201
Zeitschrift für Humor und Kunst
Der Vereinsherkules
Gut gemeint
Alle Etmvände, die ich noch geltend zu machen versuchte,
schnitt Kaninchen kategorisch ab, und so gab ich denn endlich
mit einem stillen Seuszer meine Zustimmung.
So schwer es mir nun in früheren Iahren gesallen
war, mich von meinen Berufsgeschästen frei zu machen, so
leicht ging es in diesem. Kein unerwartetes Äindernis warf
stch mir entgegen, kein schnöder Zufall stellte sich zwischen
mich und meinen Arlaub, und kein gefälliger Dachziegel fiel
mir auf den Kopf, als ich mit meinem Koffer zum Bahnhof
ging, und wohlbehalten langte ich in Ellbach an.
Kaninchen war natürlich auf der Station. Sie stand
neben einem zierlichen Ponywagen und umarmte mich.
diesmal durch nichts gehindert, mit eben-
so heftiger wie ehrlicher Zärtlichkeit,
währenddessen ein Knecht meinen Koffer
auf den Bock schnallte.
„And was sagst du zu meiner Equi-
page?" sagte sie, sich an meiner Verblüf-
fung weidend. „Es ist dem Müller seine
Staatskutsche, und er wollte ste mir erst
gar nicht leihen, aber ich habe sie ihm
abgerungen. Abgerungen für dich, mein
gutes Männchen."
„Das hättest du aber nicht tun sollen,
mein liebes Kaninchen," wandte ich, ein
wenig bedrückt durch diese erpreßte Ge-
fälligkeit, ein, „wir hätte» doch die kleine
halbe Stunde leicht zu Fuß gehen können.
Es ist so schön und-"
„Du wirst mir doch nicht die Un-
ehre antun wollen," protestierte sie, „und
wie ein Landwerksbursche in mein Laus
einziehen? Nein, wie ein Fürst sollst du
kommen."
Das Erste, was mir in Ellbach in
die Augen fiel, war das hochgiebelige
Gasthaus zur Post. Es machte mit seinen
Balkonen und mit seinem weitvorsprin-
genden Dache einen äußerst anheimeln-
den Eindruck; nicht minder einladend sah
der Garten aus. Llralte Kastanienbäume
breiteten ihr schattiges Blätterdach über
verwitterte Tische und Bänke, und man
hatte das Gefühl, als ob man hier die
Zeit ruhig an stch vorüberrauschen lassen
könne, ohne etwas davon zu merken.
„Ach, welch angenehmer Aufenthalt,"
sagte ich. „Lier könnten wir wohl einen
Willkommensschluck miteinander trinken.
Meinst du nicht, Kaninchen?"
Aber Kaninchen war entrüstet. „Was
fällt dir nicht ein, du närrischer Kauz.
Zn ein Wirtshaus werden wir uns setzen.
wie ein paar Lolzknechte. Wo ich doch
daheim einen schönen Kaffee habe, und
einen Kuchen habe ich dir zu Ehren auch
gebacken. Ich bin extra heute früh um
drei llhr deswegen aufgestanden."
„Wie lieb von dir, mein gutes Ka-
ninchen," fchmeichelte ich ihr. „Aber
eigentlich mußt du wiffen, daß ich gar
keinen Kaffee trinke, er greift meine
Nerven an."
„Der meine wird dir schon schmecken,"
gab sie mehr zuversichtlich als logisch zurück, „ich habe ihn
extra gut gemacht."
„And Kuchen sagt wiederum meinem empfindlichen Ma-
gen nicht zu, Kaninchen. Er macht mir Beschwerden."
„Der meinige nicht. Mein seliger Mann behauptete
noch auf dem Totenbette, zehn Meilen in der Runde könne
keine Frau so guten Kuchen backen, wie ich."
So saßen wir denn bei Kaffee und Kuchen beisammen:
Kaninchen strahlte vor freudigem Etolz, und in meinem Ma-
gen rumorte es wie in einem Vulkan.
„Kaninchen," sagte ich beschwörend nach der elften
Taffe, „laß es nur genug des Guten sein. Es hat mir
geschmeckt-."
Zeitschrift für Humor und Kunst
Der Vereinsherkules
Gut gemeint
Alle Etmvände, die ich noch geltend zu machen versuchte,
schnitt Kaninchen kategorisch ab, und so gab ich denn endlich
mit einem stillen Seuszer meine Zustimmung.
So schwer es mir nun in früheren Iahren gesallen
war, mich von meinen Berufsgeschästen frei zu machen, so
leicht ging es in diesem. Kein unerwartetes Äindernis warf
stch mir entgegen, kein schnöder Zufall stellte sich zwischen
mich und meinen Arlaub, und kein gefälliger Dachziegel fiel
mir auf den Kopf, als ich mit meinem Koffer zum Bahnhof
ging, und wohlbehalten langte ich in Ellbach an.
Kaninchen war natürlich auf der Station. Sie stand
neben einem zierlichen Ponywagen und umarmte mich.
diesmal durch nichts gehindert, mit eben-
so heftiger wie ehrlicher Zärtlichkeit,
währenddessen ein Knecht meinen Koffer
auf den Bock schnallte.
„And was sagst du zu meiner Equi-
page?" sagte sie, sich an meiner Verblüf-
fung weidend. „Es ist dem Müller seine
Staatskutsche, und er wollte ste mir erst
gar nicht leihen, aber ich habe sie ihm
abgerungen. Abgerungen für dich, mein
gutes Männchen."
„Das hättest du aber nicht tun sollen,
mein liebes Kaninchen," wandte ich, ein
wenig bedrückt durch diese erpreßte Ge-
fälligkeit, ein, „wir hätte» doch die kleine
halbe Stunde leicht zu Fuß gehen können.
Es ist so schön und-"
„Du wirst mir doch nicht die Un-
ehre antun wollen," protestierte sie, „und
wie ein Landwerksbursche in mein Laus
einziehen? Nein, wie ein Fürst sollst du
kommen."
Das Erste, was mir in Ellbach in
die Augen fiel, war das hochgiebelige
Gasthaus zur Post. Es machte mit seinen
Balkonen und mit seinem weitvorsprin-
genden Dache einen äußerst anheimeln-
den Eindruck; nicht minder einladend sah
der Garten aus. Llralte Kastanienbäume
breiteten ihr schattiges Blätterdach über
verwitterte Tische und Bänke, und man
hatte das Gefühl, als ob man hier die
Zeit ruhig an stch vorüberrauschen lassen
könne, ohne etwas davon zu merken.
„Ach, welch angenehmer Aufenthalt,"
sagte ich. „Lier könnten wir wohl einen
Willkommensschluck miteinander trinken.
Meinst du nicht, Kaninchen?"
Aber Kaninchen war entrüstet. „Was
fällt dir nicht ein, du närrischer Kauz.
Zn ein Wirtshaus werden wir uns setzen.
wie ein paar Lolzknechte. Wo ich doch
daheim einen schönen Kaffee habe, und
einen Kuchen habe ich dir zu Ehren auch
gebacken. Ich bin extra heute früh um
drei llhr deswegen aufgestanden."
„Wie lieb von dir, mein gutes Ka-
ninchen," fchmeichelte ich ihr. „Aber
eigentlich mußt du wiffen, daß ich gar
keinen Kaffee trinke, er greift meine
Nerven an."
„Der meine wird dir schon schmecken,"
gab sie mehr zuversichtlich als logisch zurück, „ich habe ihn
extra gut gemacht."
„And Kuchen sagt wiederum meinem empfindlichen Ma-
gen nicht zu, Kaninchen. Er macht mir Beschwerden."
„Der meinige nicht. Mein seliger Mann behauptete
noch auf dem Totenbette, zehn Meilen in der Runde könne
keine Frau so guten Kuchen backen, wie ich."
So saßen wir denn bei Kaffee und Kuchen beisammen:
Kaninchen strahlte vor freudigem Etolz, und in meinem Ma-
gen rumorte es wie in einem Vulkan.
„Kaninchen," sagte ich beschwörend nach der elften
Taffe, „laß es nur genug des Guten sein. Es hat mir
geschmeckt-."