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206

Meqgendorfer-Blätter, München

Nr. 1279

Gut gemeint

„Guten Morgen, Männchen," sagte sie, „wohin denn
so eilig?"

„Ich will mir nur eine handvoll Wasser aus deinem
herrlichen Brunnen schöpfen."

„Du wirst doch nicht, Männchen," wandte sie entrüstet
ein. „Wasser auf nüchternen Magen! Du kannst den Tod
davon haben. Gedulde dich nur noch fünf Minuten, dann
ist der Kaffee fertig."

„Kaffee?" frug ich bestürzt. „Kaffee, für mich?"

„Nun ja, Männchen. das mit dem leeren Tee früh-
morgens war doch nicht dein Ernst. Tee macht einen flauen
Magen, und von einem flauen Magen kommen alle die
Neroenkrankheiten."

Mit unwiderstehlicher Gewalt und einem ermunternden
Lächeln fchob sie mich in die gute Stube, wo ein feierlich
gedeckter Tisch seines Ehrengastes harrte. In etwas gedrück-
ter Stimmung ließ ich mich daran nieder und betrachtete
wehmutig einen Berg von Semmeln trotz der Brotkarten,
und die Reste des Kuchens von gestern.

„Ich weiß nicht, was du lieber ißt, Männchen," sagte
Kaninchen, die bald darauf mit einer dampfenden Kaffee-
kanne ins Zimmer trat, „Kuchen oder Semmeln."

„Ich muß sür beides danken, mein gutes Kaninchen,"
sagte ich. „Du weißt ja doch, was wir verabredet hatten."

„Das ich nicht gelten lasse, Männchen. Meinst du viel-
leicht, der Kaiser trinkt Tee in der Früh? Der trinkt Kaffee
und ißt Buttersemmeln dazu, und deswegen allein kann er
das deutsche Reich so gut regieren. And außerdem kannst
du es mir zuliebe tun. Bei der alten Amme schmeckt es
doch nochmal so gut."

Diese Argumente waren natürlich ausschlaggebend für
mich, ich trank die Kaffeekanne leer und aß sechs Semmeln
dazu. Den Kuchen steckte ich in die Tasche, da Kaninchen
gerade einmal hinausgegangen war. Melleicht konnte ich
ihn auf einem Spaziergange bei einem gefräßigen Dorf-
jungen anbringen.

Nachdem ich mit Geschick und erwachender Energie ein
zweites Frühstück in Form von Bratwürstchen mit Sauer-
kraut abgelehnt hatte, rüstete ich mich zu einem Spaziergang
in den jchönen Sommermorgen hinein.

„Wann kommst du denn wieder heim?" fragteKaninchen.

„Ich habe mir nvch gar keinen bestimmten Plan gemacht.
Liegt dir etwas daran, es zu erfahren?"

„Aber natürlich Männchen. Ich muß es doch wiffen
wegen des Essens."

„Meine gute Kathinka," schrie ich auf. „Das ist gegen
unsre Abmachung. Zu wissen, daß du dich meinetwegen
mit der Kocherei plagen sollst, betrübt mich wirklich."

„And ich müßte mich dermaleinst im Grabe umdrehen,
wenn ich dich im Wirtshaus essen ließe. Nein, diese Schande
darfst du mir nicht antun. Es ist zwar hier draußen schwer,
etwas zu bekommen, aber etn Luhn und ein kleiner Kalbs-
rücken ist immer zu haben. Also um ein Ahr, wenn ich
bitten darf, Männchen. Nicht wahr, du bist pünktlich?"

And ich war pünktlich, nicht ohne mich allerdings einer
Leimlichkeit gegen Kaninchens Güte schuldig gemacht zu
haben. Als ich nämlich auf dem Leimwege an dem besagten
Wirtsgarten vorüber kam, roch es dort so verführerisch
nach Speckeiern, daß ich nicht umhin konnte, mir eine kleine
Portion zu beflellen. Ach, wie das schmeckte! And dazu
ein kühles Glas Bier!

Ein lleiner Feueralarm ist nichts gegen das schmerzliche
Lamento, das Kaninchen aufschlug, als ich den Kalbsrücken
nur zur Äälfte und das Luhn nur dreiviertels aufzehrte.

„Es schmeckt dir nicht bei mir, Männchen," jammerte
sie. „Aber ich bin eben nur eine einfache Frau und kann
nichts weiker als dir den guten Willen zeigen."

„Es war ein jürstliches Mal, und kein Lofkoch könnte
es besser zubereiten," wandte ich enthufiastisch ein. „Geifiige
Arbeiter essen eben nicht viel, weißt du?"

Kaninchen war wieder versöhnt.

„Aber eine gute Mehlspeise ißl du doch noch?" frug sie

„Wirklich, Kaninchen, ich danke dir."

„Oder eine ganz kleine Omelette?"

„Nicht einen Bissen kann ich mehr hinunterbringen, du
gute Seele," wehrte ich in weinerlichem Tone ab.

„Nun, du weißt, daß ich nicht nötige," beruhigte sie
mich. „So wollen wir zum Nachtische ein bißchen plaudern.
Seit mein guter Mann tot ist, habe ich >»ne ordentliche
Ansprache mehr gehabt. Und er liebte «n Plauderstünd-
chen nach dem Essen so sehr."

„Es muß ein sehr guter Mann gewesen sein."

„Eine Seele von Mann!" And sie erzählte mir von
dieser guten Seele. Ungefähr zwei Stunden lang. Plötz-
lich aber unterbrach sie sich mit einem erschrecktem Aufschrei.

„Du guter Gott, Männchen," sagte fie, „was bin ich
doch für eine dumme Gans. Du hättest gewiß ein bißchen
schlafen wollen?"

„Nun," sagte ich gähnend, „deine angenehme Unter-
haltung hat mir den Schlaf ersetzt. Aber ich denke, ich
wcrde mich ein wenig ins Gras legen."

1279. I. 1u!i 1915. loLsrtionsxsdüdren 4xsspLlt. üionxnrsiliSLSils I dinrlc. Allsinlgs InssrLten-Lnnndrris bsi ssutl01s IV!0886, ämiklliceil-fipkllislklll.

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