Zeitschrift für Hurnor und Kunst 4z
Jm Konzertlokal Gast: „Warum wird denn der Tusch geblasen?"
Kellnerin: „Da kriegt der Lerr Söffle die erste Maß
Bier, die ihm der Arzt nach seiner Krankheit erlaubt hat!"
Der perfekte Bauchredner
so tief Luft, daß man ihn bei den Schultern festhalten mußte,
damit er nicht wie ein Ballon davonflog. Sein Kehlkopf
war in stetiger Bewegung Dann wieder postierte Moritz
sich vor einen offenen leeren Kleiderschrank, den er mit ge-
heimnisvollen Tönen ansüllte, mit Tönen, die man sich so-
gar von einem magenleidenden Äund verbieten würde. Wenn
er sich herbeiließ, in der Sprache der gewöhnlichen Menschen
zu reden, so tat er das nur, um den staunenden Verwandten
mitzuteilen, daß er nun die Vokale vollkommen beherrsche,
daß er am Nachmittag sich „über die Konsonanten machen
wolle," oder daß er morgen VormiLtag „die Diphthonge er
ledigen würde." Man wich ihm aus, wo es nur ging, aber
den Tönen, die sich seinem geschundenen Kehlkopf entrangen,
konnte man nicht entkommen. Sie hallten aus allen Ecken
hervor, und wer unvorbereitet die Wohnung betrat, der
hätte geschworen, er befinde sich in einer Mörderhöhle, in
der einige hundert Gespenster bitterlich wehklagend umgehen.
Nach einer gewiffen Zeit nahm dann Vetter Moritz
eine durchgreifende Aenderung seines Gesichtsausdrucks vor.
Es hieß nämlich in dem Lehrbuche: Nunmehr bemühe sich der
Lernende, mit geschlossenem Munde und ungezwungen heiterer
Miene, die einzelnen Worte möglichst deutlich auszusprechen.
Moritz machte das so: Er preßte die Lippen krampfhaft
aufeinander, zerrte die Mundwinkel ungefähr in die Äöhe
der Augen, legte sein Gesicht in sonderbare Falten und sah
dabei möglichst herzensfreundlich drein. Dann bemühte er
sich, zu tun, als habe er den Mund ganz voll von einer
schlecht schmeckenden Flüssigkeit, die hinabzuschlucken er nicht
imstande sei, und die allszuspucken ihm der Anstand ver-
biete. Wer ihm gegenüberstand, fühlte sich fast unwillkür-
lich von dem dringenden Wunsche beseelt, einen aufgespannten
Regenschirm zu besitzen. Groß war dann immer die Lleber-
raschung, wenn Moritz nach einer Weile — er füllte diese
Weile durch eine Reihe anmutsloser Töne aus — seinem
Gesicht wieder den Normalausdruck verlieh und energisch
wissen wollte, was er gesagt habe. Gar niemand wußte
es — und er fand daher immer bedingungslos Glauben,
wenn er erklärte, er habe: Guten Tag, lieber Onkel! gesagt.
Am diese Zeit begann sich Moritz auch zu erbosen, wenn
er plötzlich meist mitten in irgend einer Llnterhaltung
einige gurgelnde Geräusche verursachte, und nicht alle An-
wesenden begeistert riefen: „Das ist aus jener Ecke gekom-
men l" Duttel's standen damals samt und sonders auf dem
Standpunkt, daß der Llmgang mit einem undressierten Kro-
kodil angenehmer sein müsse als der Umgang mit einem
Jm Konzertlokal Gast: „Warum wird denn der Tusch geblasen?"
Kellnerin: „Da kriegt der Lerr Söffle die erste Maß
Bier, die ihm der Arzt nach seiner Krankheit erlaubt hat!"
Der perfekte Bauchredner
so tief Luft, daß man ihn bei den Schultern festhalten mußte,
damit er nicht wie ein Ballon davonflog. Sein Kehlkopf
war in stetiger Bewegung Dann wieder postierte Moritz
sich vor einen offenen leeren Kleiderschrank, den er mit ge-
heimnisvollen Tönen ansüllte, mit Tönen, die man sich so-
gar von einem magenleidenden Äund verbieten würde. Wenn
er sich herbeiließ, in der Sprache der gewöhnlichen Menschen
zu reden, so tat er das nur, um den staunenden Verwandten
mitzuteilen, daß er nun die Vokale vollkommen beherrsche,
daß er am Nachmittag sich „über die Konsonanten machen
wolle," oder daß er morgen VormiLtag „die Diphthonge er
ledigen würde." Man wich ihm aus, wo es nur ging, aber
den Tönen, die sich seinem geschundenen Kehlkopf entrangen,
konnte man nicht entkommen. Sie hallten aus allen Ecken
hervor, und wer unvorbereitet die Wohnung betrat, der
hätte geschworen, er befinde sich in einer Mörderhöhle, in
der einige hundert Gespenster bitterlich wehklagend umgehen.
Nach einer gewiffen Zeit nahm dann Vetter Moritz
eine durchgreifende Aenderung seines Gesichtsausdrucks vor.
Es hieß nämlich in dem Lehrbuche: Nunmehr bemühe sich der
Lernende, mit geschlossenem Munde und ungezwungen heiterer
Miene, die einzelnen Worte möglichst deutlich auszusprechen.
Moritz machte das so: Er preßte die Lippen krampfhaft
aufeinander, zerrte die Mundwinkel ungefähr in die Äöhe
der Augen, legte sein Gesicht in sonderbare Falten und sah
dabei möglichst herzensfreundlich drein. Dann bemühte er
sich, zu tun, als habe er den Mund ganz voll von einer
schlecht schmeckenden Flüssigkeit, die hinabzuschlucken er nicht
imstande sei, und die allszuspucken ihm der Anstand ver-
biete. Wer ihm gegenüberstand, fühlte sich fast unwillkür-
lich von dem dringenden Wunsche beseelt, einen aufgespannten
Regenschirm zu besitzen. Groß war dann immer die Lleber-
raschung, wenn Moritz nach einer Weile — er füllte diese
Weile durch eine Reihe anmutsloser Töne aus — seinem
Gesicht wieder den Normalausdruck verlieh und energisch
wissen wollte, was er gesagt habe. Gar niemand wußte
es — und er fand daher immer bedingungslos Glauben,
wenn er erklärte, er habe: Guten Tag, lieber Onkel! gesagt.
Am diese Zeit begann sich Moritz auch zu erbosen, wenn
er plötzlich meist mitten in irgend einer Llnterhaltung
einige gurgelnde Geräusche verursachte, und nicht alle An-
wesenden begeistert riefen: „Das ist aus jener Ecke gekom-
men l" Duttel's standen damals samt und sonders auf dem
Standpunkt, daß der Llmgang mit einem undressierten Kro-
kodil angenehmer sein müsse als der Umgang mit einem