„Gewiß. die ersten zehn Seiten von der ersten Gc
schichte — und ich sage Ihnen, es ist ausgezeichnet — es
ist einfach wunderbar!"
„Ist ja ausgeschlossen, lieber Mann — ,ausgezeichnet',
sagen Sie? ,Blech' sag ich Ihnen — ,wunderbar', sagen
Sie? ,Luatschh sag ich Ihnen."
„Mein Lerr, wie können Sie so etwas von dem —
von dem (er schaute rasch nach dem Verfasser) — von dem
berühmten Schriftsteller Wilhelm Krimmer sagen!"
„Na, berühmter Schriftsteller!" zwinkerten jeyt beide
Augen.
„Wenn ich es Ihnen sage! Daß Sie ihn zufällig nicht
kennen, beweist doch nicht, daß der berühmte Schriftsteller
Wilhelm Krimmer nicht berühmt ist, mein Äerr,"
„Zufällig nicht kennen, sagen Sie? Kennen Sie ihn
denn?"
„Natürlich kenne ich den — den berühmten Wilhelm
Krimmer?"
„Wohl gar persönlich, wie?"
„Persönlich? Lm — selbstverständlich auch persön-
lich, wo er doch so oft zu uns kommt ins Gebirge — der
lustige, kleine Äerr mit dem goldenen Zwicker."
Freund Krimmer fuhr mit der Land den baumlangen
Körper hinauf nach dem Nasenrücken: Nein, da saß kein
goldner Zwicker, hatte nie einer geseffen.
„Soso, Sie kennen ihn? Dann allerdings — hm, ich
bin unter diesen Amständen nicht abgeneigt, seinen Bafel
— wollte sagen, sein Buch da zu kaufen — aber sagen Sie
mal, vielleicht wissen Sie sonst noch was — was Persön-
liches iiber diesen Krimmer — man will doch schließlich
auch die Leute kennen, deren Bafel — ah, Bücher man
mit seinem teuren Gelde kauft, nicht wahr?"
„Gewiß, mein Lerr, gewiß — also daß es 'n lustiger
kleiner Lerr mit einem goldnen Zwicker ist, das sagte ich
ja schon — außerdem hat er 'ne Frau."
„Soso, eine Frau?" sagte Freund Krimmer und sah
ein wenig wehmütig auf seine unberingte Rechte.
„Iawohl, eine sehr schöne Frau, eine wunderschöne Frau."
„And Kinder?"
„Kinder? Warten Sie mal — ja, ja, Kinder hat er
auch ebensoviele, habe ich gelesen, als er — ja, ja, als
er Bücher geschrieben bat."
„Elfe also," murmelte Freund Krimmer.
„Und 'n Bombengeld verdient er, sag ich Ihnen —"
Krimmer streichelte leicht die Gegend seiner Vrieftasche,
in der die unbezahlten Rechnungen steckten.
„Ia, zwei Rittergüter hat er sich schon dafür gekaust,
sag ich Ihnen — und das dritte wird er sich mit diesem
Buche kaufen, sag ich Ihnen — jawohl, sag ich Ihnen —
macht also drei Mark fünfzig, gebunden, mein Äerr —
darf ich's Ihnen einwickeln?"
„Nein, ich bin schon eingewickelt — äh, wollte sagcn,
will es hier gleich lesen, habe leider noch 'ne Menge Zeit
zum letzten Zug — aber sagen Sie mal, wenn es nun doch
'n Schund sein sollte —"
„Ausgeschlossen, Lerr, völlig ausgeschlossen."
„Nehmen Sie's dann wieder zurück, he?"
„Zurück? Von dem berühmten Schriftsteller Wilhelm
Krimmer etwas zurücknehmen, dessen Werke gehn wie
warme Semmeln — aber mit Vergnügen mein Äerr, mackt
also drei Mark fünfzig, danke schön, empsehle mich."
Eine Buchbesprechung
„Aber es ist kein Schund, sag ich Ihnen — ich hab es
— hab es selbst gelesen, Lerr!"
Wir waren starr. Buchhändler, die ihre angepriesenen
Bücher selbst lesen, gab s die wirklich?
„Selbst gelesen?" schrie Freund Krimmer mit verhalt-
ner Riihrung.
„Gewiß. die ersten zehn Seiten von der ersten Gc
schichte — und ich sage Ihnen, es ist ausgezeichnet — es
ist einfach wunderbar!"
„Ist ja ausgeschlossen, lieber Mann — ,ausgezeichnet',
sagen Sie? ,Blech' sag ich Ihnen — ,wunderbar', sagen
Sie? ,Luatschh sag ich Ihnen."
„Mein Lerr, wie können Sie so etwas von dem —
von dem (er schaute rasch nach dem Verfasser) — von dem
berühmten Schriftsteller Wilhelm Krimmer sagen!"
„Na, berühmter Schriftsteller!" zwinkerten jeyt beide
Augen.
„Wenn ich es Ihnen sage! Daß Sie ihn zufällig nicht
kennen, beweist doch nicht, daß der berühmte Schriftsteller
Wilhelm Krimmer nicht berühmt ist, mein Äerr,"
„Zufällig nicht kennen, sagen Sie? Kennen Sie ihn
denn?"
„Natürlich kenne ich den — den berühmten Wilhelm
Krimmer?"
„Wohl gar persönlich, wie?"
„Persönlich? Lm — selbstverständlich auch persön-
lich, wo er doch so oft zu uns kommt ins Gebirge — der
lustige, kleine Äerr mit dem goldenen Zwicker."
Freund Krimmer fuhr mit der Land den baumlangen
Körper hinauf nach dem Nasenrücken: Nein, da saß kein
goldner Zwicker, hatte nie einer geseffen.
„Soso, Sie kennen ihn? Dann allerdings — hm, ich
bin unter diesen Amständen nicht abgeneigt, seinen Bafel
— wollte sagen, sein Buch da zu kaufen — aber sagen Sie
mal, vielleicht wissen Sie sonst noch was — was Persön-
liches iiber diesen Krimmer — man will doch schließlich
auch die Leute kennen, deren Bafel — ah, Bücher man
mit seinem teuren Gelde kauft, nicht wahr?"
„Gewiß, mein Lerr, gewiß — also daß es 'n lustiger
kleiner Lerr mit einem goldnen Zwicker ist, das sagte ich
ja schon — außerdem hat er 'ne Frau."
„Soso, eine Frau?" sagte Freund Krimmer und sah
ein wenig wehmütig auf seine unberingte Rechte.
„Iawohl, eine sehr schöne Frau, eine wunderschöne Frau."
„And Kinder?"
„Kinder? Warten Sie mal — ja, ja, Kinder hat er
auch ebensoviele, habe ich gelesen, als er — ja, ja, als
er Bücher geschrieben bat."
„Elfe also," murmelte Freund Krimmer.
„Und 'n Bombengeld verdient er, sag ich Ihnen —"
Krimmer streichelte leicht die Gegend seiner Vrieftasche,
in der die unbezahlten Rechnungen steckten.
„Ia, zwei Rittergüter hat er sich schon dafür gekaust,
sag ich Ihnen — und das dritte wird er sich mit diesem
Buche kaufen, sag ich Ihnen — jawohl, sag ich Ihnen —
macht also drei Mark fünfzig, gebunden, mein Äerr —
darf ich's Ihnen einwickeln?"
„Nein, ich bin schon eingewickelt — äh, wollte sagcn,
will es hier gleich lesen, habe leider noch 'ne Menge Zeit
zum letzten Zug — aber sagen Sie mal, wenn es nun doch
'n Schund sein sollte —"
„Ausgeschlossen, Lerr, völlig ausgeschlossen."
„Nehmen Sie's dann wieder zurück, he?"
„Zurück? Von dem berühmten Schriftsteller Wilhelm
Krimmer etwas zurücknehmen, dessen Werke gehn wie
warme Semmeln — aber mit Vergnügen mein Äerr, mackt
also drei Mark fünfzig, danke schön, empsehle mich."