110
Meggendorfer-Blätter, Münche«
Nr. 1273
Falsche Taktik
er von jeyt ab zu sich nahm. Ieden Tag prüfte er sein
Gewicht. Gott sei Dank, er nahm ab! Ganz gehörig
»ahm er ab
Angst und Zittern verbreitete sich in Paris. Gerüchte
gingen um, daß die Deutschen nun bald kämen. Marcel
Piscot freute sich über die Deutschen. Wenn sie nur erst
da wären, diese verdammten Kerle! Dann würde doch
dieser verfluchte Krieg aus sein.
Aber die Deutschen kamen nicht. General Ioffre, der
große Leld, der Liebling der Nation, schirmte Paris.
Marcel Piscot verfluchte den Liebling der Nation. Dieser
Ioffre war ja ein Satan! Was dachte dieses blödsinnige
Luder sich eigenrlich? Wie lange sollte denn der ver-
dammte Krieg noch dauern? — Marcel nahm noch mehr
Pillen und trank täglich zwei Flaschen des entsprechenden
Mineralwassers. Sein Bauch verschwand, die angenehme
Fülle der Muskeln schmolz dahin, seine Laut bekam viele
Faltcn.
Gräßlich war das, diese ewige Sorge! Frankrcich
würde ihn rufen, und er würde folgen müffen, denn er
war ja leider nicht taub. Sie würden ihn nehmen, sie
würden ihn hinausschleppen, ste würden ihn totschießen
lassen. Ia, wenn er ein Automobil gehabt hätte, wie zum
Beispiel der Sohn des Monsieur Bertrand! Der hatte
auch in den Krieg müssen, aber er konnte vergnügt in
seinem Auto herumkutschieren. Da ließ sich der Krieg
freilich ertragen, da war er eben ein Sport, eine angenehme
Zerstreuung.
Es half nichts, Frankreich brauchte seine Männer.
Auch Marcel Piscot war naturgeschichtlich ein Mann,
und auch an ihn erging der Nuf: „Komm' her, Sohn der
großen Republik, und laß' dich noch einmal anschauen, ob
du nicht doch zu gebrauchen bist!"
Marcel Piscot mußte hingehn. Diesmal sah ihn die
Musterungskommission nicht so traurig an. Sie drückte
ihre Ansprüche so sehr herab, wie es Marcel Piscot trotz
aller Pillen und allen Wassers bei seinem Körpergewicht
doch nicht gelungen war. Ach, seine einstige Gebiechlichkeit
hatte er in der kurzen Zeit von fünf Monaten nicht zurück-
erobern lönnen!
Ia, hieß es, man konnte ihn gebrauchen, — felddienst-
fähig, Infanterie. Der untersuchende Arzt spürte ver-
schwundene Fülle am Leibe des Gestellungspflichtigen und
grinste. Er tippte auf die Lautfalten. „Sie haben ja
schon einen Bauch gehabt. Gut, daß er fort ist. — mit
einem Bauch hätten wir Sie nicht nehmen könncn."
Marcel Piscot kleidete sich stumpfsinnig wieder an und
wankte davon. Auf der Straße aber schlug er sich mit der
geballten Faust gegen die Stirn. !lnd dann klagte er sich
an: „Welch ein Nindvieh bin ich gewesen! Falsch habe
ich das gemacht, grundsalsch. Gerade das Verkehrte habe
ich getan. Ich hatte schon einen Bauch. Es wäre mir
eine Kleinigkeit gewesen, mich in den fünf Monaten zu
einem unförmigen Dickwanst heranzumästen, der nicht
zehn Schritte Laufschritt hätte machen können. Ich er-
bärmlicher Idiot! Gehungsrt habe ich, und ich hätte doch
fressen sollen, fressen und noch einmal fressen!"
Angewandtes Sprichwort
Engländer: „Sollen wir denn vor den Rauchbomben der
Deutschen davonlausen?"
Franzose: „Lm, wo Rauch ist, ist auch Feuer!"
Raffiniert
— „Sie sind in letzter Zeit recht schmal und dünn gewor-
den, Kollege!"
— „Verraten Sie nur nichts, ich mache heimlich eine Ent-
fettungskur durch, in Anbetracht der unerschwinglichen
Lebensmittelpreise will ich nämlich bei dem Lhef um eine
Gehaltserhöhung einkommen!"
Deplazierte Lektüre
Während die feindlichen Geschosse ununterbrochen die
Luft durchschneiden und bald nah, bald ferner einschlagen,
liest Füsilier Lehmann im Schüyengraben eifrig in einem
Zeitungsblatt.
— „Na," sragt ein Kamerad, „was studierst du denn da?"
— „Einen Artikel über die neuzeitliche Zunahme der Lebens-
dauer infolge der verbesserten hygienischen Einrichtungen."
19l4 Lssued 11325
1914 k'Iasuksnvsrsanä 2181681.
Irsi H»L»LLS»LLL»S,
^üpskliods Wilclungsi' IVIinspsIqusIIen, A -6., Ss6 Wiläungsn.
Kino-Tslds
Orisinalpaeku'i^ wsiü-erün-rol u. ^irmu
iriel». 8«1»uI»Ort «L O«., sdsm k'adrik
eindfüI»I»-OrS8«Iei»
KIun vsrianxs Lusärüekliok „m»»o
SnielmsnlLon
30 000 verschiedene seltene gar. echt, auch Post
karten versende auf Verlangen zur Auswahl
ohueAaufzw.in.40—60"/o unt. all. Katalogpr.
?rok. Llax Hauüer. ll ien ll. Oderv tloosuslr. 45.
Zommerlprozsen
^ vss xsrsniiert ^lrkssmst«
fi4Itrel eeeen Lominerspros-
VUNsÄM In S I'axeir lLeLne SonL-
nrersprosseu NLeUr. —
'l'opt nur 2.5Ü 54srk. Ledl
H / ouräureklilrseti.Apitlioks,
Ztrsssdurg 33 Elssss)
ä«lto»ts iootkvk« 0«ut»kkl»nä».
Lnlkssi'uiig L
2 Hlsrli. k'ür starksn HVuoks 3 Slsi-Ii.
ONo llsiokel, öerlln 38, Lissndslmstr. 4.
B
ei allen Bestellungen wolle man
sich anf diefe Zeitschrift beziehen.
Leste unädMiesteLe-
Lu^sciueHo kür soliäo j
kdotoxr. ^ppLrats in
einkLoder dis teinLler
^.ustüdrun^ u. sLmtl. LeäartsLrtikel. .
äilustr. kreisiiste I^r. 6 kosteni- j
: OlrektvrVsrssnä nLci, sNsnVislUsilsn
Meggendorfer-Blätter, Münche«
Nr. 1273
Falsche Taktik
er von jeyt ab zu sich nahm. Ieden Tag prüfte er sein
Gewicht. Gott sei Dank, er nahm ab! Ganz gehörig
»ahm er ab
Angst und Zittern verbreitete sich in Paris. Gerüchte
gingen um, daß die Deutschen nun bald kämen. Marcel
Piscot freute sich über die Deutschen. Wenn sie nur erst
da wären, diese verdammten Kerle! Dann würde doch
dieser verfluchte Krieg aus sein.
Aber die Deutschen kamen nicht. General Ioffre, der
große Leld, der Liebling der Nation, schirmte Paris.
Marcel Piscot verfluchte den Liebling der Nation. Dieser
Ioffre war ja ein Satan! Was dachte dieses blödsinnige
Luder sich eigenrlich? Wie lange sollte denn der ver-
dammte Krieg noch dauern? — Marcel nahm noch mehr
Pillen und trank täglich zwei Flaschen des entsprechenden
Mineralwassers. Sein Bauch verschwand, die angenehme
Fülle der Muskeln schmolz dahin, seine Laut bekam viele
Faltcn.
Gräßlich war das, diese ewige Sorge! Frankrcich
würde ihn rufen, und er würde folgen müffen, denn er
war ja leider nicht taub. Sie würden ihn nehmen, sie
würden ihn hinausschleppen, ste würden ihn totschießen
lassen. Ia, wenn er ein Automobil gehabt hätte, wie zum
Beispiel der Sohn des Monsieur Bertrand! Der hatte
auch in den Krieg müssen, aber er konnte vergnügt in
seinem Auto herumkutschieren. Da ließ sich der Krieg
freilich ertragen, da war er eben ein Sport, eine angenehme
Zerstreuung.
Es half nichts, Frankreich brauchte seine Männer.
Auch Marcel Piscot war naturgeschichtlich ein Mann,
und auch an ihn erging der Nuf: „Komm' her, Sohn der
großen Republik, und laß' dich noch einmal anschauen, ob
du nicht doch zu gebrauchen bist!"
Marcel Piscot mußte hingehn. Diesmal sah ihn die
Musterungskommission nicht so traurig an. Sie drückte
ihre Ansprüche so sehr herab, wie es Marcel Piscot trotz
aller Pillen und allen Wassers bei seinem Körpergewicht
doch nicht gelungen war. Ach, seine einstige Gebiechlichkeit
hatte er in der kurzen Zeit von fünf Monaten nicht zurück-
erobern lönnen!
Ia, hieß es, man konnte ihn gebrauchen, — felddienst-
fähig, Infanterie. Der untersuchende Arzt spürte ver-
schwundene Fülle am Leibe des Gestellungspflichtigen und
grinste. Er tippte auf die Lautfalten. „Sie haben ja
schon einen Bauch gehabt. Gut, daß er fort ist. — mit
einem Bauch hätten wir Sie nicht nehmen könncn."
Marcel Piscot kleidete sich stumpfsinnig wieder an und
wankte davon. Auf der Straße aber schlug er sich mit der
geballten Faust gegen die Stirn. !lnd dann klagte er sich
an: „Welch ein Nindvieh bin ich gewesen! Falsch habe
ich das gemacht, grundsalsch. Gerade das Verkehrte habe
ich getan. Ich hatte schon einen Bauch. Es wäre mir
eine Kleinigkeit gewesen, mich in den fünf Monaten zu
einem unförmigen Dickwanst heranzumästen, der nicht
zehn Schritte Laufschritt hätte machen können. Ich er-
bärmlicher Idiot! Gehungsrt habe ich, und ich hätte doch
fressen sollen, fressen und noch einmal fressen!"
Angewandtes Sprichwort
Engländer: „Sollen wir denn vor den Rauchbomben der
Deutschen davonlausen?"
Franzose: „Lm, wo Rauch ist, ist auch Feuer!"
Raffiniert
— „Sie sind in letzter Zeit recht schmal und dünn gewor-
den, Kollege!"
— „Verraten Sie nur nichts, ich mache heimlich eine Ent-
fettungskur durch, in Anbetracht der unerschwinglichen
Lebensmittelpreise will ich nämlich bei dem Lhef um eine
Gehaltserhöhung einkommen!"
Deplazierte Lektüre
Während die feindlichen Geschosse ununterbrochen die
Luft durchschneiden und bald nah, bald ferner einschlagen,
liest Füsilier Lehmann im Schüyengraben eifrig in einem
Zeitungsblatt.
— „Na," sragt ein Kamerad, „was studierst du denn da?"
— „Einen Artikel über die neuzeitliche Zunahme der Lebens-
dauer infolge der verbesserten hygienischen Einrichtungen."
19l4 Lssued 11325
1914 k'Iasuksnvsrsanä 2181681.
Irsi H»L»LLS»LLL»S,
^üpskliods Wilclungsi' IVIinspsIqusIIen, A -6., Ss6 Wiläungsn.
Kino-Tslds
Orisinalpaeku'i^ wsiü-erün-rol u. ^irmu
iriel». 8«1»uI»Ort «L O«., sdsm k'adrik
eindfüI»I»-OrS8«Iei»
KIun vsrianxs Lusärüekliok „m»»o
SnielmsnlLon
30 000 verschiedene seltene gar. echt, auch Post
karten versende auf Verlangen zur Auswahl
ohueAaufzw.in.40—60"/o unt. all. Katalogpr.
?rok. Llax Hauüer. ll ien ll. Oderv tloosuslr. 45.
Zommerlprozsen
^ vss xsrsniiert ^lrkssmst«
fi4Itrel eeeen Lominerspros-
VUNsÄM In S I'axeir lLeLne SonL-
nrersprosseu NLeUr. —
'l'opt nur 2.5Ü 54srk. Ledl
H / ouräureklilrseti.Apitlioks,
Ztrsssdurg 33 Elssss)
ä«lto»ts iootkvk« 0«ut»kkl»nä».
Lnlkssi'uiig L
2 Hlsrli. k'ür starksn HVuoks 3 Slsi-Ii.
ONo llsiokel, öerlln 38, Lissndslmstr. 4.
B
ei allen Bestellungen wolle man
sich anf diefe Zeitschrift beziehen.
Leste unädMiesteLe-
Lu^sciueHo kür soliäo j
kdotoxr. ^ppLrats in
einkLoder dis teinLler
^.ustüdrun^ u. sLmtl. LeäartsLrtikel. .
äilustr. kreisiiste I^r. 6 kosteni- j
: OlrektvrVsrssnä nLci, sNsnVislUsilsn