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Nr. 1273

Zeitschrift für Humor und Kunst

111

Vom Neutralsein

Waren Sie schon einmal in der angenehmen
Lage, stch als Neutraler geberden zu müssen? Nicht?
Na dann können Sie von Glück reden, denn, wissen
Sie, das Neutralsein, ohne nach links oder rechts um
ein paar Millimeter zu verstoßen, ist gar nicht so leicht.

Nehmen wir einmal an, Sie wären beim Pferde-
rennen und verfolgten die Sache mit riestger Span
nung. Sie dürfen aber »icht mit den Iubelnden irgend
einem feurigen Renner zujubeln, sondern müssen
Ihre Vorliebe für diesen oder jenen mutmaßl chen
Sieger in Ihrer Brust verschließen. Dllrfen nicht
mucksen und ein tunlichst gleichgültiges Gesicht zur
Schau tragen. Angenehm, — was? Sehen Sie, das
heißt neutral sein.

Der das schöne Wort sprach: „Ich weiß von
nichts, — mein Name ist Lase!" das war sicher ein
neutral angehauchter Drückeberger.

Ganz ausgeschlossen ist es, daß zum Beispiel das
niedliche Chamäleon trotz seiner scheuen Eidechsenart
zu den Neutralen zu rechnen wäre. Denn dieses
Viest kann von Natur aus nicht anders, als alle
möglichen Farben zu bekennen. Wer aber Farbe
bekennt, aus seinem Lerzen keine Mördergrube und
aus seinen Sympathien und Antipathien kein Geheim-
nis macht, der hat nicht das Zeug zum waschechte»
Neutralen.

Wenn ein Musikkritiker, der durch Zufall weder
den Baß- noch den Tenorschlüssel kennt und sich nicht
aufs Glatteis der freien Meinungsäußerung gelraut,
am Lchluß seines Berichtes über ein Konzert sum-
marisch urteilt: „AlleMitwirkenden gaben ihr Bestes",
wahrt er sich wenigstens das Ansehen striktester Neu-
tralität. Von weitherzigster Neulralität ersllllt stnd
Schillers Verse: „Seid umschlungen, Millionen! Die-
sen Kuß der ganzen Welt!" Der Muster-Neutrale
Irinkt nicht Weiß- oder Rotwein, sondern beide ge
mischt, was ihn dem Verdacht enthebt, den einen
oder den andern zu bevorzugen. Iiingst passterte
einem Sextaner die Entgleisung, cine bekannte ver-
sifizierte Syntax-Regel wie solgt zu zitieren: „Was
man nicht deklinieren kann, das steht man als Neu-
tralen an."

Betrachtung ^ „Zu so einem Sanitätshund hätten wir auch
Talent gehabt."

— „Natürlich! Wo wir doch so und so ost unscrn
Lerrn aus dem Wirtshaus heimgeführt haben."

Wenn es wahr ist, daß, wenn zwei sich streiten, der dritte sich
freut, so ist dieser drttte ein Neutraler. Sobald er aber zu er-
kennen gibt, über welchen der beiden er sich mehr freut, über den
Prügler oder den Geprügelten, so hat er die Grenzen der Neu-
tralität gröblich überschritten.

Lälte der Marquis von Posa, trotz seines hohen Gedanken-
. fluges Sinn für nüchtern neutrales FLHlen gehabt, so würde er seinem
berühmten Ausspruch „O Königin, das Leben ist doch schön!" sofort
als Ergänzung beigesügt haben: „Aber Totsein ist doch auch gemüt-
lich!" Aus alledem ergibt stch die bemerkenswerte Schlußsolgerung:
über Neutrale spotten ist nicht schwer, doch es sein, dagegen sehr!

Lamurhabi, Zürich

!273. 20. !9!5. Insertionsxedükren 4xespalt. Konparsiile^eils l^iark. /Ulsinige inseraten-^nnakme dei 6udoI^ !V!0886, ällllvluiökl-'^lpklüiiükl.

Lsstellunxsn auk üis IVvcdsiiausUade dei »Ilen Lued- unä Xuv8tkan>jlunxen. AeitunxL-dxpeciitionen unü Lostämtern. tzuartalsprsis (13 Nummern» in Oeutseklanci )IK. 3.—,
Lostdexue RL. 3.V5, unter Xreurdsnü Rk. 3.25. In Oesterreied-Lnssarn L 3.6V, d'ostde-iux X 3 85, unter Kreurdanü li 4.—. d'ür cüe anüereu Länäer cies Weltpost-
versins unter Xreurdanä Hk. 4.3V — Vr. 5.5V. — iresonäer« !n 8rliutrpapps verpaolcte .4u8^ade: I^ostderlux .1IK. 3.55. unter Xreu/danü Ak. 4.25; in Oesterreied-
Onxarn unter I^ren^danci L 4.65. d'ür ciis anäern Länäer cies ^Veltpostvereins untsr lireurkdanci Rk. 5.3V — 1'r8. 6.75. — Kin/.elne Xnmmer 3V I'f^r. cxier 36 d.

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